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Abschied vom Kraftwerk

Die Hirschfelder Stiftung muss das ehemalige Maschinenhaus aufgeben. Andernorts geht es allerdings weiter.

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Hirschfelde. In den nächsten Monaten wird Anja Nixdorf-Munkwitz noch das eine oder andere Male die große Eingangstür zum ehemaligen Hirschfelder Kraftwerksmuseum öffnen. Der Eigentümer des Gebäudes, die Lausitz Energie Bergbau AG (Leag), hat in der jüngsten Vorstandssitzung der Kraftwerksstiftung eine sechsmonatige Verlängerung zugesagt. In dieser Zeit sollen weitere Exponate verschenkt oder verkauft werden. Ein Teil der Museumsstücke muss wahrscheinlich verschrottet werden. „Wir werden nach den sechs Monaten wohl keine besenfreie Halle übergeben“, glaubt Frau Nixdorf-Munkwitz.

Nach Angaben der Stiftungsmanagerin sind 80 Prozent der historisch wertvollen Exponate in anderen Museen oder Sammlungen untergebracht. So steht zum Beispiel die Dampfspeicherlok jetzt in Liberec, sehr viele Stücke sind in den Bergbautechnikpark nach Großpösna bei Leipzig gegangen und in das Erfurter Elektromuseum. Die große Dampfmaschine hat die Industriekultur-Initiative aus Wilsdruff abgeholt und die große AEG-Gegendruck-Dampfturbine steht nun in Werdau im Erzgebirge.

Bei einigen dieser Stücke sei noch kein Transport an den neuen Standort möglich gewesen. Es fehlten zum Teil Lagermöglichkeiten, manchmal gab es aber auch ganz praktische Probleme beim Auseinanderbauen der riesigen Exponate, die eine Umsetzung bisher verhinderten. Das soll 2018 erfolgen. So wird beispielsweise der Schriftverkehr vom Kraftwerk Hagenwerder im Frühjahr ins Kreisarchiv nach Zittau gebracht. Die Dokumente vom Kraftwerk Hirschfelde sind vor einigen Tagen dorthin umgezogen. „Es gibt dafür keinen besseren Ort als das Kreisarchiv“, findet Frau Nixdorf-Munkwitz. Es ist die letzte Aufgabe gewesen, die dieses Jahr noch erledigt wurde.

Gleich im neuen Jahr geht es wieder los. Neben der weiteren Auflösung der Sammlung muss Anja Nixdorf-Munkwitz dann parallel ein neues Büro einrichten. Ab Anfang Januar hat die 2009 von Vattenfall, dem früheren Eigentümer des Kraftwerksgeländes und der darauf noch stehenden Gebäude, gegründete Stiftung „Kraftwerk Hirschfelde“ ihren Sitz im Zittauer Salzhaus. Das Objekt sei zentral gelegen, und man könne sich hier zu guten Konditionen einmieten, erklärt die Stiftungsmanagerin.

Als vor Monaten klar war, dass die Stiftung ihre Büroräume im ehemaligen Kraftwerksgebäude räumen muss, hatte die Stiftungsmanagerin mehrere Möglichkeiten geprüft. Vor allem in Hirschfelde, aber auch in Zittau. „Die Alternativen in Hirschfelde sind nicht zum Tragen gekommen“, erklärt Frau Nixdorf-Munkwitz. So auch die Möglichkeit, in das Eck-Laubenhaus am Markt zu ziehen. Die notwendige Sanierung des Objektes sei mittelfristig eher unwahrscheinlich gewesen, sagt die Stiftungsmanagerin. So lange könne sie aber nicht warten, fügt sie hinzu.

Da die Stiftung ihren Sitz auf Wunsch der Stifter im Süden des Landkreises haben soll, sind deshalb vor allem Räumlichkeiten in Zittau geprüft worden. Mit dem Ergebnis, dass die Stiftung vorerst im Salzhaus zu finden sein wird. Der Mietvertrag mit der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft des Landkreises läuft erst mal ein Jahr. Denn das Salzhaus soll noch nicht der endgültige Stiftungssitz sein. Im Auge hat Anja Nixdorf-Munkwitz dafür eher die Mandauhöfe an der Äußeren Oybiner Straße. Dortige Räume müssten aber erst hergerichtet werden. „Das sollte 2018 passieren“, hofft die Stiftungsmanagerin. Es sei gegebenenfalls aber auch möglich, den Mietvertrag im Salzhaus zu verlängern.

Mit dem Umzug ins Salzhaus verabschiedet sich die Kraftwerksstiftung von Hirschfelde. Das Kraftwerksmuseum ist bereits seit Anfang Juni für Besucher geschlossen, der Förderverein löst sich gerade auf. Ein großes Kapitel in der Industriegeschichte des Oberlausitzer Braunkohlereviers findet damit sein endgültiges Ende. Künftig erinnern nur noch ein paar einzelne Exponate wie das Bergarbeiterdenkmal, das bisher vor dem Museumseingang stand und jüngst ins Ortszentrum umgesetzt wurde, an die Kraftwerksgeschichte.

Der Abschied von Hirschfelde bringt neue Aufgaben für die Stiftung. Anja Nixdorf-Munkwitz hat zwei große Bereiche im Blick. Zum einen kann sich die Stiftung verstärkt um die Geschichtsarbeit kümmern. Dabei soll eng mit Vereinen zusammengearbeitet werden, die sich mit Industriegeschichte beschäftigen. Wie viel Interesse die Vereine daran haben, kann die Stiftungsmanagerin zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Bedarf sieht sie aber auf jeden Fall. Allein bei der Leag seien über 4 000 Menschen in Seniorenvereinen organisiert, die oft nur wenig voneinander wissen und besser vernetzt werden könnten.

Zum anderen könnte sich die Stiftung künftig um leer stehende Industriegebäude kümmern. Es gebe viele schöne Immobilien, nur stehen viele eben auch leer, meint Frau Nixdorf-Munkwitz. Während in Dresden, Leipzig und Chemnitz Räume knapp werden, bieten ländliche Gegenden noch reichlich Möglichkeiten. Die müssen aber auch angeboten werden, findet die Stiftungsmanagerin. Hier will die Kraftwerksstiftung Unterstützung leisten und Anbieter und Nachfrager zusammenbringen.

Noch habe der Vorstand keine endgültige Entscheidung getroffen, welcher Aufgabe sich die Stiftung in Zukunft widmen soll. Bei der nächsten Sitzung im März soll dies erfolgen, erklärt Frau Nixdorf-Munkwitz. Es könnten sowohl beide Bereiche bearbeitet oder nur eines verstärkt angegangen werden. Sie selbst will die Aufgaben weiter mitgestalten. Zwischenzeitlich war immer wieder die Rede davon, dass sie die Stiftung verlassen wird. Sie habe zwar ein Angebot bekommen, eine namhafte Stiftung in Dresden zu leiten, sagt Frau Nixdorf-Munkwitz, sie habe die Offerte aber ausgeschlagen. Ihr sei in den zurückliegenden sechs Monaten klar geworden, dass sie nicht für beide Stiftungen gleichzeitig tätig sein könne. Sie habe sich deshalb für die Kraftwerksstiftung entschieden, die ihr sehr am Herzen liege.