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Ärger mit dem Schülerverkehr

Zwei Jugendliche aus Rehefeld werden zu Schwarzfahrern – unfreiwillig. Dabei wollen sie nur in die nächste Oberschule.

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© Symbolbild. Andreas Weihs

Von Mandy Schaks

Rehefeld. Wenn nach den Herbstferien am Montag die Schule wieder beginnt, geht das Drama für zwei Jugendliche aus Rehefeld-Zaunhaus vermutlich von vorne los. Sie besuchen die Oberschule in Rechenberg-Bienenmühle im benachbarten Landkreis Mittelsachsen. Dorthin fahren sie mit dem Bus. Und dafür brauchen sie ein Ticket. Das haben sie auch, eine sogenannte Schülerverbundkarte vom Verkehrsverbund Mittelsachsen. „Die Schüler haben aber massive Probleme damit“, schilderte Tino Hauffe im Altenberger Stadtrat, zugleich Ortsvorsteher von Rehefeld-Zaunhaus. Sie könnten mit diesem Fahrausweis zwar bis Aue oder Zwickau fahren ohne Zusatzkosten. Doch sie wollen nur bis zur Schule bzw. wieder nach Hause. Aber sobald sie in Hermsdorf oder Neuhermsdorf umsteigen müssen und Boden des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge betreten, kann es zu Schwierigkeiten kommen. Dabei sind es nur noch maximal zwei Haltestellen bis Rehefeld. „Das Problem ist, dass die Fahrkarte hier im Verkehrsverbund Oberelbe nicht anerkannt wird“, so Hauffe. Die Oberschüler sind gewissermaßen Grenzgänger innerhalb von Sachsen, zwischen zwei Landkreisen.

Das bekamen sie auch schon zu spüren. „Sie wurden kontrolliert und mit einem Verwarngeld von 60 Euro wegen Schwarzfahrens belegt“, berichtete Hauffe. „Dabei haben wir Schulpflicht in Sachsen.“ Er findet nur ein Wort dafür: klein kariert. Es müsse doch innerhalb von Sachsen möglich sein, zwischen zwei Landkreisen zu pendeln – ohne Nachteile für Eltern und Schüler. „Wenn jemand unbedingt eine Schule in Thüringen oder eine Spezialschule in Dresden besuchen will, dann ließe ich mir das noch gefallen“, so der Ortsvorsteher, „aber nicht für einen ganz normalen Schulbesuch.“ Zur Stadtratssitzung gab es dazu nur Kopfschütteln, wie schon zuvor in der September-Sitzung im Kreistag.

Hauffe hatte sich nach Pirna auf den Weg gemacht, um die Probleme in der Bürgerfragestunde darzulegen – übrigens nicht zum ersten Mal – und sich für eine gerechte Lösung einzusetzen. Darauf sagte Landrat Michael Geisler (CDU): Das Problem solle zwischen den zwei Zweckverbänden gelöst werden, aber er könne noch nicht sagen, wie. Wochen später zeichnet sich ab: Es scheint keine kurzfristige Lösung zu geben. Hauffe hatte sich parallel an das Landratsamt in Mittelsachsen und den dortigen Verkehrsverbund gewandt. Unisono erklären die Kreisverwaltungen in Pirna und Freiberg auch auf SZ-Nachfrage, dass die beiden Rehefelder Jugendlichen nicht die nächstgelegene Oberschule besuchen, so wie es in den entsprechenden Satzungen geregelt ist – aus dem Blickwinkel der beiden Landkreise. Von Rehefeld bis zu den nächstgelegenen Oberschulen im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in Geising sind es nämlich knapp 22 Autokilometer oder nach Schmiedeberg rund 16 Kilometer, über die Kreisgrenze nach Rechenberg-Bienenmühle nicht mal 14 Kilometer! Gerechnet wird aber offenbar nicht nach Entfernung, sondern Kreisgrenze. Anders ist nicht zu erklären, dass „hier die Anspruchsvoraussetzungen für eine vollumfängliche Organisation und Finanzierung der Schülerbeförderung nicht vorliegen“, wie das Landratsamt Pirna mitteilt. Der Schulweg werde vom Verkehrsverbund Mittelsachsen nur im Rahmen seiner Schülerbeförderungssatzung gefördert. Das bedeutet: „Für den Verkehrsverbund Oberelbe ist ein zusätzliches Ticket auf eigene Kosten notwendig“, heißt es aus dem Landratsamt Freiberg übereinstimmend mit seinen Pirnaer Kollegen. Eine Lösung für das Problem könnte es mit dem Bildungsticket geben, das der Freistaat Sachsen für alle sächsischen Schüler und Azubis bis Herbst 2019 einführen will, stellen die Behörden in Aussicht.

Tino Hauffe findet sich damit nicht ab. „Ich bleibe hier dran, bis eine Lösung gefunden wird.“ Die gab es sogar schon mal. „Als unser Sohn 2004 in Rechenberg-Bienenmühle zur Schule gegangen ist, gab’s eine Fahrkarte, auf der eine Gemeinschaftszone vermerkt war“, erinnert er sich. „Da hatten wir gar keine Hudelei. Es kann doch nicht sein, dass es wieder rückwärtsgeht.“