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Welche ist die bessere B 6?

Zahlreiche Bürger sehen sich durch die Pläne des Bundes benachteiligt. Und von der Stadt nicht ernstgenommen.

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© Visualisierung: Deges GmbH

Von Juliane Richter

Welches Interesse wiegt mehr? Das jener Bürger, die an der bisherigen B6 in Cossebaude und Stetzsch wohnen und seit Jahren über zunehmenden Verkehr und Lärm vor ihrer Haustür klagen. Oder das Interesse jener Bürger, die vom Bau der geplanten neuen B6, parallel zu den Bahnschienen, betroffen sein werden? Gegeneinander ausspielen lassen wollen sich die beiden Gruppen nicht, sind sie sich am Dienstagabend bei einer Bürgerversammlung im Mobschatzer Dorfklub einig. Bis diese Erkenntnis reift, gibt es jedoch einige hitzige Wortmeldungen.

Die B6 bleibt ein Reizthema. Vor mehr als einem Jahr hat das bundeseigene Planungsunternehmen Deges sein Konzept für eine neue Ortsumfahrung vorgestellt. Rund 83 Millionen Euro soll die 4,3 Kilometer lange Strecke zwischen der Autobahnabfahrt Altstadt und der Brücke Niederwartha kosten – rein aus Bundesmitteln finanziert. Grundsätzlich gegen den Bau der neuen B6 ist die Bürgerinitiative nicht. Sprecher Peter Bartels kritisiert jedoch, dass im Bundesverkehrswegeplan 2030 der Anschein erweckt wird, dass es durch den Bau keine direkt betroffenen Bürger gibt.

„Aber das stimmt nicht“, sagt er. Ein Haus an der Talstraße muss weichen. Weitere Eigentümer müssen Teile ihrer Grundstücke abgeben, damit dort eine sechs Meter hohe Lärmschutzwand errichtet oder schmale Straßen ausgebaut werden können. Auch rund 30 Kleingärten müssten laut Bartels weichen. Der Sprecher, der zugleich Mitglied der SPD-Fraktion im Stadtrat ist, rechnet mit etwa 500 Haushalten und somit bis zu 1 500 Bürgern, die direkt oder indirekt von der neuen B6 negativ betroffen wären.

Um die Auswirkungen zu mindern, hat die Bürgerinitiative Forderungen aufgestellt. Dazu zählt unter anderem, die vorgesehene Brücke an der Talstraße in Cossebaude aus Lärmschutzgründen als Tunnel auszuführen. Auf den Ausbau der derzeit schmalen Straße „Am Hang“ wollen sie verzichten. Das wäre demnach möglich, wenn das Tierheim Stetzsch verlegt werden würde. Seit Anfang 2017 hat die Initiative Gespräche mit dem Stadtplanungsamt, dem zuständigen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie mit der Deges geführt. „Aber eigentlich haben wir nichts erreicht“, sagt Bartels. Wie nun weiter? Die Hoffnungen ruhen auf Petitionen, die sie an den Deutschen Bundestag gerichtet haben. Ein Bearbeiter dieser Petitionen ist der Dresdner Bundestagsabgeordnete Stephan Kühn (Grüne). Er will noch in diesem Jahr ein Gespräch in Berlin erreichen, bei dem sich Deges und die zuständigen Ministerien äußern. Eventuell gibt es dann erneut einen Vor-Ort-Termin.

Deges-Projektleiter Werner Breinig erklärt auf SZ-Anfrage, dass an den vorgestellten Plänen bis zum Planfeststellungsverfahren im nächsten Jahr vorerst festgehalten wird. Umplanungen sind dann aber noch möglich. Und: Die Deges will Kompromisse finden. „Den Ausbau der Straße Am Hang wollen weder die Anwohner noch die Stadt Dresden. Dann soll es diesen Ausbau nicht geben“, sagt er. Die Anwohner müssten dann aber Umwege in Kauf nehmen. Die gewünschte Unterführung für Autos „Am Urnenfeld“ sei baulich nicht möglich. Neueste Prüfungen sollen das belegen. Die Forderung der Bürger, die Brücke an der Talstraße als 350 Meter langen Tunnel auszuführen, muss er aus rechtlichen Gründen ablehnen. „Es gibt dafür keine gesetzliche Grundlage. Wenn wir einen Tunnel bauen, würde der Bundesrechnungshof uns Steuermittelverschwendung vorwerfen.“ Eine Verlegung des Tierheims werde aber geprüft, sagt er. Das bestätigt Baubürgermeister Raoul-Schmidt Lamontain. Auch die Frage der Querung „Am Urnenfeld“ werde von der Stadt noch geprüft. Die zugehörige Vorlage wird derzeit verwaltungsintern abgestimmt.

Die Einschätzung der Bürgerinitiative, dass sich die Stadt aus der Debatte heraushält, um das Großprojekt nicht zu gefährden, weist der Bürgermeister zurück. Die Stadt begrüße das Vorhaben aber, weil eine Lösung für die überlastete, alte B6 notwendig sei, sagt er. Die Bürgerinitiative will das Thema als Nächstes im Ortschaftsrat Cossebaude behandeln lassen. Deges-Projektleiter Breinig weist noch einmal darauf hin, dass die Anwohner im Planfeststellungsverfahren Einsprüche erheben können. Er geht aber auch jetzt schon von Klagen aus.