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Abschied vom eigenen Laden

Die Modegalerie Näfelt schließt nach 25 Jahren. Das Geschäft an der Neugersdorfer Hauptstraße wird aber nicht lange leer stehen.

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© Rafael Sampedro

Von Romy Altmann-Kühr

Neugersdorf. Das berühmte weinende und lachende Auge wird auch Heidrun Näfelt haben, wenn sie am 23. November das letzte Mal ihre Ladentüre an der Neugersdorfer Hauptstraße zuschließt. Dann geht sie nämlich nicht nur in den Feierabend, sondern gleichzeitig in den Ruhestand. Nach 25 Jahren in ihrem eigenen Modeladen. Selbstständig ist die Neugersdorferin schon ein paar Jahre länger, gleich nach der Wende gründete sie mit ihrem Mann eine eigene Firma. Ein Vertrieb für Lederwaren war das.

Da wohnte die gebürtige Neugersdorferin noch in Halle. Dorthin war sie als junge Frau nach der Ausbildung gezogen. Sie hatte Bankkauffrau gelernt und ein Studium als Finanzökonom absolviert. Aus beruflichen Gründen zogen Näfelts dann nach Halle. „30 Jahre haben wir in Halle gewohnt“, erzählt Heidrun Näfelt. Die Rückkehr nach Neugersdorf kam quasi zusammen mit der Geschäftseröffnung ihres Modeladens 1993. Im Haus ihres Großvaters an der Hauptstraße hatte sich schon immer ein Ladengeschäft im Erdgeschoss befunden. Früher verkaufte der Opa hier Kunstblumen. Im hinteren Teil des Grundstücks war seine Kunstblumenfabrik, „Blumen-Mai“ war in der Gegend bekannt. Später waren verschiedene Drogisten eingemietet, zuletzt die in Neugersdorf bekannte Hoppe-Drogerie. Als der Inhaber die Drogerie aufgab und sich einer anderen Tätigkeit widmete, kamen Heidrun Näfelt und ihr Mann auf die Idee, nicht wieder zu vermieten, sondern selbst einen Laden aufzumachen. Also ging’s zurück nach Neugersdorf, in die alte Heimatstadt. Dort musste das Haus erstmal auf Vordermann gebracht werden. „Es war damals etwa 100 Jahre alt“, erzählt Frau Näfelt. „Und fast genauso lange war nichts daran gemacht worden.“ Näfelts sanierten es von Grund auf.

Womit sie handeln wollte, wusste die Neugersdorferin auch gleich genau. „Mode hat mich schon immer interessiert.“ Also kaufte sie Ware ein und legte los. Der Entschluss stand ziemlich schnell fest. „Denn im Modebereich muss man fast ein Jahr im Voraus Ware einkaufen“, berichtet die Geschäfts-Inhaberin. Von Anfang an war es ihr wichtig, nicht in den Billigsektor zu gehen. „Ich bin immer in der mittleren Preislage geblieben, die Kunden haben das gut angenommen.“ Heidrun Näfelt war beinahe selbst überrascht, wie gut das Geschäft lief – von Anfang an. Gerade in der Anfangsphase in den 1990ern war es keine Seltenheit, dass früh schon etliche Leute vor dem Laden standen, als sie die Tür aufschloss. „Es war wohl eine günstige Zeit damals“, vermutet die Händlerin. Heute, da ist sie sicher, wäre es nicht mehr so einfach, einen Laden zu eröffnen, Kredite zu bekommen, Kundschaft zu begeistern. „Ich habe inzwischen viele Stammkunden“, benennt sie einen Teil ihres Erfolges.

Sie schätzen wohl vor allem die persönliche Beratung. „Der Kontakt zu den Kunden ist mir sehr wichtig, viele kenne ich mittlerweile schon lange. Ich bin dankbar, dass sie mir über so viele Jahre die Treue gehalten haben.“ Entsprechend traurig seien viele, dass sie nun schließt. Da seien auch schon ein paar Tränen geflossen, erzählt Frau Näfelt. Sie sagt aber: „Am schönsten ist es doch, wenn man aufhören kann, solange es Spaß macht. Und nicht, wenn man es aus wirtschaftlichen Gründen muss.“ Immerhin hätte sie mit 74 schon längst in Rente gehen können. „Aber ich habe immer gern gearbeitet.“

Bis Ende November will sie den Laden offen halten. „Den Feuerzauber nehme ich noch mit, da lasse ich mir was Besonderes einfallen“, sagt Frau Näfelt. Der beliebte Verkaufsabend in Neugersdorf ist am 16. November. Eine Woche bleibt der Laden danach noch offen. Dann wird ausgeräumt. Was bis dahin nicht über den Ladentisch ging, kauft ein Händler auf. Langweilen wird sie sich sicher nicht in ihrem neuen Lebensabschnitt, sagt die 74-Jährige. Der Garten ist groß, ebenso der Bewegungsdrang. „Wir fahren Rad und wandern gern“, sagt sie über die Hobbys von sich und ihrem Mann. Das werden sie jetzt öfter tun. Ebenso wie Freunde und Bekannte besuchen, zum Beispiel am ehemaligen Wohnort Halle. Trotz Zeitmangel, den die Arbeit im eigenen Geschäft mit sich brachte, haben sie immer alte Kontakte gepflegt. „Unsere Freunde freuen sich jetzt, dass wir uns künftig öfter sehen werden. Die warten schon drauf.“

Ab 1. Dezember schon ist ein neuer Mieter im Geschäft – das Sanitätshaus Busch, wie Frau Näfelt erzählt. Das Unternehmen, das bisher im Neugersdorfer Ärztehaus ansässig ist, wird den Laden renovieren und ab dem neuen Jahr hier an der Hauptstraße verkaufen. Frau Näfelt hätte auch andere Mieter gefunden, erzählt sie. Nachfrage war durchaus da. „Wir konnten uns den Mieter aussuchen“, ist sie froh.

Das ist für sie ein Zeichen: Neugersdorf ist eine lebendige Stadt. „Wir haben hier alles, was man braucht. Nicht nur Geschäfte, auch Einrichtungen“, sagt die Neugersdorferin. Banken, Ärzte, Apotheke nennt sie als Beispiele. Hinzu kämen viele Fachgeschäfte, zum Beispiel ein großer Bio-Laden, ein Schuhfachgeschäft. „Ich kenne keinen Ort in der näheren Umgebung, wo so viel angeboten wird.“