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Alles muss raus

Picassos, Dalis, Bronzestatuen, Möbel im Empire-Stil sollen in einer „herrschaftlichen Villa“ in Radebeul Käufer locken.

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© Norbert Millauer

Radebeul. Das hat die Kleinstadt, die neben Potsdam Ostdeutschlands Millionärsnest sein soll, noch nicht erlebt. Der deutschlandweit unter Insidern bekannte Frankfurter Auktionator Peter Lindenfeld hat die zum Verkauf stehende Immobilie in der Dr.-Külz-Straße 25 mit Kunst, Möbeln, Teppichen und Statuen ausgestattet. Motto: Was fein verpackt ist, verkauft sich besser.

Es ist das Geschäftsmodel von Auktionator Peter Lindenfeld, auf diese Weise Teures wie den Dali zu verkaufen.
Es ist das Geschäftsmodel von Auktionator Peter Lindenfeld, auf diese Weise Teures wie den Dali zu verkaufen. © Norbert Millauer
Auch die Immobilie selbst, die als Verpackung fürs Antike dient, steht zum Verkauf.
Auch die Immobilie selbst, die als Verpackung fürs Antike dient, steht zum Verkauf. © Norbert Millauer
Kleine Zettel neben dem Bilderrahmen weisen auf eine vorhandene Expertise zur Kunst hin.
Kleine Zettel neben dem Bilderrahmen weisen auf eine vorhandene Expertise zur Kunst hin. © Norbert Millauer

Die Annonce, die der 60-jährige Kaufmann vorher in den hiesigen Medien veröffentlichen ließ, nennt Lithografien von Chagall, Picasso, Dali, Braque, Matisse und Warhol. Ein „original amerikanischer Pokertisch mit außergewöhnlicher Bestuhlung“ ist im Wintergarten aufgestellt. „Feinste Tiffanylampen, hochkarätige Kristalllüster“ preist der Auktionator an.

Und wirklich, mindestens eine Stunde vor dem Verkaufsstart treten die ersten potenziellen Kunden vor dem imposanten Eingangstor von einem Bein aufs andere. Ein älteres Ehepaar sucht „ein nettes, zu uns passendes Kleinmöbel“. Der ältere, nach Künstler ausschauende Herr, hat Interesse an Bronzen. Keiner will genannt oder gar fotografiert werden. Die anrollenden Nummernschilder weisen auch weit über den Kreis Meißen hinaus. Lindenfeld: „Üblicherweise kommen zwischen 300 und 500 Besucher an einem Wochenende.“

Der Auktionator, der sich mit seiner Firma Akurat Verwertungsgesellschaft mbH zwar wie ein Versteigerer nennt, will aber in diesem Fall gar keine Preise in die Höhe treiben, sondern „jeden Einzelfall mit dem Kunden besprechen“. Das ist offenbar auch angebracht. Denn die Eurozahlen, die etwa in einer aufzuziehenden Schublade bei einem Sekretär im Empire-Stil, im Deckel einer Keramikschale in Messing gefasst oder auch nur auf der Liste von Kaufmann Lindenfeld stehen, sind Größenordnungen, die den Betrachter zuerst mal schlucken lassen. Sie seien jedoch der Wert, so der Auktionator, für die der Vorbesitzer sie erworben habe.

Der Sekretär, der innen 17 900 Euro zu stehen hat, würde für 10 000 Euro abgegeben, heißt es. Die Schale verändert sich im Preis von 490 Euro auf etwa die Hälfte. Richtig stockend wird der Atem bei den Lithografien: Georges Braque, Auflage 75 Stück, 39 000 Euro; Salvatore Dali, ein Werk, welches der Meister aus den ersten fünf Drucken 1968 nur für sich selbst reservieren ließ, für satte 27 500 Euro.

Ist das alles wirklich echt?, entfährt es da zwangsläufig dem Betrachter. Freilich kontert Lindenfeld und verweist auf Expertisen, die auf kleinen Schildchen neben dem Bilderrahmenrand angekündigt sind. Und so was wie einen Kassenzettel oder die Versicherungspolice vom Vorbesitzer mit dessen Preis? „Das machen wir nicht. Wir lassen uns das sagen, im Vertrauen und prüfen den Wert mit unserem Sachverstand“, entgegnet Lindenfels.

Die Frage muss er sich gefallen lassen, seitdem eine Dame in Salzburg bei ihm eine für 1 000 Euro ausgepriesene Figur für 500 Euro kaufte und diese dann im Internet für 36 Euro wiedergefunden haben soll, wie die Zeitung Salzburger Nachrichten schrieb. Peter Lindenfeld: „Ich habe der Frau anstandslos ihr Geld zurückgezahlt und die Figur wieder zurückgenommen.“ Dies passiere auch, versichert der Auktionator, wenn, wie schon geschehen, eine Frau einen Matisse fünfstellig gekauft habe und dann zuhause Krach mit ihrem Mann bekam. Freilich gehe es nicht, sich ein Bild ein halbes Jahr aufzuhängen und wegen Nichtgefallen dann zurückzukommen.

Die Idee mit dem Verkauf antiker Stücke und Kunst, fein drapiert in edlen Immobilien, hat der Frankfurter schon vor über 20 Jahren entwickelt. Auf die Immobilien komme er durch Informationen von Bekannten. In der Schweiz, Österreich, vor allem aber Deutschland veranstalte er zehn bis zwölf solcher Freiverkäufe übers Jahr. In Ostdeutschland sei er vor allem in Berlin und Leipzig aktiv gewesen. Nach Potsdam würde er gerne noch zum Verkaufen gehen. Und Radebeul sei ja auch sehr passend.

Etwa ein Drittel der ausgestellten Stücke werde in der Regel verkauft. Von Umsatz will der Provisionsverdiener an den aus vielen Villen zusammengetragenen Stücken nicht reden. Aber vielleicht verguckt sich ja einer der europotenten Wochenendbesucher in der Dr.-Külz-Straße auch in das Anwesen selbst. Die mit dem Verkauf beauftragte Dresdner Maklerin Sylvia Stöckert nennt dazu die Maße: 2 400 Quadratmeter Grundstück, 640 Quadratmeter Wohnfläche, und schlappe 1,95 Millionen Euro als Preis.