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Auf diese Zittauer Häuser wartet die Abrissbirne

Niemand will diese Immobilien haben, die Wohnbaugesellschaft plant deshalb den Rückbau. Eine wirtschaftliche Entscheidung.

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© Rafael Sampedro

Von Mario Heinke

Zittau. Die leer stehenden Häuser in der Bahnhofstraße 34/36, der Schrammstraße 17, der Dr.-Friedrichs-Straße 7 und der Dornspachstraße 31 sollen weg. Die Wohnbaugesellschaft Zittau plant den Abriss im kommenden Jahr. Darüber informierte der amtierende Baudezernent Ralph Höhne in einer Sitzung des Technischen- und Vergabeausschusses (TVA). Alle Gebäude sind im Besitz der Wohnbaugesellschaft, die fast ein Jahrzehnt vergeblich versuchte, die „Altlasten“ auf dem Immobilienmarkt loszuwerden. Nach der Sitzung des TVA war die Katze aus dem Sack und die bekannten Rituale kamen in Gang. In einer Pressemitteilung protestiert das „Stadtforum Zittau“, gegen den geplanten Abriss. Das „Stadtforum“ fordert ganze Quartiere, wie Zittau Ost abzureißen, statt im ganzen Stadtgebiet verschiedene Einzelgebäude zurückzubauen. „Die historischen Strukturen dürfen keinesfalls weiter perforiert werden“, so die Verfasser Silvio Thamm und Thomas Göttsberger. Sie schlagen die Einrichtung eines „Runden Tisches“ vor und berufen sich auf den Vorschlag der Denkmalschutzkommission, die Zittau im letzten Jahr besuchte. Die Kommission unterbreitete den Vorschlag damals allerdings, um über die Rettung gefährdeter Baudenkmale zu verhandeln. Keines, der Abrisskandidaten, ist ein Baudenkmal.

Stadtrat Matthias Böhm (Bündnis 90/Die Grünen) wirft der Stadt vor, gegen das eigene Städtebauliche Entwicklungskonzept (Seko) zu verstoßen. Darin wird der Rückbau von Plattenbausiedlungen in Zittau Ost, Süd und Nord gefordert, statt einen „Flickenteppich“ im Stadtgebiet entstehen zu lassen, die Struktur und das Gesamtbild zu zerstören. Auch die Bürgerinitiative „Bessere Mitte“ meldete sich zu Wort. Rentnerin Renate Weber protestiert in einem emotionalen Brief an die SZ gegen die Abrisse und spricht von „Barbarei“. Das „Stadtforum“ und die Bürgerinitiative „Bessere Mitte“ wünschen sich, „Zittau als Gesamtkunstwerk“ zu erhalten.

Nach Auffassung der Wohnbaugesellschaft hat dieser Wunsch wenig mit der Realität zu tun. „Keines der Objekte ist denkmalgeschützt, alle liegen außerhalb von Aufwertungs- oder Sanierungsgebieten“, erklärt Woba-Geschäftsführerin Uta-Sylke Standke. Die entstehenden Freiflächen sollen bei Bedarf mit neuen architektonisch der Zeit angepassten Funktionsgebäuden oder Gärten gestaltet werden. In einer alternden Stadt mehrere Millionen Euro zur Sanierung von Gebäuden einzusetzen, die für einen zeitgemäßen und altersgerechten Umbau nicht geeignet sind, führe jede Wirtschaftlichkeitsberechnung ad absurdum. Ganz zu schweigen von den fehlenden Bewohnern, so Frau Standke mit Hinweis auf die bekannten Studien zur Bevölkerungsentwicklung, wie beispielsweise die im vergangenen Sommer veröffentlichte Empirica-Studie für Zittau, die perspektivisch wenig Chancen zum Wachsen der Stadt wissenschaftlich herausarbeitete. „Vielleicht kennt der Verein die Studie nicht oder ist an den Aussagen nicht interessiert“, so die Woba-Geschäftsführerin. Die Wohnbaugesellschaft sei ein privatrechtliches Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn auch mit kommunalem Hintergrund. Die besondere Verantwortung kommunaler Wohnungsunternehmen bestehe in erster Linie darin, bezahlbaren Wohnraum vorzuhalten, so Frau Standke. Die Proteste werden wohl ungehört verhallen, denn als Grundstückseigentümer kann die Woba mit den Häusern tun, was sie für richtig hält. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoller einen Plattenbau altersgerecht zu sanieren, als mehrere historische Einzelgebäude. Deshalb hat die Wohnbaugesellschaft jetzt Fördermittel zur Finanzierung des Rückbaus der fünf Gebäude beantragt und will übersteigende Kosten selbst tragen.