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Angekommen im Wald

Nach langer Zeit ist das alte Jagdhotel Grillenburg wieder eine Bleibe. Zurück zu den Wurzeln geht’s auch für die Chefin.

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© Andreas Weihs

Von Verena Schulenburg

Tharandt. Die Decke auf dem Tisch ist zurechtgezupft. Ein Blümchen schmückt dessen Mitte. Der Speisesaal sieht einladend aus, bereit für den Schmaus. „Unseren Gästen gefällt es. Das freut mich“, sagt Kathrin Noack und schaut dabei tatsächlich sehr zufrieden aus. Die 55-Jährige ist nicht nur Chefin der Pension am Tharandter Wald, sondern auch die neue Eigentümerin das Hauses in Grillenburg.

Dort, wo zuvor noch Kerzen in allerlei Variationen hergestellt und verkauft wurden, können jetzt wieder Gäste übernachten – so wie früher. Schon in den 1920er-Jahren war das Gebäude auf der Hauptstraße 8 als Gasthaus bekannt. Zu DDR-Zeiten firmierte es als Betriebsferienheim und „Waldcafé“. Von 1992 bis 1996 führte der Harthaer Dietmar Kumpfe das Haus als „Jagdhotel zum Keiler“. Ihm folgten mehrere Pächter, jedoch ohne Glück. Im Herbst 2003 kaufte die Chefin der Erzgebirgischen Zierkerzenmanufaktur das Haus und richtete hier kurz darauf eine Manufaktur mit Verkaufsraum ein. 2015 verkaufte sie es schließlich, die Kerzenwelt zog aus.

Einige Zeit hat es gedauert, bis ein neuer Schriftzug an der Fassade auf sich aufmerksam machte. Seit Frühjahr 2017 gibt es nun hier die Pension am Tharandter Wald. Für Kathrin Noack, die mit einem Geschäftspartner die Räume im Obergeschoss bezogen hat, ist damit nicht nur ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Für die gebürtige Freitalerin ist es, als sei sie angekommen. Hier fühle sie sich wohl. Hier ist sie zu Hause. „Hier will ich nicht mehr weg“, sagt Noack, aus gutem Grund.

Die Räume und Gänge des ehemaligen Jagdhotels in Grillenburg sind Kathrin Noack nur allzu vertraut. Es war Anfang der 90er-Jahre, als das Hotel gerade saniert wurde und in voller Blüte stand, als sie hier schon einmal war. Die junge Frau, die eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolvierte, machte damals genau hier ein Praktikum, teilweise in dem Gasthof wenige hundert Meter weiter ortseinwärts, dem heutigen Waldhof, teils im Jagdhotel zum Keiler. Danach verschlug es sie nach Dresden, wo Noack lange Zeit in der Gebäudereinigung arbeitete. Nun, fast 30 Jahre später, ist sie zurück – und selbst Chefin des Hauses, in dem sie einst die ersten Handgriffe der Hotellerie lernte.

All die Jahre sei sie nur an dem Haus vorbei nach Dorfhain zu ihrer Mutter gefahren, sagt Kathrin Noack. Bis sie eines Tages ein Schild davor innehalten ließ. „Zu verkaufen“, stand darauf. „Da hat es bei mir einen Schalter umgelegt“, erzählt die 55-Jährige. Sie wusste: Das ist es. Den Moment, in dem sie erstmals wieder das Haus betrat, wird sie nicht vergessen. „Es war unbeschreiblich“, sagt Kathrin Noack.

Der Anblick dessen, was sie im Inneren erwartete, war aber alles andere als das, was sie Jahrzehnte zuvor in Erinnerung hatte. Von der Blüte des einstigen Jagdhotels war nicht mehr viel zu sehen. Dennoch: Im Dezember 2015 setzte Kathrin Noack ihre Unterschrift unter den Kaufvertrag. Der Weg für die Pensionspläne war frei. Anträge, Genehmigungen und etliche Modernisierungen im Haus standen an. Die Zimmer mussten entrümpelt, neu tapeziert, geputzt und hergerichtet werden. Was zu erhalten war, habe sie erhalten. Viele Holzmöbel stammen noch aus den 90er-Jahren. Die Echtholzschränke beispielsweise hat eine Tharandter Tischlerei damals für das Grillenburger Jagdhotel gebaut. „Die sind super“, sagt Noack und würden deshalb bleiben. Insgesamt vier Zimmer, darunter ein geräumiges Familienzimmer, stehen nun für die Gäste der Pension ab 55 Euro pro Nacht bereit.

Nicht nur bei Wanderern beliebt

Über fehlenden Zuspruch kann sich Kathrin Noack nicht beklagen. Die Möglichkeit, hier in der Idylle des Tharandter Waldes zur Ruhe zu finden, komme an. Nicht nur Wanderer nutzen die Unterkunft auf ihrer Reise. Auch Geschäftsleute würden hier haltmachen, vor allem dann, wenn auf der Autobahn wieder einmal Unfälle oder Baustellen für Stau sorgen. „Seit diesem Jahr kommen vermehrt auch Familien, die mehrere Tage bleiben“, erzählt Kathrin Noack. Das neue Angebot in Grillenburg spreche sich rum, und die Region ringsum halte schließlich viele Ausflugsziele bereit.

Kathrin Noack weiß, an ihrem Haus und im Grundstück gibt’s noch einiges zu tun. „Arbeit ist genug“, sagt die Geschäftsfrau, die eigentlich hauptberuflich als Verkäuferin in einer Bäckerei arbeitet. Der Pensionsbetrieb sei bisher nur Hobby. Darin aber geht sie voll und ganz auf. Hier, in der Pension am Tharandter Wald, sollen ihre Gäste abschalten können und sich wohlfühlen, so wie Kathrin Noack selbst. Sie ist von der Großstadt in den Wald gezogen. Sie ist in Grillenburg angekommen.