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Auf den Spuren des Gerstensaftes

Eine neue Bier-Route in Rechenberg lädt zum Verkosten über die Grenze ein. Den beteiligten Brauereien geht es aber um mehr.

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Von Steffen Neumann

Rechenberg. Wer, wenn nicht die Brauerei Rechenberg könnte auf die Idee einer sächsisch-böhmischen Bier-Route kommen? Das sieht auch der Geschäftsführer der Privatbrauerei Andreas Meyer so: „Wir mit unserer Lage nahe Tschechien sind dafür prädestiniert.“ Nach einjähriger Vorbereitungszeit gibt es sie nun: die erzgebirgische Bier-Route, eine Art Lehrpfad für Bierliebhaber. 17 Brauereien sind beteiligt, neun sächsische und acht tschechische. Zum Erkunden braucht es allerdings ein Auto, denn die gesamte Route ist fast 300 Kilometer lang. Denn während sie sich von Rechenberg aus auf sächsischer Seite gen Westen fast durchgängig im Erzgebirge hält, schwenkt sie auf tschechischer Seite bis nach Süden ins Hopfenmekka Zatec (Saaz) sowie im Osten bis nach Usti nad Labem (Aussig).

Die teilnehmenden Brauereien erkennt man auch an dem Wappen der Bier-Route.
Die teilnehmenden Brauereien erkennt man auch an dem Wappen der Bier-Route. © Meeco Communication Services
Wer mehr als zehn Brauereien abgefahren hat, bekommt einen Halbliterhumpen.
Wer mehr als zehn Brauereien abgefahren hat, bekommt einen Halbliterhumpen. © Meeco Communication Services
© Grafik: SZ

Das Projekt schwirrte Meyer schon länger im Kopf herum. „Denn auf der anderen Seite gibt es so einige interessante Brauereien, die auch touristische Angebote machen.“ Nicht zuletzt ist dem Brauereichef das Nachbarland auch geschmacklich vertraut. „Ich bin ein großer Liebhaber des tschechischen Biers. Und diese typische Vollmundigkeit findet sich auch im Geschmack unseres Biers.“

Der entscheidende Moment, den Weg nach Tschechien zu ebnen, kam mit einem tschechischen Mitarbeiter. „Er war gleich begeistert von meiner Idee und hatte zudem gute Kontakte in die Hopfenstadt Zatec, dem Tourismusverband Dolni Poohri (Unteres Egertal) sowie auch zum hiesigen Tourismusverband“, erzählt Meyer.

Mit ihrer Idee trafen die Macher ins Schwarze. Die Resonanz war überwältigend. „Wir planten anfangs ein Pilotprojekt mit jeweils sechs Brauereien. Nun sind es 17“, erzählt Libuse Novotna Pokorna vom Tourismusverband Unteres Egertal. „Wer Interesse hatte, war schnell dabei“, ergänzt Meyer. Das nötige Geld zum Aufbau der Route floss aus dem grenzüberschreitenden EU-Programm.

Das Interesse der Brauereien ist durchaus nachvollziehbar, denn die Bier-Route ist ein starkes Marketinginstrument. Besucher bekommen eine Art Leitfaden in die Hand – mit Hinweisen zu den Brauereien und deren Erlebnis-Angeboten. Denn das war die Teilnahmebedingung: Den Besuchern ein touristisches Angebot machen. „Das können Führungen durch die Brauerei oder Bierfeste sein, aber auch Verkostungen, Seminare oder Workshops zum Selberbrauen“, zählt Novotna Pokorna auf. Der Flyer, der in allen teilnehmenden Brauereien und in den Tourist-Infos der Städte ausliegt, gibt einen Überblick.

Bei Rechenberg hat die Bier-Route bereits gewirkt. „Tschechische Gäste hatten wir schon immer, aber seitdem es die Bier-Route gibt, ist ihre Zahl deutlich angestiegen“, freut sich Brauerei-Chef Meyer. Um die Besucher zusätzlich zu animieren, neue Brauereien kennenzulernen, gibt es eine sogenannte Bierkarte, die in jeder Brauerei abgestempelt werden kann. „Wer mehr als zehn Stempel gesammelt hat, bekommt ein originales Halbliterglas geschenkt“, verspricht Tourismusmanagerin Novotna Pokorna.

Die Bier-Route gibt einen schönen Überblick über die gewachsene Vielfalt auf beiden Seiten des Erzgebirges, die locker auch an andere Orte führen könnte. Denn überall im Grenzgebiet sind vor allem in den vergangenen zehn Jahren eine Vielzahl meist kleiner neuer Brauereien entstanden. Doch da die Idee im Erzgebirge reifte und mit Unterstützung aus Zatec und dem Tourismusverband Unteres Egergebiet als EU-Projekt umgesetzt wurde, führt die sächsisch-böhmische Bierroute durch Erzgebirge und Egergebiet.

Zu entdecken gibt es nicht nur typisch sächsisches oder böhmisches Bier, wenn sich das überhaupt so unterscheiden lässt. Fast jede Brauerei hat allein schon drei bis vier Sorten, die regelmäßig gebraut werden. Bei den meisten sind Gasthäuser an die Brauerei angeschlossen und es finden Führungen mit der Möglichkeit einer Verkostung statt. Dieser Aspekt ist Libuse Novotna Pokorna besonders wichtig: „Es geht bei der Bierroute in erster Linie nicht ums Biertrinken, sondern ums Bierbrauen. Und da finden wir in unserer Region eine einzigartige Tradition vor.“

Andreas Meyer schlägt den Bogen sogar noch weiter: „Die Bier-Route ist nicht nur für die Brauereien gut, sondern für den Tourismus überhaupt. Denn die Bierfans lernen die Region kennen, kehren ein, gehen in Museen.“ Oder sie buchen ein Hotelzimmer. Um die Biere auch ruhigen Gewissens genießen zu können, bevor die Fahrt auf der Bier-Route weitergeht.

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