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Aus heiterem Himmel ausgerastet

Ein 32-Jähriger beißt einen Urologen und zertrümmert unvermittelt eine Autoscheibe. In Haft muss er nicht.

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© Daniel Förster

Von Daniel Förster

Pirna. Was ist nur in diesen Mann gefahren? Ein 32-Jähriger ist am Mittwoch in der Pirnaer Innenstadt mehrfach ausgerastet. Der Mann aus Heidenau hatte kurz vor dem Mittag auf der Gartenstraße im Vorbeigehen Leute und einen Polizisten angepöbelt. Unterwegs zur Grohmannstraße schlug er unvermittelt einer Passantin mit einer Plastikflasche auf den Oberarm. An der nächsten Kreuzung brannten seine Sicherungen dann wohl vollends durch. „Obwohl er uns im Auto kommen sah, ist der Mann auf die Straße gelaufen und mitten auf der Fahrbahn stehen geblieben“, berichtet die Fahrerin eines Skoda, die sich genötigt sah, anzuhalten. Aus Reflex habe sie gehupt, so die 22-jährige Pirnaerin. Daraufhin geriet der Mann völlig in Rage.

Urologe Dr. Franck Micklisch zeigt die Blessuren, die ihm der randalierende Patient zugefügt hat.
Urologe Dr. Franck Micklisch zeigt die Blessuren, die ihm der randalierende Patient zugefügt hat. © Daniel Förster

Eigentlich schon auf dem Gehweg, hätte er sich umgedreht und sei zum Auto zurückgekehrt. Mit der bloßen Hand schlug er auf die Frontscheibe ein. Der Hieb war so stark, dass das Sicherheitsglas auf der Beifahrerseite zersplitterte. „Danach wollte er die Beifahrertür aufreißen und schlug mehrmals gegen die Seitenscheibe“, erzählt die schockierte junge Frau. Ihr Freund, der mit im Auto saß, hatte jedoch blitzschnell reagiert und das Auto von innen verriegelt. Die Fahrerin gab Gas. Erst dann ließ der Angreifer von dem Auto und den insgesamt vier jungen Insassen ab.

Der Randalierer war zum Sonnenstein gelaufen. Während der Freund der Fahrerin direkt zur Polizei lief, verfolgte der andere junge Mann den Angreifer weiter bis zum Schloßberg. Besatzungen von zwei Streifenwagen sowie die Wasserschutzpolizei fahndeten parallel nach dem Schläger. Am Amtsgericht gelang es den Uniformierten, den Streitsüchtigen zu stellen.

Während der Mann laut Zeugenaussagen auf der Straße einen völlig aggressiven und gar verwirrten Eindruck gemacht habe, gab er sich im Polizeirevier ganz brav. Der Rettungsdienst versorgte dort eine Schnittwunde, die er sich bei den Schlägen auf das Auto zugezogen hatte. Ein Notarzt untersuchte den Mann, konnte aber keine weiteren Verletzungen feststellen.

Am Donnerstag gab die Polizei bekannt, dass der 32-Jährige vor seinem Ausraster auf offener Straße bereits in einer Arztpraxis an der Maxim-Gorki-Straße aufgefallen war. Dort war er bei einem Behandlungstermin mit dem Urologen aneinandergeraten und hatte ihn attackiert. „Er war von vornherein aggressiv. Nach dem ich ihn im Groben untersucht hatte, habe ich wegen seines Verhaltens eine weitere Behandlung für diesen Tag abgelehnt und ihn entlassen“, sagt der Mediziner. Damit gab sich der Heidenauer offenbar nicht zufrieden. Kurz nachdem er die Praxis verlassen hatte, klirrte im Erdgeschoss eine Fensterscheibe. Als der Arzt auf die Straße lief und den Mann zur Rede stellen wollte, ging der Patient auf den Mediziner los. „Er hat mich in den linken Oberarm gebissen. Außerdem habe ich verschiedene Prellungen davongetragen“, sagt der 63-jährige. Danach sei der Mann getürmt.

Der Unruhestifter ist polizeibekannt. Bei der ärztlichen Untersuchung im Polizeirevier habe er keinerlei Ausfallerscheinungen gezeigt – weder gesundheitlicher Art, noch seien Alkohol oder Drogen im Spiel gewesen. In der Vergangenheit sei er allerdings schon in ähnlicher Weise in Heidenau in Erscheinung getreten, heißt es aus Ermittlerkreisen. Die diensthabende Amtsrichterin sah am Mittwoch keinen Grund für eine Haft. Der Angreifer, dem seit Längerem ein Betreuer zur Seite steht, kam am Nachmittag wieder auf freien Fuß. Gegen ihn läuft jetzt ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Nötigung.