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Angst vor Abschiebung

Aktuell leben im Löbauer Asylheim auf der Bonhoeffer Straße 123 Menschen. Sie feierten jetzt mit Einheimischen ihr Sommerfest – und genossen etwas Abstand von Alltagsproblemen.

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© Matthias Weber

Von Constanze Junghanß

Löbau. Sarisa* hat Angst vor der Abschiebung. Hoffentlich komme nicht eines Tages die Polizei und bringe sie und ihre Kinder nach Tschetschenien zurück. In ihrer Heimat habe es große Probleme gegeben. Privat? Politisch? Sarisa lernt zwar in einem Kurs fleißig die deutsche Sprache, doch noch versteht sie nicht alles so gut. Bedauernd hebt sie die Schultern. Sprache, sagt sie, die sei wichtig, um in Deutschland zu bleiben und später auch arbeiten zu können. Noch wichtiger jedoch ist der Brief, den die Mutter und Ehefrau erwartet. Gibt es eine Anerkennung auf Asyl, eine Duldung wenigstens? Sarisa hofft. Ihre Kinder besuchen die Grundschule in Kittlitz, gehen gerne dahin, wie sie erzählen. In Kittlitz findet der Daz-Unterricht statt. Die Abkürzung steht für „Deutsch als Zweitsprache“.

Am vergangenen Freitagnachmittag stehen Schule und die eigene Zukunfts-Warteschleife allerdings für ein paar Stunden hinten an. Die Familie lebt zusammen mit mehr als hundert weiteren Menschen in der Löbauer Gemeinschaftsunterkunft an der Dietrich-Bonhoeffer Straße in Löbau. Sie feiern gemeinsam mit Gästen ein buntes Sommerfest. Zur öffentlichen Veranstaltung hat das DRK Löbau eingeladen. Während die Einrichtung von der Leipziger Abub GmbH betrieben wird, deckt das Rote Kreuz die Sozialarbeit ab: Zwei Mitarbeiter für aktuell 123 Asylsuchende – viele der Heimbewohner sind Familien. Sie bewohnen die untere Etage des Hauses. Obendrüber sind die Einzelpersonen untergebracht. In dieser Woche kommen weitere Bewohner dazu. „Größer wird dadurch der Betreuungsschlüssel nicht“, wie Flüchtlingssozialarbeiterin Claudia Keil sagt. Das heißt, es gibt für mehr Menschen nicht mehr Betreuungspersonal.

Das Sommerfest findet zum zweiten Mal statt. Ist es nicht mittlerweile unpopulär, mit solchen Veranstaltungen in die Öffentlichkeit zu gehen? Claudia Keil überlegt kurz und schüttelt entschieden den Kopf: „So ein Fest hat etwas mit Integration zu tun und dass Deutsche und Asylbewerber zusammenkommen“, sagt sie. Vielen fehle der Kontakt mit Einheimischen. Dass in den Medien und sozialen Netzwerken verstärkt über Gewalttaten und Verbrechen durch Menschen aus anderen Ländern informiert wird, registrierten auch die Bewohner der Löbauer Asylunterkunft. Das verursache teils Verunsicherung bei den Bewohnern. „Sie wollen mit Gewalttätern nicht in einen Topf geworfen werden“, sagt die 28-Jährige.

Dass es beim Sommerfest keine Berührungsängste gibt, wird deutlich. Trotz Miesewetter sind auch Löbauer und ehrenamtlich engagierte Einheimische zur Veranstaltung gekommen. Kinder von der Tanzgruppe der Grundschule am Löbauer Berg zeigen ein Programm, zu dem der Takt geklatscht wird und die Füße mitwippen. Das Festzelt ist voller Menschen. Zwei Ponys drehen ihre Runden und tragen hell- und dunkelhäutige Kinder auf ihren Rücken. Eine Spielstraße ist aufgebaut und auf der Hüpfburg wird getobt. Es gibt Geflügelbratwurst und auf dem Grill brät Lammfleisch. Eine Abwechslung vom Heimalltag, der manchmal doch an den Nerven zerre. Denn die Befürchtung, dass es zur Abschiebung kommt, sei allgegenwärtig. „Die finden meistens in der Nacht statt“, so Claudia Keil. Die jüngste Abschiebung aus der Löbauer Gemeinschaftsunterkunft war in der vergangenen Woche: Eine Einzelperson wurde abgeholt.

Viele würden allerdings gegen einen Ablehnungsbescheid klagen. Manche von ihnen sind bereits seit 2015 da, so Claudia Keil. Im Moment leben im Asylheim keine Syrer mehr, sondern ausschließlich Menschen aus Indien, Tschetschenien und Georgien. „Die Belegung hat sich völlig geändert“, stellt die Sozialarbeiterin fest. Der Großteil bemühe sich sehr um Integration und besuche Deutschkurse. Probleme gebe es relativ selten. „Das sind dann eher Reibereien auf verbaler Ebene untereinander“, so die DRK-Mitarbeiterin. Arbeit zu finden, sei das Ziel der Meisten. Denn die Bewohner würden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten und damit weniger, als Hartz IV. „Gibt es eine Anerkennung, helfen wir bei der Wohnungssuche“, so die Sozialarbeiterin. Dezentral – also in Wohnungen – werden Asylbewerber ebenfalls noch von zwei Sozialarbeitern betreut. In Löbau sind das aktuell acht und in Ebersbach-Neugersdorf vier Familien.

* Name von der Redaktion geändert