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Ärger um Asylheimpläne

Um 260 Asylbewerber unterzubringen, hat das Bautzener Unternehmen Green Park seinen Mietern gekündigt. Das sorgt für Unmut.

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© Uwe Soeder

Von Stefan Schramm

Bautzen. Ein Flachbau mit grauen Fassaden, profilierte bunte Glasbausteine in manchen Fensteröffnungen, Betonplatten als Fußweg. Der Gewerbepark an der Flinzstraße 15c versprüht einen gewissen DDR-Charme. Bald könnte es dort multikultureller zugehen, als es sich die internationalistisch indoktrinierten Machthaber von damals je hätten vorstellen können. Denn der Eigentümer, das Berliner Unternehmen Greenpark, will in den Bauten Asylbewerber unterbringen. Entsprechende Pläne hatte Ende der vergangenen Woche das Landratsamt publik gemacht.

Vor einer Woche wurden schon mehr als 100 Tische als Ausstattung für die Zimmer angeliefert. Zudem begannen bereits die ersten Umbauarbeiten in dem dreiteiligen Gebäudekomplex, der dem Berliner Unternehmen Green Park gehört. Der mittlere Teil steht leer. Anfang 2015 sollen dort schon die ersten 60 Asylbewerber einziehen. Die Anträge für den Bau und die Nutzungsänderungen stellte der künftige Betreiber des Asylheims, die Freiberger Firma Campanet. Sie will insgesamt 260 Plätze für Asylbewerber schaffen – jeweils 100 in den beiden anderen, je dreistöckigen Gebäuden. „Den Betreibervertrag haben wir schon unterschrieben. Er befindet sich gerade auf dem Postweg“, sagt Franziska Snelinski vom Landratsamt.

Umzug kostet Geld und Zeit

Das Problem: Ein guter Teil des Komplexes ist an mehr als zehn meist kleine Unternehmen vermietet. Kürzlich erhielten alle von Green Park die Kündigung. „Das kann doch nicht sein, dass das ansässige Gewerbe vertrieben wird“, beschwert sich Jens Müller, der seit über elf Jahren mit seiner Werbefirma in dem Haus ansässig ist. Der Umzug koste Geld und viel Arbeitszeit. Doch ihm wurde fristgerecht zum 31. Januar 2015 gekündigt. Dem IT-Fachmann Heiko Amft ergeht es ähnlich. Von einer „geringfügigen Nutzung“ der Gebäude, wie das Landratsamt verbreitet hatte, könne keine Rede sein. „Der aktive Standort von etwa 15 Firmen wird zugunsten des Asylheims geopfert“, beklagt er sich. Das Gebäude, in dem er sowie Müller und einige weitere Unternehmer sitzen, soll noch im ersten Quartal 2015 für die neue Nutzung durch Asylbewerber gerichtet werden.

Teil drei des Gebäudekomplexes ist drei Monate später an der Reihe. „Uns wurde zum 30. April ordentlich gekündigt“, sagt Sabine Fiedel. Sie leitet die gemeinnützige Fortbildungsakademie der Wirtschaft, die seit 2005 als größter Mieter des Komplexes mehrere Etagen nutzt. Gegen die Kündigung machen könne sie sowieso nichts. Sie habe sich bereits auf die Suche nach einem neuen Domizil im Bautzener Stadtgebiet begeben. Vorm Hintergrund des Einzugs der ersten Asylbewerber im Januar sagt sie: „Wir müssen schauen, ob dann die Rahmenbedingungen noch stimmen, denn wir arbeiten mit Rehabilitanten, also kranken Menschen“. Möglicherweise ziehe die Akademie auch schon vorfristig weg.

Stadt will Firmen unterstützen

Auch in diesem Fall kommen Kosten auf das Unternehmen zu. „Wir haben uns zur Hälfte mit eigenen Mitteln am barrierefreien Umbau beteiligt und ein Behinderten-WC errichtet. Das wird diesmal wieder passieren“, sagt Fiedel. Doch die Stadt beruhigt: „Wirtschaftsbürgermeister Michael Böhmer wird sich persönlich darum kümmern, eventuell in Schieflage geratene Unternehmen zu unterstützen“, kündigt Sprecher André Wucht an. Derzeit erarbeite das Amt für Wirtschaftsförderung eine Liste betroffener Unternehmen, die heute vorliegen soll. Sie werden dann zu einem Gespräch eingeladen. Dieses Treffen wird Bürgermeister Böhmer leiten, auch Vertreter des Landkreises werden dabei sein.

Die betroffenen Unternehmen und 150 Anwohner trafen sich gestern zu einer ersten Bürgerversammlung, um über ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Den Standort an der Flinzstraße lehnten sie einhellig ab. Neben der ungewissen Zukunft betroffener Firmen führten sie zur Begründung die ungünstige Lage am Ende einer Sackgasse inmitten von Wohnbebauung an. Zudem betreibt die Volkssolidarität in unmittelbarer Nachbarschaft einen Kindergarten und eine Altentagesbetreuung, einen Steinwurf entfernt ist auch das Sorbische Schulzentrum. Diese Einrichtungen seien über die Pläne nicht mal informiert worden.

Was ist mit der Sicherheit der Schüler?

Grundschulleiterin Annette Natusch bestätigt das. Am Freitag hätten Eltern erste Fragen zur Sicherheit der Schüler gestellt. Einzelne wollen nun von einer Einschulung ihrer Kinder in der Sorbischen Grundschule Abstand nehmen. Da auch das Schulamt des Landratsamts nichts von den Plänen wusste, blieb Annette Natusch ratlos. Das Landratsamt entschuldigte sich bereits für die Panne und verwies auf eine Einwohnerversammlung in seinen Räumen am 24. November um 18 Uhr.