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Altehrwürdige Arena

Das Heinz-Steyer-Stadion bot von Fußball bis Leichtathletik Platz für vieles. Jetzt soll es wieder wie neu werden.

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© Eberhard Buschmann

Von Ralf Hübner

Die Zeit hat dem Heinz-Steyer-Stadion heftig zugesetzt. Wo einst mehr als 60 000 Zuschauer bei Fußball-Länderspielen Tore bejubelten und Leichtathleten Rekorde aufstellten, kämpfen unterklassige Fußball-Vereine oder die Dresdner Monarchs im American Football um Punkte. Jetzt soll die altehrwürdige Arena wieder herausgeputzt werden. Nachdem die Stadt schon die alte Holztribüne erneuert hat, soll bis 2024 die gesamte Arena modernisiert werden.

Die Geschichte des Stadions ist eng mit der des Dresdner Sport-Clubs verbunden. Als der Verein am 30. April 1898 gegründet wird, hat er zunächst noch keine eigene Sportstätte und ist gezwungen, immer wieder die Plätze zu wechseln. Von den Wiesen im Ostragehege geht es nach Strehlen, dann auf die Sportwiesen an der Lennéstraße und 1904 auf einen neuen Sportplatz an der Nossener Brücke. Den braucht die Stadt 1912 als Kohleplatz, und so zieht der DSC nach Trachau weiter, auf den Sportplatz des Schützenhofes.

Mittlerweile hatten sich Erfolge eingestellt und so entschließt sich der Verein, ein Stadion zu bauen. Im Dezember 1918 ist erster Spatenstich. Die DSC-Mitglieder helfen mit unentgeltlichen Arbeitseinsätzen und Spenden. Am 12. Oktober 1919 wird das „Stadion am Ostragehege“ für 20 000 Zuschauer in Besitz genommen. Im Oktober 1928 brennen das Vereinshaus und die Holztribüne. Doch der DSC hat wirtschaftlich potente Unternehmen als Förderer und schon nach gut einem Jahr ist die neue, in Stahl und Beton errichtete Steintribüne mit Umkleideräumen, Casino, Arztzimmer und Klubräumen fertig. Die Holztribüne auf der gegenüberliegenden Geraden soll 1930 für ein Länderspiel gegen Ungarn entstanden sein, zu dem
50 000 Zuschauer kamen. Deutschland gewinnt nach einem 0:3 Rückstand noch mit 5:3. Zu einem Länderspiel gegen die Tschechoslowakei kommen 1935 rund 61 000 Zuschauer. Wegen der Enge stürzen Zuschauer, Sanitäter eilen zu Hilfe. „Das DSC-Stadion bietet einen prächtigen Anblick“, urteilte die Zeitschrift „Fußball“. „Das Spielfeld ist tipptopp. Die Traversen sind famos angelegt und die Zuschauer stehen angenehmerweise nahe am Spielfeld.“ Ende der 1930er-Jahre gibt es Planungen, das Stadion und dessen Umfeld analog zum Olympiastadion und dem Reichssportfeld in Berlin umzugestalten. Wegen des Krieges kommt es nicht dazu.

Beim Luftangriff auf Dresden am 13. Februar 1945 ist das Stadion der Orientierungspunkt der Bomberpiloten. Die Arena und der Steinbau werden beschädigt. Die Holztribüne übersteht das Inferno wie durch ein Wunder. 1948 ist die Steintribüne wiederhergestellt und Silvester 1949 steigt vor 25 000 Zuschauern das erste deutsche Flutlichtspiel. Je zwei 2 000-Watt-Scheinwerfer an zwölf Lichtmasten erhellen das Geschehen. Es ist das Abschiedsspiel für Nationalspieler Richard Hofmann.

Den DSC gibt es da schon nicht mehr. Er war wie andere Vereine nach Kriegsende aufgelöst und dessen Vermögen enteignet worden. Nachfolger ist die SG Friedrichstadt. Im April 1950 entscheidet ein Spiel im Ostragehege gegen die ZSG Horch Zwickau die erste DDR-Meisterschaft. Die Dresdner verlieren 1:5. Der Sieg der Betriebssportgemeinschaft über den bürgerlichen Verein dürfte den neuen Machteliten gut ins Konzept gepasst haben.

Nach der hart geführten Partie kommt es zu Tumulten. Doch schon vor dem Spiel hatte sich ein Großteil der Friedrichstädter Spieler entschlossen, in den Westen zu gehen. Nach der Niederlage flüchten sie zunächst nach Berlin zu Hertha BSC. Die SG Friedrichstadt wird aufgelöst. Für eine neue Mannschaft werden überall in der DDR Fußball spielende Volkspolizisten getestet. Die besten 17 gehen fortan als SG Volkspolizei Dresden in der DDR-Oberliga auf Punktejagd. 1953 wird der Verein als Dynamo Dresden DDR-Meister, das Stadion wird nach dem Arbeitersportler und KPD-Funktionär Heinz Steyer benannt. Vor 55 000 Zuschauern gibt es auch wieder ein Länderspiel, die DDR trennt sich von Bulgarien 0:0. 1957 ziehen die Dresdner Dynamos endgültig in das Rudolf-Harbig-Stadion um. Damit sind die Sportler des SC Einheit Dresden fortan alleinige Hausherren im Heinz-Steyer-Stadion . Dessen Fußballtruppe steigt 1962 ab. Das Stadion wird für Großveranstaltungen genutzt und ist mehrfach Ziel des Straßenradrennens Friedensfahrt.

Als die Fußballer den Wiederaufstieg in die höchste DDR-Spielklasse verfehlen, dominieren im Stadion die Leichtathleten. 1990 werden dort die letzten DDR-Leichtathletikmeister gekürt. Dann verfällt der Bau, jetzt wieder Heimstatt des neu belebten DSC, immer mehr. Zuletzt sind noch 4 500 Zuschauer erlaubt. Die Planungen sehen künftig etwa 5 000 Sitzplätze vor, die mit mobilen Tribünen auf 10 000 verdoppelt werden können. Die Stadt hofft, dass dort dann auch wieder Leichtathletik-Meisterschaften ausgetragen werden.