Merken

Abschied von der Schule im Grünen

Der Direktor des Nossener Gymnasiums geht in Rente und schaut auf eine erfolgreiche Zeit zurück. Im neuen Schuljahr übernimmt ein Meißner Kollege.

Teilen
Folgen
NEU!
© Andreas Weihs

Von Marcus Herrmann

Mit 64 Jahren räumt der Chef seinen Schreibtisch. Genau zur richtigen Zeit, findet Karsten Zeibig. Zwar strahlt in seinen Augen ein ungebrochen energievoller Glanz, wenn er über das Gymnasium spricht, das er 16 Jahre lang geführt hatte. „Aber ich merke, dass ich jetzt langsam genug habe von emotionaler Anspannung. Jetzt werde ich noch ein paar schöne Fotos vom Fenster an meinem Schreibtisch aus in Richtung Schloss machen und dann ist gut“, so der gebürtige Riesaer.

In Leipzig hatte der Lehrer für Mathematik und Physik 1978 begonnen, wechselte 1982 an die polytechnische Oberschule nach Röderau und später als Leiter an das Max-Planck-Gymnasium in Riesa. Als der Standort nach der Wende geschlossen wurde, musste sich Zeibig nach etwas anderem umschauen. „Da war die Stelle als Direktor in Nossen frei. Rückblickend war es hier am Gymnasium eine Zeit, die ich geliebt habe“, sagt der Bald-Ruheständler, der mit seiner Frau in einem Haus in Riesa wohnt. Anfangs konnte er davon noch nicht ausgehen. Ältere Bilder künden von einem bedauernswerten baulichen Zustand des Geschwister-Scholl-Gymnasiums kurz nach der Jahrtausendwende.

„Es sah aus wie in einer Russenkaserne“, erzählt Zeibig offen. Doch wenig später ist klar, dass der Landkreis der Schule eine Bestandsgarantie gibt. Zunächst wird 2003 eine neue Turnhalle gebaut, die Häuser I und II werden 2006 saniert und 2011 erfolgt der Erweiterungsbau. „Heute gibt es sehr gute Bedingungen für den naturwissenschaftlichen Unterricht, drei Informatikkabinette. Und seit 2016 besitzen wir zwei Klassensätze Tablets“, sagt der Lehrer erfreut.

Vieles, was geschafft wurde, sei der großen Unterstützung durch den Schulträger – den Landkreis Meißen – zu verdanken, so Zeibig. Und was sieht er rückblickend als eigenen Erfolg an? Hier muss der Leiter eine Weile überlegen. Denn alles Positive sei im Team mit den etwa 60 Lehrern und 700 Schülern, Elternvertretern und Förderverein geschafft worden, niemals allein.

Natürlich gebe es sichtbare Erfolge. Er nennt die eigene Druckerei, die gut ausgestattete Bibliothek, den Schulforst im Grünen, den eigenen Bandraum für Schüler oder das beachtliche Ganztagsangebot mit Chor, Fotografie, gesundem Kochen oder Schach. Wichtiger ist ihm aber zu betonen, dass im Nossener Gymnasium in den letzten Jahren eine Atmosphäre aufgebaut wurde, die dem Schulmotto „Gemeinschaft-Leistung-Lebensfreude“ alle Ehre mache. „Mir war immer wichtig, dass alle Schüler möglichst früh Verantwortung tragen. Darum planen etwa die Achtklässler immer die Auftaktveranstaltung im Schuljahr, die Zehntklässler den Abschluss.“

Unter den Lehrern herrsche ein Klima des Verständnisses. Hinter Konflikten, die vorkommen und das auch müssten, werde stets die Chance gesehen, neue Wege zu gehen. Das habe in Nossen immer geklappt. „Und“, ergänzt Karsten Zeibig „wir bieten einen Rahmen, indem sich Persönlichkeiten entwickeln können.“

Dass ihm das wohl ganz gut gelungen sei, habe sich bei dem liebevollen Abschied von seinen Schülern und Kollegen gezeigt. Nun gälte es, Platz zu machen für den Nachfolger und diesem alles Gute zu wünschen. Mit Bert Xylander steht ein neuer Leiter für das Gymnasium schon in den Startlöchern. Er kommt vom Meißner Landesgymnasium St. Afra und war hier zuletzt stellvertretender Schulleiter.

„Er besitzt vor allem im technischen Bereich, in der Informatik, Digitalisierung und den modernen Medien hohe Kompetenz. Damit wird er einen guten Weg in die Zukunft mitgestalten“, ist Zeibig sicher. Vier fünfte Klassen beginnen im neuen Schuljahr in Nossen. Für sie, hofft der scheidende Schulleiter, sollte sich der Sonnenschutz im Haus III verbessern und drückt damit einen Wunsch für die Zukunft aus. Hitzefrei gebe es am Nossener Gymnasium nämlich fast nie. „Wir sind hier im ländlichen Raum. Es kühlt sich wesentlich besser ab als in der Stadt. Darum kam das für mich selten infrage“, sagt er. Trotzdem könnten ein paar neue technische Vorrichtungen nicht schaden.

Und was macht Zeibig nun mit der neuen Freiheit? „Ich will mein Englisch auffrischen. Denn mein Sohn lebt gerade in den USA“, sagt der zweifache Familienvater, der auch noch eine Tochter hat. Natürlich wolle er auch mehr Zeit mit seiner Frau verbringen. Seit 1976 sind die beiden verheiratet. Fahrradfahren, Spazieren gehen und Verreisen stehen auf dem Programm. „Und ich möchte Gitarre spielen lernen“, so der Hobbymusiker, der in einer Band Schlagzeug spielt und singt. Den Ton angeben kann Zeibig eben, wenn er auch gerne einen leisen anschlägt. In Nossen hat er das 16 Jahre lang getan. Nun ist Zeit für einen Neuanfang.