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Auf Umwegen zum Traumberuf

In Neustadt lassen sich Menschen für das neue ASB-Pflegeheim umschulen. Und haben sogar Spaß an der Altenpflege.

Von Nancy Riegel
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Yvonne Thomalla und Helena Popow (v.l.) basteln beim Projekttag im ASB-Pflegeheim in Neustadt mit einer Bewohnerin. Die Frauen können dadurch Praxiserfahrungen sammeln und die Senioren freuen sich über die neuen Gesichter.
Yvonne Thomalla und Helena Popow (v.l.) basteln beim Projekttag im ASB-Pflegeheim in Neustadt mit einer Bewohnerin. Die Frauen können dadurch Praxiserfahrungen sammeln und die Senioren freuen sich über die neuen Gesichter. © Dirk Zschiedrich

Soll es nun ein Engel oder ein Wichtel werden? Grundlegende Fragen gilt es zu klären an diesem Nachmittag im ASB-Pflegeheim auf der Berthelsdorfer Straße in Neustadt. Der eine hat Flügel, der andere nicht. Die ältere Dame besteht auf die Flughilfen. Dank Heißklebepistole ist der Wunsch rasch erfüllt. „Es geht im Pflegeheim nicht nur darum, die Bewohner sauber und satt zu bekommen. Die Beschäftigung ist genauso wichtig“, sagt Helena Popow. Die 41-jährige Neustädterin gehört zu einer besonderen Berufsschulklasse und gestaltet heute einen Projekttag im Altenpflegeheim.

Diese Klasse hat der Arbeiter-Samariter-Bund in Neustadt ins Leben gerufen, mithilfe der Arbeitsagentur. Aktuell baut der ASB die alte Blumenfabrik Clauß in der Külzstraße in ein modernes Pflegeheim mit Fokus auf Demenzkranke um. Kommenden Sommer soll es eröffnet werden. 50 Senioren können auf vier Etagen in Wohngemeinschaften mit Einzelzimmern leben. Fast genauso viel Personal ist nötig, um die Bewohner zu betreuen und versorgen. Und da Altenpfleger akute Mangelware sind, werden in einer Berufsschule für Sozialwesen in Sebnitz derzeit 14 Personen zu Pflegeassistenten ausgebildet.

Zu ihnen gehört auch die 31-jährige Yvonne Thomalla. Sie gibt zu: Dass ihr die Pflege von alten Menschen mal Spaß machen könnte, hätte sie vor einigen Monaten nicht gedacht. „Jetzt aber schon. Es ist ein erfüllender Beruf.“ Die gelernte Hauswirtschafterin kam, wie so viele andere, im Dezember 2017 zu einem Vorstellungstag ins Berufsinformationszentrum in Pirna, um sich über die Umschulung schlauzumachen. In einer zehnmonatigen Ausbildung lernen die Pflegeassistenten, die Altenpfleger in der Einrichtung bei ihrer Arbeit zu unterstützen: die Bewohner waschen, betreuen, mit ihnen kochen, sich mit ihnen unterhalten und vieles mehr. Im Gegensatz zu ausgebildeten Pflegern dürfen die Assistenten beispielsweise keine Medikamente verabreichen.

Nichtsdestotrotz sieht der Lehrplan ein sportliches Programm vor. Das zusätzliche Betreuungspersonal muss Theorie büffeln, mehrwöchige Praktika absolvieren und Projekttage gestalten. Wie den im Pflegeheim an der Berthelsdorfer Straße. Während im Wintergarten gebastelt wird – neben Engeln und Wichteln entstehen kleine Kränze und Gestecke – wird im Erdgeschoss der Fokus auf Bewegung gesetzt. Im (Roll-)Stuhlkreis spielen sich Bewohner einen Strandball zu. Es wird viel gelacht, was die künftigen Alltagsbegleiter besonders freut. Ein paar Räume weiter soll die Wahrnehmung der Senioren stimuliert werden, unter anderem durch Handmassagen.

Es sei eine ganz tolle Gruppe mit viel Empathie, sagt eine der Lehrerinnen, die den Projekttag begleitet. Die Schüler sehen das nicht viel anders. „Durch die Ausbildung wachsen wir als Gruppe zusammen. Das ist ein großer Vorteil, sollten wir dann mal zusammen arbeiten“, sagt Yvonne Thomalla. Die Neustädterin hofft, später eine Anstellung in der ehemaligen Kunstblumenfabrik zu bekommen.

„Die Bewerber haben die Möglichkeit, im ASB eine Anstellung zu erhalten. Die Bewerbungsgespräche führen wir zum Ende der Ausbildung“, sagt Geschäftsführer Alexander Penther. Die Gruppe, bestehend aus 13 Frauen verschiedenen Alters und einem jungen Mann, ist die zweite Ausbildungsklasse dieser Art beim Ortsverband Neustadt. Bevor 2007 das ASB-Pflegeheim in Sebnitz eröffnete, wurde schon einmal eine Umschulung angeboten.

Für die späteren Pflegeassistenten ist die Ausbildung nicht nur eine Chance, einen komplett neuen Beruf zu ergreifen. Auch haben sie die Möglichkeit, die umfassende Ausbildung zum Altenpfleger anzuschließen, und das in verkürzter Zeit. Helena Popow hat sich für diesen Werdegang entschieden. „In ein paar Jahren komm’ ich ins Pflegeheim und dann bin ich deine Chefin“, sagt sie zu Yvonne Thomalla. Die beiden Frauen lachen herzlich.