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Auf die großen Augen kommt es an

In einem Ferienworkshop der Stadtbibliothek Freital zeichnen Schüler japanische Mangas. Was fasziniert sie so daran?

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Dorit Oehme

Freital. Bleistiftspitzen gleiten geräuschvoll über Zeichenblätter. „Das ist Musik in meinen Ohren“, sagt Olaf Klepzig. Der Bildhauer, Maler und Gestalter gibt seit fünf Jahren Manga-Zeichenkurse in der Stadtbibliothek Freital, je einen Kurs in den Sommer- und Herbstferien. Die Workshops für Fans der japanischen Comic-Kultur sind gut besucht. Bisher fanden sie in der Hauptbibliothek statt. Nun arbeiten elf Mädchen und Jungen im Begegnungsraum der Zauckeroder Filiale. Die Wände leuchten in anregendem Grün.

„Ich lese gern Mangas und schaue mir auch Animes, also japanische Trickfilme, an“, sagt Konrad. Auf seinem T-Shirt prangt ein blonder Manga-Held. „Ihn kriege ich nicht gezeichnet“, sagt der 15-Jährige. Der Kursleiter ist auch studierter Kunsterzieher. Er führt die Teilnehmer Schritt für Schritt an die typischen Stilelemente der Mangafiguren heran. „Der Kopf des Menschen ist etwa siebenmal kleiner als der Körper. Beim Manga sind die Proportionen anders. Der Kopf ist deutlich größer. Die Augen sind besonders groß und ausdrucksstark.“ Der Künstler verrät noch einen Trick: Mund und Nase seien winzig, der Hals dünn.

Clara sitzt mit Zwillingsschwester Lisa und ihrer Freundin im Workshop. „Ich zeichne gern etwas, auch Geschirr aus der Küche“, sagt die Elfjährige. Konzentriert zeichnet sie ein Auge. Mit weicher Bleistiftmine arbeitet Clara Grautöne heraus, dann ein tiefes Schwarz. Der Augapfel tritt auf dem Blatt plastisch hervor. Den Fleck, an dem Licht auf die Netzhaut trifft, sollen die Kinder weiß lassen. „So wirkt es echt.“

In der Pause blättert Clara in einem Bibliotheksmanga. „Man fängt hinten an und liest von rechts nach links“, sagt sie und verrät: „Ich mag die ungewöhnlichen Namen in den Geschichten.“ Am ersten Tag gestalten die Kinder einen Manga-Kopf. Am zweiten Tag werden sie Figuren malen und gemeinsam Storys erfinden.

Lilli blättert in ihrem Zeichenblock. Es tauchen Figuren auf, die sie schon früher gemalt hat. „Mich fasziniert, dass Mangas nicht so realitätsnah sind. Ich kann mich von festgelegten Strukturen freimachen und eigene Wege gehen“, sagt die Gymnasiastin. In ihrer Stiftebox liegen Tuschestifte zum Konturieren. „Schwarze Konturen heben die Kraft der Farben hervor. Bringt dazu die Farben mit, mit denen ihr gern arbeitet. Wasserfarben, Pastellkreiden, Buntstifte oder andere“, rät der Kursleiter.

Die Manga-Köpfe der Kinder leuchten schon in überraschenden Tönen. Konrad hat einen Jungen mit blauen Haaren und roten Augen geschaffen. Das Gesicht ist eckig. Alle Arbeiten liegen zum Schluss auf dem Fußboden aus. „Mich freut, wenn Kinder das Bedürfnis haben, etwas Eigenes zu gestalten“, sagt Olaf Klepzig. Er erzählt ihnen auch von kostümierten Manga-Fans auf der Leipziger Buchmesse. In die Welt der japanischen Comics habe er sich erst einarbeiten müssen, offenbart er. Die Idee zu den Workshops stamme von Kerstin Lißke, die Veranstaltungen der Stadtbibliothek organisiert. „Sie ist Rabenauerin wie ich.“ Im Kurs liegen auch Manga-Zeichenlehrbücher der Bibliothek aus. „In Zauckerode gibt es zwei, in der Hauptstelle einen ganzen Stapel.“