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Bad Schandau liegt jetzt am Meer

Hier fällt der Startschuss für ein besonderes Elbeschwimmen. Am Rande wird kurz gestritten, wem der Fluss gehört.

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© Steffen Unger

Von Heike Sabel

Bad Schandau. Am Schandauer Elbufer steht am Sonnabendfrüh in großen Buchstaben: „Das Meer beginnt hier.“ Einige stutzen. Geografisch ist das freilich nicht ganz einwandfrei. Ute Schwarz, Matthias Wagner und Steffen Vogel haben damit kein Problem. Sie gehören zur ersten Staffel, die am Sonnabend von Schandau aus in Richtung Geesthacht schwimmt. Immer rund zwei Kilometer. Insgesamt 250 Schwimmer werden so die 575 Kilometer bis zur Nordsee zurücklegen. Und das alles im Interesse der Wissenschaft und der Elbe.

Der Fluss ist es den Lokalmatadoren wert, teilzunehmen. Sie kennen die Elbe wie sie war, und schätzen sie, wie sie jetzt ist. Und dann noch dort schwimmen, wo die Berge sind, das ist einmalig, sagt Steffen Vogel. Die Schwimmstaffel ist sozusagen das Begleitprogramm fürs Forschungsschiff Elbgrund. Forscher nehmen entlang der gesamten Strecke Proben und messen unter anderem Wasserqualität, Algenwachstum und prüfen die Belastung. Das ist der wissenschaftliche Anspruch des bundesdeutschen Projektes im Rahmen der Wissenschaftsjahres 2016 und 2017.

Natürlich wollten alle, die die Elbe kennen, in der ersten Staffel von Schandau bis Dresden schwimmen. Auch der 82-jährige Klaus Dreßler aus Pötzscha. Doch er hatte sich zu spät angemeldet. Deshalb ist er erst am Donnerstag von Dommitzsch nach Elster dabei. Am Sonnabend kommt er trotzdem nach Bad Schandau, um schon mal zu schauen. Die Schwimmer werden eingewiesen, erhalten T-Shirts und Badekappen und Lunchpakete, für die es an Bord der Begleiflöße Kühlboxen gibt. Ute Schwarz freut sich, dabei zu sein. „Meine Elbe“ sagt sie und wird von der Crew des Projektes berichtigt: „Unsere Elbe.“ Aber als Sächsische-Schweizer darf man schon mal von „meiner Elbe“ sprechen.

Matthias Wagner wurde als Startschwimmer auserkoren. Den Kopfsprung muss er zwei Mal machen, das erste Mal fürs Fernsehen, das zweite Mal, um wirklich loszuschwimmen. Der Staffelstab bleibt während der Etappe auf dem Floß. Abends wird er mit ins Hotel genommen, morgens gibt ihn meist der Bürgermeister weiter. Der Staffelstab ist diesmal ein Symbol, kein Gegenstand des Sportes, so wie es beim Schwimmen nicht um Zeiten geht. Klaus Dreßler hat schon gesagt, dass das Floß bei ihm etwas langsamer fahren soll. Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft ist die gesamte Strecke dabei.

Für die Pirnaer ist Schwimmen in der Elbe nichts Besonderes, schon am 8. Juli geht es wieder los. Frank Radke aber hat die Elbe nicht vor der Haustür. Er ist extra aus Duisburg nach Schandau gekommen, um mal in der Elbe zu schwimmen. Auf seiner orangen Badekappe steht die Nummer drei. Er springt also als Dritter des ersten Tages in die Elbe. Neben der Freude am Schwimmen und dem sauberen Fluss spielt für ihn ein weiterer Aspekt eine Rolle: Mögen alle auf der Welt sauberes Trinkwasser haben. Für uns in Mitteleuropa eine Selbstverständigkeit. Selbst zu der Zeit, da die Elbe nicht zum Schwimmen einlud.

Daran erinnern sich viele, auch Dr. Karl Eugen Huthmacher, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Er war 1990 an der sächsischen Elbe. „Damals war sie in einem katastrophalen Zustand, und ich dachte nicht, dass man hier mal eine Elbestaffel machen kann.“ Seither hat sich viel getan am und im Fluss. Über 250 Kläranlagen wurden gebaut, und aus 26 Fischarten sind über 100 geworden.

Der Startschuss ist das Zählen von zehn bis eins. Schnell ist noch einmal die Fähre zum Bahnhof gefahren. Die Lebensretter sind mit ihren Booten auf Position und passen auf, dass die Schwimmer gut ans Ziel kommen. Bad Schandau liegt auch nach dieser Aktion nicht am Meer. Jedenfalls nicht direkt. Doch weil die Elbe in die Nordsee fließt und das ein Meer ist, ist das mit dem Meereskurort Bad Schandau gar nicht so verkehrt.