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Als Deutsche und Tschechen in Böhmen Nachbarn waren

Die neue Ausstellung im Schloss Weesenstein geht wieder über die Grenze und widmet sich einem nicht ganz einfachen Thema.

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© Daniel Schäfer

Von Heike Sabel

Weesenstein. Der Winter ist auf Schloss Weesenstein die Romantiksaison, sagt Schlossherrin Andrea Dietrich. Die neue Sonderausstellung hat zwar mit Romantik nicht viel zu tun, aber das Schloss bleibt sich selbst treu. Weesenstein und Böhmen – da gibt es immer wieder Parallelen, Anknüpfungspunkte und immer noch zu wenig Gäste aus dem Nachbarland.

Mehr als ein Schmuck für Frauen: Mit der Edelweiß-Stickerei wurde bewusst nationale Gesinnung zur Schau getragen.
Mehr als ein Schmuck für Frauen: Mit der Edelweiß-Stickerei wurde bewusst nationale Gesinnung zur Schau getragen. © Repro: SZ
Die Liwanzen-Pfanne, mit der Deutsche wie Tschechen ihre geliebte Süßspeise zubereiteten.
Die Liwanzen-Pfanne, mit der Deutsche wie Tschechen ihre geliebte Süßspeise zubereiteten. © Daniel Schäfer

Vielleicht ändert sich das mit „Böhmen ist mein Heimatland“. Der Titel der bis Ende März zu sehenden Ausstellung ist eine Zeile aus der Hymne der Tschechoslowakei. Es ist nicht einfach eine Übersetzung, sondern die amtliche deutsche Fassung. Die Hymne wurde von Deutschen und Tschechen gleichermaßen gesungen, sagen die Ausstellungsmacher Dr. Matthias Donath und Lars-Arne Dannenberg.

Sie widmen sich dem weitgehend friedlichen gemeinsamen Alltagsleben der Deutschen und Tschechen zwischen 1918 und 1945. Anlass für die Beschäftigung damit ist der 100. Jahrestag der Gründung der Tschechoslowakei. Bei der Spurensuche in Böhmen stießen die beiden Kunsthistoriker auf viel Offenheit. Sie hörten viele Berichte und erhielten zahlreiche Leihgaben für die Ausstellung, auch solche, die sie nicht nahmen. Wie zum Beispiel das Glasauge des letzten Leiters der Protektoratsverwaltung, dem SS-Mann Karl Hermann Frank. Auch mit diesem Teil der deutsch-tschechischen Geschichte in Böhmen setzt sich die Ausstellung aber auseinander. Im deutsch-tschechischen Begleitbuch gibt es unter anderem ein ausführliches Kapitel zum „Reichsgau Sudetenland“. Mit der Angliederung an das Deutsche Reich wurde auch in Böhmen die gesamte Gesellschaft nationalsozialistisch durchdrungen.

Drei Gründe für Litfaßsäulen

Während der katholische Glaube das Verbindende der Deutschen und Tschechen war, trennte sie die Sprache. Zeichen dafür sind die ausgestellten Wörterbücher. Ein anderes Zeichen in der politischen Auseinandersetzung nach Mitte der 1930er-Jahre war das Damen-Tuch mit gesticktem Edelweiß, obwohl es in Böhmen kein Edelweiß gibt. Doch damit wurde nationale Gesinnung dokumentiert.

Das Tuch fand sich im späteren Fluchtgepäck genau so wie zwei Teller aus dem Hochzeitsgeschirr und die Liwanzen-Pfanne. In ihr wurde ein bei Deutschen und Tschechen gleichermaßen beliebtes Gebäck in Fett ausgebacken.

Wer

sich über die Pfanne, die Teller und das Tuch hinaus mit der Geschichte der Deutschen und Tschechen in Böhmen beschäftigen will, findet an Litfaßsäulen viele Informationen. Die Litfaßsäulen sind aus mehreren Gründen eine praktische Idee für die Ausstellung. Erstens bringt man so auf wenig Platz viel Information unter, zweitens waren Litfaßsäulen damals der Ort für Bekanntmachungen und drittens lassen sie sich gut transportieren. Die Ausstellung soll nämlich auch noch im Schloss Decin und im Stadtmuseum Usti gezeigt werden.

Doch vorher wünscht sich Andrea Dietrich viele Gäste –  auch aus Tschechien – auf Schloss Weesenstein.

Ausstellung, 27. Oktober bis 31. März 2019, Veranstaltungen: Geschichtenfrühstück am 11. November und 17. März, Führung mit einem der Kuratoren am 31. März; geplant: Exkursion „Auf deutschen Spuren in Nordböhmen“