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Afrikanisch für Anfänger

Kristin Klausnitzer aus der Freitaler Klinik half an einem Krankenhaus in Tansania. Sie erlebte Armut und tapfere Patienten.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Mosambik, Südafrika, Gambia, Madagaskar, Kenia – der schwarze Kontinent hat es Kristin Klausnitzer angetan. Auf zahlreichen Reisen kam sie als Rucksacktouristin nach Afrika. Im April dieses Jahres flog sie ein weiteres Mal dorthin, mit acht Kilo Reisegepäck und zwei großen zusätzlichen Taschen. Der Inhalt: Medikamente und Verbandsmaterial. Das Ziel: ein Krankenhaus in Sumbawanga, einer Provinzstadt im Südwesten von Tansania.

Die Patientenzimmer sind Schlafsäle für 16 Leute oder mehr, auch die Angehörigen der Kranken übernachten oft hier.
Die Patientenzimmer sind Schlafsäle für 16 Leute oder mehr, auch die Angehörigen der Kranken übernachten oft hier. © privat
Die Patientenzimmer sind Schlafsäle für 16 Leute oder mehr, auch die Angehörigen der Kranken übernachten oft hier.
Die Patientenzimmer sind Schlafsäle für 16 Leute oder mehr, auch die Angehörigen der Kranken übernachten oft hier. © privat

Kristin Klausnitzer ist gelernte Krankenschwester, sie hat am Freitaler Klinikum acht Jahre in der Abteilung für Bauchchirurgie gearbeitet. Nebenbei studierte sie Pflegewirtschaft und -management, heute ist sie stellvertretende Pflegedirektorin der Weißeritztalkliniken. „Als ich Ende 2017 von einer Kollegin hörte, dass jemand für einen Hilfseinsatz in Afrika gesucht werde, wusste ich sofort: Das will ich machen. Ich hatte schon während des Abiturs davon geträumt, aber es hatte sich nie ergeben.“ Klausnitzer, verheiratet und Mutter eines inzwischen dreijährigen Sohnes, reichte Urlaub ein.

Interplast Germany ist ein gemeinnütziger Verein, der in Entwicklungsländern kostenlos arbeitet. Die Ausgaben deckt der Verein über Spendengelder. Pro plastisch-chirurgischer Operation kommen um die 15 000 Euro Kosten zustande, heißt es auf der Internetseite des Vereins. Die Ärzte und Schwestern arbeiten ehrenamtlich.

Als Kristin Klausnitzer in der tansaniaschen Hauptstadt Daressalam aus dem Flugzeug steigt, bemerkt sie als erstes diesen Geruch. „Typisch Afrika. Es roch nach Holzfeuer und war schwülwarm.“ Weiter geht es per Flugzeug und dann noch sechs Stunden mit dem Bus. Die Regenzeit ist gerade vorüber, die 29-Jährige sieht ein saftiges, grünes Land. Sumbawanga liegt in den Bergen. Die Hauptstraßen der Stadt sind asphaltiert, die Nebenstraßen Dreckpisten. Es herrschen beständig 23 bis 25 Grad Celsius.

Das Krankenhaus, in welchem die 13 deutschen Mediziner arbeiten, besteht aus mehreren Gebäuden, für jede Abteilung ein Haus. Sie sind durch Gänge miteinander verbunden. Interplast schickt zweimal jährlich Personal nach Sumbawanga. Für die ersten zwei Wochen kommt das OP-Team. Die Ärzte und Schwestern operieren die Patienten. Kristin Klausnitzer gehört zum Nachsorgeteam. Das ist zuständig für die Weiterbehandlung der frisch Operieren. Und für vieles mehr. „Wenn wir morgens zum Krankenhaus kamen, standen schon 150 bis 200 Menschen dort und warteten auf Einlass“, berichtet die Krankenschwester.

Die Beschwerden, mit denen die Menschen bis aus einer Entfernung von 400 Kilometern anreisen, sind äußerst gravierend. Viele haben schwere Brandverletzungen. „In Afrika wird auf offenen Feuern gekocht. In einem Topf haben die Menschen Wasser, im anderen Öl. Häufig kommt es daher zu Küchenunfällen“, schildert Klausnitzer. Es trifft Männer und Frauen und immer wieder auch Kinder.

Krankenhäuser in Afrika funktionieren anders als in Europa. Ärzte und Schwestern sind ausschließlich für medizinische Angelegenheiten zuständig. Pflege und Versorgung der Patienten übernehmen Angehörige. Dementsprechend groß sind die Bettensäle. „In jedem Raum lagen 16 bis 20 Leute, dazu kamen dann noch die Angehörigen, die auf dem Fußboden, im Gang oder in freien Betten schliefen“, erzählt die 29-Jährige. Manche Betten werden einfach doppelt genutzt – einer schläft am Kopfende, der andere am Fußende. Die Moskitonetze über den Betten haben Löcher.

Kristin Klausnitzer ist zuständig für das Wechseln von Verbänden, die Wundbehandlung, Spritzengeben. Manchmal gibt es Arbeit im Kreißsaal, obwohl die meisten einheimischen Frauen ihr Kind zu Hause bekommen. Klausnitzer ist bei Visiten mit dabei, am Abend muss sie mit ihren Mitstreitern die medizinischen Geräte reinigen, einpacken, sterilisieren. Wasser kommt aus einem Tank, der hinterm Haus steht. Ist der leer, muss erst Neues besorgt werden. Auch Strom gibt es nicht immer.

Die Arbeit macht der Freitaler Krankenschwester trotzdem Spaß. „Die Menschen setzen in uns so wahnsinnig viel Hoffnung und sind überaus dankbar.“ Und sie seien leidensfähig. Schlimme Verletzungen habe sie gesehen. Eitrige Brandwunden zum Beispiel. „Und trotzdem klagen die Patienten kaum, verziehen höchstens mal das Gesicht und fragen höflich nach einem Schmerzmittel.“ In Tansania wird Kisuaheli gesprochen, ein Dolmetscher übersetzt für die deutschen Mediziner ins Englische.

Einheimische Ärzte gibt es am Krankenhaus kaum. Der einzige studierte Arzt des Hospitals ist schwer erkrankt und kann nicht arbeiten. Die anderen Mediziner sind angelernte Hilfskräfte. „Sie übernehmen kleinere Eingriffe wie zum Beispiel Blinddarm-OPs oder helfen bei Geburten.“ Umso wichtiger empfindet Kristin Klausnitzer ihre Unterstützung. „Ich würde gerne wieder dahin fahren. Das ist Hilfe, die tatsächlich ankommt.“

Wer die Arbeit unterstützen möchte, kann auf folgendes Spendenkonto einzahlen: Interplast Germany e.V. Sektion Sachsen, IBAN: DE34 5502 0500 0001 4406 00,

Projekt Sumbawanga