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Aus der Ruhe wächst neue Inspiration

Zwei Vollblutmusiker starten in Lodenau ihre zweite Karriere. Zielgruppe ist das Publikum von sechs bis 99 Jahren.

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© Joachim Rehle

Von Frank-Uwe Michel

Lodenau. Was machen ein erfolgreicher Musikprofessor und eine Sopransolistin mit begnadeter Stimme in der Einsamkeit von Lodenau? Sie suchen die Ruhe. „Es gibt keinen größeren Stressfaktor als die dauernde Berieselung der Ohren. Lärm ist etwas Grauenvolles. Deshalb wollten wir dorthin, wo man aus dem Haus treten kann – und nichts hört. Lodenau hat einfach gut gepasst“, sagt Alexander Peter. Doch ganz so einfach ist das nicht. Denn der 53-Jährige Augsburger war jahrelang Solopauker bei der Thüringen-Philharmonie in Suhl und danach in gleicher Funktion bei der Dresdener Philharmonie. Zudem wurde er neben seiner Orchestertätigkeit als Professor für Schlagwerk an die Musikhochschule Weimar berufen. Elmira Yakhina stammt aus dem russischen Kasan, hat sich an der dortigen Musikfachschule zur Chorsängerin und anschließend an der Musikhochschule Saratow zur Solosängerin ausbilden lassen. In Deutschland besuchte die 45-Jährige die Hochschule für Musik und Theater in Rostock und stand anschließend als freiberufliche Solistin auf der Bühne. Was beide eint, ist ihr letztes festes Engagement: Von 2011 bis Mitte 2017 waren der Pauker und die Sängerin beim Sorbischen National-Ensemble (SNE) in Bautzen angestellt.

Nun also der Wechsel in ein komplett neues künstlerisches Leben. „Wir haben beide bisher übermäßig viel gearbeitet. Als angestellter Musiker musst du machen, was dir gesagt wird. Wir haben zum Beispiel für einen einzigen Auftritt in der Schweiz mit dem SNE 17 Stunden Busfahrt auf uns genommen. Man hat extrem viel Stress, Freizeit gibt es kaum.“ Im Laufe der letzten Berufsjahre habe sich deshalb der Wunsch nach künstlerischer Selbstständigkeit bereits abgezeichnet. „Ich musste in den letzten vier Jahren miterleben, wie drei gute Kollegen gestorben sind – alle hochengagiert, alle mit Professur, alle das ganze Jahr unterwegs. Spätestens da habe ich mir gesagt: Du musst die Reißleine ziehen.“ Peter, der im Laufe seiner Künstlerkarriere zwei CDs produziert und mehrere Lehrbücher geschrieben hat, kam zu dem Schluss: Das machbare Pensum ist erreicht.

Als Freiberufler wollen sich die beiden Musikprofis von ihrem neuen Wohnort Lodenau aus nun in drei Richtungen orientieren. Als „Duo Percussavoce“ treten sie bundesweit mit vier Programmen auf: geistliche Werke, Klassik, Moderne und lateinamerikanische Folklore. Mit dabei ist auch Musik aus der Barockzeit – in einer mit Sopran und Marimba einmaligen Besetzung, wie sie sagen.

Diese Einzigartigkeit erfordert umfangreiche Vorbereitungen. So müssen sämtliche Stücke speziell für dieses Duo bearbeitet werden. „Eine Heidenarbeit, die wir uns natürlich urheberrechtlich schützen lassen“, erläutert Alexander Peter. Deshalb habe man extra einen Musikverlag gegründet, über den auch andere Nutzer davon profitieren können.

Das dritte Standbein sind Schul- und Familienkonzerte. Dabei wird mit „Das Glöckchen Annabelle“ die „wunderbare Welt des Schlagzeugs“ vorgestellt, wie es Elmira Yakhina und Alexander Peter formulieren. Der Aufwand dafür ist ganz erheblich. Bis zu drei Stunden brauchen die beiden Musiker für das Ein- und Ausladen der über 40 Schlaginstrumente in ihr Auto und von dort an den Veranstaltungsort. „Inhaltlich gehen wir auf unser Publikum ein, das wir zwischen sechs und 99 Jahren sehen“, erläutert der ehemalige Solopauker, der wie seine Partnerin zufrieden ist mit der aktuellen Neuausrichtung: „Wir hatten mit Annabelle bisher rund 45 Auftritte in ganz Deutschland. Besonders die Bayern und Berliner stehen dem Projekt sehr aufgeschlossen gegenüber.“ In Sachsen müsse die Akzeptanz noch wachsen. In Rothenburg habe man bereits Kontakt zu den Schulen aufgenommen. „Die Grundschule hat uns schon engagiert, mit der Oberschule laufen noch Gespräche“, so Peter. Insgesamt habe man etwa 1 200 Bewerbungsbriefe quer durch die Republik geschickt.

Aktuell ist ein zweites Schulkonzert in Vorbereitung. Bei der „Trommelolympiade“ soll jeder Teilnehmer ein Schlaginstrument in die Hand bekommen. „Das ist natürlich ein Wert, den wir uns erst anschaffen müssen“, machen die beiden Neu-Lodenauer deutlich. Zum Beginn des neuen Schuljahres soll es soweit sein. „Dann können wir das rhythmische Zusammenspiel proben und die unterschiedlichsten Spielübungen machen“, erläutert Elmira Yakhina, die wie beim „Glöckchen“ auf die Begeisterung des überwiegend jungen Publikums hofft. „Nach solchen Veranstaltungen bekomme ich oft zugerufen – tschüss Annabelle! Das ermutigt uns, diese Arbeit fortzuführenen.“

www.duo-percussavoce.de