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Auf den Hund gekommen

Labrador Milow hilft Schülern beim Lesenlernen. Ein Angebot, das hierzulande bisher kaum bekannt ist.

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© André Braun

Von Elke Görlitz

Grünlichtenberg. Milow hält es nicht auf seiner Decke. Neugierig stupst er mit der Nase gegen die Fibel, die ihm Saskia Jeraufke vorhält. Dann legt sie ihr Ohr an die Schnauze des Labradors. Scheinbar flüstert ihr Milow etwas zu. „Sofa heißt das Wort, das mir Milow gerade verraten hat“, sagt die Hundehalterin zu Amelie. Die Erstklässlerin war bei dem Wort Sofa ins Stocken geraten. Dass Milow beim Lesenlernen hilft, findet sie „super“. „Er hört gut zu und lässt sich streicheln“, freut sich auch Mitschülerin Sophia über den Besuch des Labradors.

Er ist ein sogenannter Lesehund und soll es den Kindern erleichtern, angstfrei Buchstabe für Buchstabe zu einem Wort und Wörter zu Sätzen zusammenzufügen. Das klappt bei den Grünlichtenberger Erstklässlern schon richtig gut. Und wenn es mal schwierig wird, ist Milow zum Helfen da.

Auf das ehrenamtliche Projekt Lesehund stieß Saskia Jeraufke in einer Zeitschrift. Dass sich die 27-Jährige Grünlichtenbergerin gleich dafür begeisterte, hat familiäre Gründe. „Meine sechs Jahre jüngere Schwester hat eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Als Kind las sie immer unserem Familienhund vor und hat das Lesen so richtig gut gelernt. Dass es der Hund war, der ihr die Angst davor nahm, ist mir aber erst kürzlich wirklich bewusst geworden, als ich auf den Artikel über das Lesehund-Projekt stieß“, so Saskia Jeraufke.

Eine Deutsch-Amerikanerin etablierte das Projekt zunächst in München. Saskia Jeraufke besuchte ein Seminar bei der Rettungshundestaffel und dem Therapiehundezentrum in Kronach. Grünlichtenberg ist die erste Station der jungen Frau mit ihrem Lesehund. „Schulleiterin Elke Schlieder war dem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen“, freut sie sich. Von den Kronachern wisse sie, dass Hunde durchaus in manchen Schulen nicht gern gesehen sind. „Da gibt es Bedenken wegen der Hygiene“, sagt die 27-Jährige. Für sie überwiegen aber die Vorteile: „Es macht den Schülern Spaß, dem Hund vorzulesen, denn der hört zu, spricht nicht rein, kritisiert nicht. Den Kindern gefällt, das Tier zu streicheln und dessen Nähe zu spüren. Dadurch werden Ängste und Hemmungen abgebaut, die es beim Vorlesen vor dem Lehrer oder in der Klasse gibt.“ Und nicht zuletzt, so sagt Saskia Jeraufke, werden die Schüler selbstbewusster, auch im Umgang mit Mitschülern.

Der Labrador Milow ist aber nicht der Einzige, der den Grünlichtenberger Grundschülern hilft, fließend lesen zu lernen. Sechs Frauen stehen ihnen außerdem als Lesepatinnen zur Seite. Wie Saskia Jeraufke kommen diese dazu einmal in der Woche eine Stunde ehrenamtlich in die Grundschule.