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Achtung, Rutschgefahr

Eine kleine Straße in Freital wird bei Schneefall zur Eisbahn. Dabei fährt hier der Winterdienst durch, räumt aber nicht.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Immer dann, wenn es frostig wird, müssen sich Autofahrer an der Braunsdorfer Straße in Freital-Wurgwitz auf eine Rutschpartie gefasst machen. „Am Tage schmilzt der Schnee, weil die Straße an einem Südhang liegt“, berichtet Anwohnerin Andrea Kürbis. Das Schmelzwasser würde dann wie ein Bach ins Tal fließen. Sobald aber die Sonne weg ist, erstarren die Rinnsale und die Straße wird zur Eispiste. Nicht nur Autofahrer kämen dann ins Schlingern, so die Anwohnerin: „Das ist auch für Fußgänger kreuzgefährlich. Jeden Tag laufen hier viele Kinder in Richtung Schulbus entlang.“

Und es trifft noch weitere Verkehrsteilnehmer. Ob Müllabfuhr oder Paketdienste – alle haben an der Strecke ihre liebe Mühe, den Berg hinauf oder heil hinabzukommen. Weiter oben dagegen, wo die Fahrbahn auf Wilsdruffer Gemeindegebiet liegt, ist der Winterdienst aktiv. „Was Wilsdruff kann, müsste Freital doch auch schaffen“, meint Andrea Kürbis.

Doch so einfach ist das nicht, denn Freital hat etliche Straßenkilometer mehr als die kleinere Nachbarkommune zu bewirtschaften. „Die Stadt hat das Straßennetz für den Winterdienst deshalb in ein betreutes – nach den Dringlichkeitsstufen I und II untergliedertes – Hauptnetz sowie in ein unbetreutes Nebennetz eingeteilt“, teilt Pressesprecher Matthias Weigel mit.

Zur Stufe 1 gehören die wichtigsten Hauptverbindungen der Stadt, wie beispielsweise die Carl-Thieme-Straße, die Dresdner Straße, die Poisentalstraße, die Wilsdruffer und die Kesselsdorfer Straße oder auch die Rabenauer Straße sowie die Verbindungsstraße zwischen Freital und Pesterwitz. Allein diese Liste umfasst 24 Routen. Unter Stufe zwei sind dann Zubringer zu den wichtigsten Verkehrsadern und untergeordnete Straßen mit erhöhtem Anlieger-Verkehr aufgelistet, insgesamt weitere 69 Fahrbahnen. Auf vielen dieser Strecken verkehren Busse. Auch die Oberhermsdorfer Straße, von der die Braunsdorfer Eispiste abzweigt, zählt zur zweiten Kategorie und wird geräumt.

Der Winterdienst auf Freitaler Flur wird von der städtischen Straßenmeisterei und der Firma Hent Transporte aus Kesselsdorf durchgeführt. Insgesamt gibt es sieben ausgetüftelte Touren, welche von 4 Uhr morgens bis 22.30 Uhr abends von den Räum- und Streufahrzeugen bei Schneefall und Glatteisbildung befahren werden. Für diese Winterdienstsaison ist alles vorbereitet: Im Salzlager der Freitaler Straßenmeisterei sind vorerst 100 Tonnen gebunkert. Weigel: „Weitere 700 Tonnen können kurzfristig abgerufen werden.“

Der Braunsdorfer Straße nützt das nichts. Sie gehört zum unbetreuten Nebennetz. Planmäßig kommt hier kein Freitaler Räumfahrzeug durch. „Ausgewählten Straßen des Nebennetzes können nur bei extremen Winterereignissen, und wenn das Hauptnetz vollständig befahrbar ist, geräumt werden“, erklärt der Pressesprecher. So werden an „sensiblen Stellen“, dazu zählen steile Abschnitte, Streusand-Selbsthilfeboxen aufgestellt. Eine solche ist auf der Braunsdorfer aber nicht zu finden.

Stattdessen müssen die Anlieger, darunter mehrere Gewerbetreibende, zuschauen, wie der Wilsdruffer Winterdienst auf ihrer Straße entlangfährt – ohne zu räumen. „Die kommen immer die Hauptstraße aus Oberhermsdorf herunter und biegen auf ihrer Tour dann in die Braunsdorfer ein“, berichtet Andrea Kürbis. Weil Wilsdruff aber nicht für Freitals Winterdienst zuständig ist, bleibt der Schiebeschild auf den etwa 500 Metern oben. Das sorgt für Kopfschütteln. „Ich frage mich, ob es nicht möglich ist, mal mit Wilsdruff zu reden, dass die das gleich mitmachen“, schlägt Andrea Kürbis vor.

In Wilsdruff hätte man damit auch gar kein Problem, sagt Bauamtsleiter André Börner. „Wenn Freital das möchte und bezahlt, räumen wir die Strecke mit.“ Diese unbürokratische Lösung könne man gerne mal miteinander besprechen.

Im Freitaler Rathaus kennt man das Problem inzwischen – es wurde öffentlich bei einer Einwohnerversammlung des Wurgwitzer Ortschaftsrates aufgeworfen. Der fand Mitte November statt. Anwesend war damals auch der Baubürgermeister Jörg-Peter Schautz, dem die Straßenmeisterei untersteht. Dennoch sieht man bei der Stadtverwaltung vorerst keinen Handlungsbedarf: „Die Braunsdorfer Straße ist nicht im Winterdienstnetz aufgenommen, da diese Anliegerstraße eine sehr untergeordnete Bedeutung im Verkehrsnetz hat“, sagt Pressesprecher Weigel.

Viele Anwohner ärgern sich auch deshalb so, weil sie sich gezwungen sehen, selbst zur Schippe zu greifen. „Sonst kämen wir nicht mal unfallfrei mit dem Auto auf die Straße. Unsere Nachbarn machen es auch so“, berichtet Andrea Kürbis. Eigentlich aber sei es doch Sache der Kommune, die öffentliche Straße zu räumen, meinen die Anwohner. Meinen sie. Tatsächlich ist die Lage etwas anderes: Auf den unbetreuten Nebenstraße lägen die Winterdienstpflichten bei den Anliegern, heißt es aus dem Freitaler Rathaus.