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Auferstehung der Ruine

Neubesitzer Wolfram Zylla hat für die marode Löbauer Villa schon einen charmanten Plan.

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© Matthias Weber

Von Markus van Appeldorn

Baumeister Richard Müller war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein geachteter Unternehmer in Löbau. Er baute etwa die Anker-Nudelfabrik oder die Jäger-Kaserne. Heute ruht er auf dem Evangelischen Friedhof, Grabstelle 3 G 034. Und in seinem schönsten Werk, seiner eigenen Villa an der Dehsaer Straße, ist auch kein Leben mehr. Seit Jahren verfällt das einstige Jugendstil-Juwel. Die Scheiben sind zerborsten, überall bröckelt‘s, durchs Dach regnet‘s rein. Zuletzt krachte eine Decke im ersten Stock ein. Die Trümmer drohten den darunterliegenden Erker auf die Straße herauszudrücken.

Das war der Moment, in dem die Bauaufsicht einschritt. Die sperrte die Straße halbseitig – und suchte mit einem Schild am Bauzaun nach einem Käufer für die Immobilie. Ein durchaus ungewöhnliches Vorgehen für eine Behörde. „Wir wollten eine Lösung im Sinne des Denkmalschutzes finden“, sagt Ralf Grützmacher vom bei der Bauaufsicht angesiedelten Denkmalschutz. Und die Behörde wartete nicht bloß auf Anrufer, die genügend Liebe und Geld mitbringen, eine solche Ruine wieder aufzumöbeln. Das Amt stöberte auch im eigenen Adressbestand nach einem Wohltäter – und fand einen, der in Löbau als Investor und Sanierer bereits bestens bekannt ist.

Der hessische Baumaschinen-Unternehmer Wolfram Zylla besitzt bereits mehrere Häuser an der Bahnhofstraße und den Löbauer Bahnhof selbst. „Man hat mich gefragt, ob ich eine Möglichkeit sehe, das Haus für die Nachwelt zu erhalten. Weil sonst hätte man es irgendwann abgerissen“, sagt Zylla der SZ. Dass eine Behörde regelrecht darum bettelt, dass man ein Haus übernimmt, das habe er noch nie erlebt, findet es aber vorbildlich. „Anderswo wäre das nie passiert, dass der Denkmalpfleger nach einem Käufer sucht. Die Behörden haben gut gearbeitet.“

Der Spaß war vor allem erst einmal teuer. Über den Kaufpreis will Zylla nichts sagen. Der habe aber auch keine wesentliche Rolle gespielt, sondern die Schulden, die auf der Immobilie lasteten. „Direkt nach dem Kauf musste ich erst mal Grundbuchgläubiger befriedigen. Und das Grundbuch war mit Gläubigern zugeballert bis zum Gehtnichtmehr.“ Nach der Blitzaktion mit dem Kauf der Villa, musste Zyllas Sanierungstrupp auch blitzartig zur Tat schreiten. Die Bauaufsicht wolle die Sperrung der Straße und die Gefahr durch den Erker nicht länger dulden.

In den letzten Tagen hat er den Erker mit einem Gerüst, Stahlseilen und Holzverstrebungen sichern lassen. „Baumeister Müller war kein guter Baumeister“, sagt Zylla, „sonst hätte er den Erker nämlich mit dem Mauerwerk verzahnt, statt ihn einfach davorzusetzen. Da hat er an seinem eigenen Haus gepfuscht.“

Als Nächstes werden die Arbeiter das Dach abdichten, damit keine weiteren Schäden entstehen. Auch den komplett verwachsenen Wald auf dem großen Grundstück hinter dem Haus haben die Arbeiter gelichtet, um von hinten eine Zufahrt zur Baustelle zu schaffen. Mit abgedichtetem Dach käme das Haus auch über den Winter. Denn Zylla braucht seine Arbeiter auch für die noch laufende Sanierung des Löbauer Bahnhofs. „Eigentlich passt mir die Villa gerade nicht so richtig rein. Aber ich mache das gerne und habe Freude an solchen Sachen.“ Für die Villa in der Dehsaer Straße hat er vom Denkmalschutz bislang auch nur eine Erlaubnis, das Gebäude so weit zu sichern, dass kein weiterer Verfall droht. „Für alles Weitere brauche ich dann eine Baugenehmigung.“

Vage Pläne für das Schmuckstück an der Dehsaer Straße hat Zylla auch schon. „Ich könnte mir einen Kindergarten vorstellen. Mit einer Rutsche vom Turm bis in den Garten. Die nötigen Löcher dafür in den Decken sind ja schon vorhanden.“ Das mit dem Kindergarten meint er ernst. „Da ist ja auch ein wunderschöner Park hinten dran. Aber ich glaube, dafür müssen wir noch mehr junge Familien mit Kindern nach Löbau holen.“ Auch für einen Freiberufler sei das Objekt geeignet. „Der könne auf der einen Seite wohnen und im Turmzimmer seine Kunden empfangen – so wie einst Baumeister Richard Müller.