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Ärger über ungepflegte Gräber

Ein Anwohner beschwert sich über den Zustand des Wilsdruffer Ehrenfriedhofes. Die Stadt kündigt Verbesserungen an.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Hauke Heuer

Wilsdruff. Christian Thomas fühlt sich für den Ehrenfriedhof an der Jakobikirche in Wilsdruff verantwortlich. Seine Eltern und einige Bekannte sind hier begraben. Nachdem der gebürtige Wilsdruffer im Jahr 2000 nach 40 Jahren wieder in seine Heimatstadt zurückkehrte, engagiert er sich zunächst in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein auf dem Gelände. Thomas setzte unter anderem neue Kreuze auf die Soldatengräber und strich andere mit frischer Holzschutzfarbe an. Bis heute ist er fast täglich auf dem Friedhof anzutreffen.

Bisher war Thomas mit dem Zustand der Anlage im Großen und Ganzen zufrieden. Doch seit diesem Jahr beobachtet der 83-Jährige, dass das Gelände zusehends verwahrlost. „Die Stiftung Leben und Arbeit, die seit eineinhalb Jahrzehnten für die Pflege des Friedhofes zuständig ist, hatte eigentlich immer gute Arbeit geleistet“, stellt er klar. In diesem Jahr seien jedoch erstmals wichtige Maßnahmen nicht durchgeführt worden.

So liegt in einigen Bereichen des Friedhofes noch das Herbstlaub aus dem vergangenen Jahr. Der Rasen wurde offensichtlich schon seit längerer Zeit nicht mehr gemäht. Die Bepflanzung der Beete sei erst vor einer Woche und damit viel zu spät im Jahr erfolgt, so Thomas. Darüber hinaus wurden die Wege nicht vom Dreck beräumt. Auf der Treppe am Haupteingang der Kirche wächst büschelweise Gras. Auf dem Grab des Wilsdruffer Ehrenbürgers, Stadtrates und Kolonialwarenhändlers Louis Wehner seien wochenlang Holzreste eines Baumes, der gefällt wurde, gelagert worden. Übrig blieben Sägespäne und eine tiefe Kerbe, die der fallende Baum in die Friedhofsmauer schlug.

Thomas stört sich besonders daran, dass der Efeu auf den Gräbern nicht mehr verschnitten wird. Planzungen finden auf den Grabstätten auch nicht mehr statt. „Ich habe auch schon mehrfach selber Hand angelegt. Bei der Stadtverwaltung stieß das auf wenig Gegenliebe. Bürgermeister Rother hat mir schon vor einem Jahrzehnt klargemacht, dass ich hier nicht einfach machen darf, was ich will“, erinnert sich Thomas und lacht.

Der Rentner sieht den Friedhof als ein Aushängeschild der Stadt, das möglichst in einem guten Zustand gehalten werden sollte. „Da die Kirche als Autobahnkirche ausgewiesen wird, kommen mehr Besucher auf das Gelände, als man meinen möchte. Die Menschen sollen eine gepflegte Anlage vorfinden“, sagt Thomas und fügt hinzu, „Wir sollten auch nicht vergessen, dass sich neben dem Denkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Wilsdruffer Soldaten auch ein Gedenkstein für mehrere Kriegstote auf russischer Seite steht. Auch hier waren bereits Angehörige zu Gast. Auch denen sind wir es schuldig, den Friedhof in Schuss zu halten“.

Die Stadt nimmt die Beschwerden durchaus ernst und kündigt für die kommenden Wochen Maßnahmen an. „Wir schätzen die Situation nicht so dramatisch ein. Allerdings müssen wir nach einer Begehung feststellen, dass die Hecken wirklich dringend verschnitten und der Rasen gemäht werden muss. Der jetzige Zustand entspricht auch unseren Vorstellungen nicht“, teilt Bauamtsleiter André Börner mit. Es habe bereits entsprechende Gespräche mit der Stiftung Leben und Arbeit gegeben. Hier sei angekündigt worden, zeitnah aktiv zu werden, so Börner. Der Grund für die nachlässige Pflege des Friedhofes liegt fast schon auf der Hand: Laut Angaben der Stadt habe sich die Stiftung in den vergangenen Monaten auf die Eröffnung der Kulturscheune in Limbach konzentriert. Hier seien viele Arbeitskräfte gebunden gewesen, die nun aber wieder frei werden.

Dem von Thomas gewünschten Verschnitt des Efeus auf den Gräbern erteilt Börner allerdings eine Absage. Die Ruhezeit sei für die letzten Gräber bereits seit Anfang des Jahrtausends abgelaufen und die Stadt nicht mehr verpflichtet, die Gräber zu pflegen. „Natürlich können Angehörige weiterhin Blumen pflanzen. Generell planen wir jedoch, die Gräber mit Efeu überwachsen zu lassen“, erklärt Börner.

Fakt ist: Die Gräber auf dem Ehrenfriedhof sind schon sehr alt und stammen fast ausschließlich aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wollte man den Friedhof wirklich wieder auf Vordermann bringen, müsste man mehrere Dutzend, teils nur noch rudimentär vorhandene Holzkreuze austauschen. Eine umfangreiche Pflege jedes einzelnen Grabes würde viel Geld verschlingen. Geld, das die Stadt offensichtlich lieber an anderer Stelle investiert.