Merken

Ausgequetscht

Bis Ende Oktober ist die mobile Kelterei aus Quohren unterwegs. Ihr Betriebsgeheimnis: eigener Saft vom eigenen Obst.

Teilen
Folgen
NEU!
© Egbert Kamprath

Von Anja Ehrhartsmann

Osterzgebirge/ Weißeritzregion. Nacheinander kommen die Äpfel aufs Förderband, das sie nach oben Richtung Hochdruckreiniger bringt. Nach dem Waschen werden sie gehäckselt und gepresst. Um den Saft haltbar zu machen und möglichst viele Vitamine zu erhalten, wird er anschließend auf 78 Grad erwärmt und in Plastiksäcke abgefüllt, sogenannte Bag in Boxes. Der Kunde verpackt den Saft am Ende selbst in Kartons. Familie Pöschel aus Reinberg und Hermsdorf am Wilisch hat dazu die Kartons vom Vorjahr mitgebracht. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern spart auch Geld. Die Pöschels sind schon seit mehr als sechs Jahren Kunde der Saftpresse. Dieses Mal bringen sie 300 Kilo Äpfel, Birnen und Beerenobst, alles selbst angebaut und geerntet. „So viel Obst könnten wir gar nicht essen“, ist sich die Familie einig. Das Obst zu Saft zu verarbeiten, sei für sie deshalb eine gute Alternative, vor allem, da sie am Ende ihren eigenen Saft bekommen, den sie innerhalb der Familie aufteilen.

Andreas Wegener und Uwe Riedel betreiben die mobile Kelterei Apfel-Paradies, mit Sitz in Quohren. In der Saison sind sie täglich unterwegs – von Grumbach bei Wilsdruff bis Hohnstein in der Sächsischen Schweiz und von Dresden-Lockwitz über Colmnitz bis Elend. Die meisten Standorte fahren sie in der Erntezeit mehrmals an. „Das machen wir bewusst. So können die Leute am Anfang mit den frühen Apfelsorten kommen und am Ende mit den späten“, sagt Andreas Wegener.

Aufs Jahr gesehen ist die Saftpresse etwa 50 Tage in Betrieb. Pro Saison haben sie etwa 500 Kunden, von denen manche sogar mehrmals kommen. Um das eigene Obst zu Saft machen zu können, müssen mindestens 100 Kilo angeliefert werden. Angenommen werden vorzugsweise Äpfel, Birnen und Quitten, wobei Äpfel mengenmäßig die Hauptfrucht sein sollten. Aber ihnen sei auch schon allerhand Ungewöhnliches in die Presse gekommen. „Eine Frau stand hier mit der Axt und hat die Rote Beete zerteilt, weil sie zu groß für die Maschine war. Alles war rot verspritzt, das sah martialisch aus“, erinnert sich Andreas Wegener und lacht.

Der Weg zum Saft

Um einschätzen zu können, wann Äpfel reif sind, ist es gut, die Sorte zu kennen. Wer sich unsicher ist, kann einen Pomologen zurate ziehen. Wann und wo, zeigt eine Übersicht unter www.pomologen-verein.de/sachsen.html

Wer sein Obst zu Saft verarbeiten möchte, sollte sich rechtzeitig übers Internet einen Termin buchen unter www.apfel-paradies.de

Stationäre und mobile Mostereien, die das eigene Obst zu Saft pressen, gibt es unter www.nabu.de

1 / 3

Für den Saft, den der Kunde mit nach Hause nimmt, bezahlt er je Fünf-Liter-Box 5,50 Euro, eine Zehn-Liter-Box kostet 9,50 Euro. „Was am Ende rauskommt, ist nicht einfach nur Apfelsaft. Es ist das eigene Obst, selbst geerntet, vom eigenen Baum“, betont der 57-Jährige. „Wir bedienen genau den Trend, dass Leute heute wieder verstärkt das Eigene haben wollen, bio und regional.“

Dass dieser Gedanke wieder einen größeren Kundenkreis begeistert, freut nicht nur den Geschäftsmann. Denn hinter dem Saftmachen steht für die mobile Kelterei vor allem die Absicht, einen Beitrag zum Erhalt der Streuobstwiesen zu leisten. „Vor 20 Jahren hat das für mich mit dem Streuobst angefangen“, sagt Andreas Wegener. Da begann er, in diesem Bereich bei der Grünen Liga in Dresden zu arbeiten. „Es ist mir ein Anliegen, die Streuobstwiesen als geschützte Biotope zu erhalten.“ Mit Uwe Riedel habe er da einen engagierten Mitstreiter gefunden. Die mobile Saftpresse haben sie gemeinsam vor 13 Jahren gekauft. „Dahinter steht der Gedanke, dass die Leute ihr Obst nutzen wollen, aber die großen Mengen sind für viele schwierig.“ Das Besondere an ihrem Konzept ist, dass die Kunden wirklich ihren eigenen Saft bekommen. Mit dieser Idee seien sie in Sachsen damals Vorreiter gewesen, sagt Andreas Wegener. Und das kam bei den Kunden an. „Vom ersten Jahr an hat es funktioniert, wir hätten das gar nicht gedacht.“

Zu ihren Kunden zählen heute meist ältere Menschen und Familien mit Kindern. Über die Jahre haben sie sich einen festen Kundenstamm aufgebaut. „So, wie es momentan läuft, sind wir mehr als gut ausgelastet.“ Erst ab Mitte Oktober sind wieder Termine zum Saftpressen frei. Für alle, die zum ersten Mal kommen, hat Andreas Wegener noch einen Tipp: Wer die eigenen Früchte zu Saft verarbeiten möchte, sollte darauf achten, dass das Obst sauber und reif ist. Wenn faule Äpfel dabei sind, schmeckt man das hinterher. „Der Baum reinigt sich und wirft das ab, was zu viel ist oder einen Treffer hat. Das Obst ist deshalb nicht reif, nur weil es unten liegt“, weiß der gelernte Gärtner.

Die Früchte, die Familie Pöschel mitbringt, wurden zum richtigen Zeitpunkt geerntet. Mit dem Ergebnis sind alle zufrieden, obwohl der Saft sehr süß ist, wie Andreas Wegener mit einem Refraktometer feststellt, mit dem er den Zuckergehalt misst. Grund für die süßen Früchte ist der Ausnahme-Sommer. Denn der Zuckergehalt hängt von der Sonne ab, erklärt der 57-Jährige. Diese hat auch dazu beigetragen, dass die Äpfel dieses Jahr etwa zwei Wochen früher reif sind als sonst.