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Architekt lässt Erlwein aufleben

Die Sanierung des Stadtteilhauses an der Löbtauer Straße startet im Juni. Damit verschwindet auch Kurioses aus der Geschichte.

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© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Eine Perle inmitten trostloser Wohnhäuser – so in etwa wird das Erlweinhaus in eineinhalb Jahren wohl aussehen. Das Gebäude an der Löbtauer Straße ist das Opfer einer DDR-Bausünde, denn in den 1980er-Jahren wurden bis auf wenige Meter Abstand Plattenbaublöcke hochgezogen. Das könnte nun auch bei der Sanierung ein Problem werden: Platz für Baufahrzeuge gibt es kaum, weder vor noch hinter dem Erlweinhaus. Architekt Bernd Arlt sieht der Sache dennoch gelassen entgegen. „Das wird eben Zentimeterarbeit.“

Das Gebäude ist das Opfer einer DDR-Bausünde: In den 1980er-Jahren wurden um das Haus herum Plattenbaublöcke hochgezogen.
Das Gebäude ist das Opfer einer DDR-Bausünde: In den 1980er-Jahren wurden um das Haus herum Plattenbaublöcke hochgezogen. © Norbert Neumann
Die Sanierung des Stadtteilhauses startet im Juni.
Die Sanierung des Stadtteilhauses startet im Juni. © Norbert Neumann
Für Baufahrzeuge wird es eng.
Für Baufahrzeuge wird es eng. © René Meinig

Nach Jahrzehnten des Bangens um das verfallene Baudenkmal bekommt die Friedrichstadt nun ein ersehntes Schmuckstück zurück. Mit den Eigentümern wechselten regelmäßig auch die Pläne für das markante Gebäude gegenüber vom Bahnhof Mitte. Mit einem Arzt aus Nordrhein-Westfalen keimte 2011 erneut Hoffnung auf. Investor Herbert Fissan stellte Anfang 2013 einen Bauantrag für die Sanierung des Hauses, plante den Ausbau in 14 Wohnungen. Schon wenige Monate später erteilte die Stadtverwaltung die Baugenehmigung – seitdem war es lange ruhig um das Bauvorhaben. Es gab Probleme mit den Planern, mittlerweile ist das geklärt. „Jetzt kann es losgehen“, bestätigt Fissan. Als Bauherr ist er in Dresden kein unbeschriebenes Blatt: Ein Haus in der Bautzner Straße und ein Gutshof in Eschdorf hat er in den vergangenen Jahren schon saniert.

Mit seinem neuen Herzensprojekt in der Friedrichstadt hat er den Dresdner Architekten Bernd Arlt beauftragt. In den vergangenen Monaten hat sich der Bauexperte mit der schwierigen Aufgabe befasst, aus dem ehemaligen Stadtteilhaus mit Polizeiwache und Fleischereigeschäft ein Wohnhaus zu machen. Das war gar nicht leicht, sagt der Architekt. „Die Grundrisse sollen so erhalten bleiben, wie sie Hans Erlwein 1907 plante.“ Das bedeutet: bis zu 30 Quadratmeter große Wohnzimmer, dafür eher kleinere Nebenräume. Arlt kümmert sich allerdings nur um den Ausbau der vier unteren Etagen – also um den Teil des Hauses, der denkmalgeschützt ist. Pro Etage sind zwei Wohnungen geplant. Im ersten Obergeschoss ist bis heute ein geschichtliches Kleinod erhalten: Zwei winzig kleine Zimmer, die früher von den Polizeibeamten offenbar als Arrestzellen genutzt wurden. Ihre Tage sind allerdings gezählt – im Zuge des Umbaus werden sie verschwinden. Das betrifft auch einige der engen Toilettenräume. „Wo es möglich ist, könnten daraus vielleicht kleine Arbeitszimmer werden“, erklärt Arlt.

Sichtbeton im Dachgeschoss

„Ziel ist es, so viel Erlwein wie möglich zu retten.“ Dafür werden originale Klinken, Holztüren, Treppengeländer und Einbauschränke aufgearbeitet. Noch ruht das verfallene Stadthaus allerdings in einem Dornröschenschlaf. Der Hintereingang ist zugewachsen. Im Erdgeschoss zeugen verkohlte Balken von leichtsinnigen Zündlern, Zementsäcke von den Plänen vergangener Eigentümer. Arlt geht von einer Bauzeit von 14 bis 15 Monaten aus. „Wenn alles klappt, könnten die ersten Mieter im Herbst 2018 einziehen“ Verkaufen will Fissan das Gebäude oder einzelne Wohnungen nicht.

Auch nicht die fünf Appartements im Dachgeschoss. Sie werden sich später vom Denkmalteil des Hauses erheblich unterscheiden. Für deren Entwürfe hat sich der Investor eigens einen Architekturprofessor aus Detmold ins Boot geholt. „Das Dachgeschoss wird ganz modern und verrückt“, sagt Arlt. Weil Erlwein sie nicht ausgebaut hat, stehen diese Räume auch nicht unter Denkmalschutz. Zwar bleiben die Dachziegel in Biberschwanzform erhalten – das Satteldach selbst wird auf der Hofseite aber angehoben, um mehr Platz für die Wohnfläche zu schaffen.

Im Inneren kommen große Sichtbetonflächen zum Einsatz, große Glasfronten bieten beste Ausblicke. Vorerst allerdings noch auf die tristen Plattenbauten. Die sollen aber irgendwann verschwinden, sagt Arlt. Bis dahin bleibt Erlweins Bau die Perle an der Löbtauer Straße.