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Antrittsbesuch bei Wacker

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nimmt sich am Montagabend 54 Minuten Zeit für Nünchritz – für den Vorstandschef genauso wie für die Auszubildende.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Nünchritz. Der Bundespräsident verspätet sich. 18.30 Uhr sollte er eigentlich am Werk der Wacker Chemie AG in Nünchritz eintreffen. Doch schnell ist klar, das kann er nicht schaffen. Zeit zum Aufwärmen für die Vertreter der Presse, der Staatskanzlei, des Sicherheitsteams und des Chemiewerks, die schon vor Ort sind. Draußen sind gerade noch 5 Grad Celsius, der Kaffe fließt trotz der späten Uhrzeit reichlich – und alle sind gespannt.

„Es ist das größte Ereignis, bei dem ich jemals dabei war“, sagt Frank Tenner. Er arbeitet in der Zentralen Elektrotechnik bei Wacker. 1998 hat er dort als Lehrling begonnen, seit fünf Jahren hat er den Meister in der Tasche. Und heute – ist er für den Fahrstuhl zuständig. Zusammen mit seinem Chef Steffen Kunze. Beide sind normalerweise unter anderem für die Wartung der Fahrstühle auf dem ganzen Werksgelände verantwortlich, heute müssen sie dafür sorgen, dass der hohe Besuch nicht steckenbleibt – und vor allem schnell zu den einzelnen Programmpunkten kommt. 18.55 Uhr beziehen die beiden Position. Punkt 19 Uhr trifft der Tross des Bundespräsidenten auf dem Werksgelände ein.

Angeführt von der Polizei gehören zehn schwarze Limousinen und ein Krankenwagen dazu. Vor der Messwarte, von der aus die großen Destillationskolonnen des Polysiliziumwerkes gesteuert werden, wartet bereits die gesamte Chefetage des Konzerns. Nicht nur Werkleiter Gerd Kunkel, sondern auch der Vorstandsvorsitzende Dr. Rudolf Staudigl. Schließlich ist es nicht nur der erste Besuch eines Bundespräsidenten in Nünchritz, sondern auch eine Premiere für den Wacker-Konzern. Zur Begrüßung gibt es einen riesigen Blumenstrauß für Steinmeiers Ehefrau Elke Büdenbender. Und natürlich die ersten Fotos. Dann geht es weiter in die Messwarte im zweiten Stock. Die Fahrt im Fahrstuhl verläuft reibungslos. Frank Tenner und Steffen Kunze sei Dank.

Gute zehn Minuten nimmt sich das Bundespräsidenten-Paar für die vier Mitarbeiter in der Warte, die gerade Spätschicht haben. Etwa Hundert arbeiten insgesamt in dem Betrieb, sagen sie und erzählen von ihren Aufgaben und was die einzelnen Werte auf den Monitoren vor ihnen bedeuten. Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender hören aufmerksam zu, fragen immer wieder nach. Auch im nächsten Raum. Dort zeigen große Panorama-Bilder verschiedene Ansichten des Nünchritzer Chemiewerkes und wurden nach den Wünschen des Bundespräsidenten zwei Themen-Tische vorbereitet.

Im Mittelpunkt stehen die Mitarbeiter, denn die sind die Basis der Wacker-Erfolgsgeschichte, betonen sowohl Rudolf Staudigl als auch Gerd Kunkel. Und die Mitarbeiter in Nünchritz sind zufrieden. Chemikanten-Azubi Franziska Schmiedgen und Meisterschüler Jakob Braune erzählen auf Nachfrage, dass sie vor allem die Perspektive und die netten Kollegen bei Wacker schätzen. Frank-Walter Steinmeier fragt die Auszubildende, wie sie das Schichtsystem mit ihrem Cheerleader-Training vereinbaren kann, und Elke Büdenbender hakt bei der Frauenquote nach. Beide sind sehr gut vorbereitet – obwohl schon etliche Termine in diversen Orten hinter ihnen liegen.

Vor allem Elke Büdenbender übernimmt häufig das Wort, lacht mit den Mitarbeitern und erzählt Anekdoten aus ihrem Leben. Etwa vom Nikolaustag Ende der 1970er, als sie selbst ihren ersten Ausbildungsvertrag in den Händen hielt. Zeit für das Buffet nehmen sich beide nicht. Frank-Walter Steinmeier schenkt sich lediglich ein Glas Mineralwasser ein, als sich das Gespräch den Partnerfirmen zuwendet, auf deren Unterstützung Wacker setzt.

Die Themen wechseln schnell. Werkfeuerwehr, Hochwasser, Nachbarschaftstag. Bis sich ein lächelnder Herr zwischen Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Bürgermeister Gerd Barthold an den Tresen schiebt. Es wird Zeit. Schnell verlassen Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender den Raum, um sich vor den Abschlussfotos und dem Eintrag ins neue Wacker-Gästebuch frisch zu machen. Dann geht es – mit dem Fahrstuhl – zurück ins Erdgeschoss. Die Limousine wartet mit laufendem Motor. 19.54 Uhr startet der Tross Richtung Großenhain.