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„Abschied“ am Promenadenring

Der Bestatter Michael Mrochem ist mit seinem Unternehmen in Löbau umgezogen. Er erklärt die aktuellen Trends seiner Branche.

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© Rafael Sampedro

Von Markus van Appeldorn

Leerstand von Geschäftslokalen macht sich in keiner Stadt gut. Ausgerechnet ein Bestatter belebt jetzt die Ladenzeile am Promenadenring direkt am Kreisverkehr. Der Bestatter Michael Mrochem hat hier mit seinem Bestattungshaus „Abschied“ eine repräsentative Adresse bezogen. Bisher betrieb er sein Unternehmen in der Eichelgasse in einem Haus mit historischer Gewölbedecke – eine würdige Umgebung für ein Bestattungsunternehmen, doch das ist es nicht allein.

Vor allem strategische Gründe führt Michael Mrochem für seinen Umzug an. „Es kommen viele ältere Menschen zu mir. Aber die konnten vor meinem Geschäft in der Eichelgasse nicht ihr Auto abstellen. Da gab’s innerhalb weniger Minuten ein Knöllchen“, sagt er. Auch sei die Lage in der engen Gasse zu versteckt. „Ich musste vielen Kunden von außerhalb am Telefon umständlich erklären, wie sie zu mir kommen“, erzählt er. Die Baustellen- und Umleitungs-Situation in den letzten Jahren habe das Problem verschärft. „Ich will es meinen Kunden möglichst leicht machen“, sagt er. Am neuen Standort sei der Parkplatz am Nicolaiplatz nur wenige Schritte entfernt. Und auch seinen Leichenwagen müsse er am neuen Standort nicht mehr auf der Straße abstellen. „Hier hat sich nie einer meiner Nachbarn darüber beschwert. Aber ich weiß, dass so ein Fahrzeug schon auf manche Menschen abschreckend wirken kann.“ Außerdem sei ihm sein altes Ladenlokal zu groß. „Ich hatte in der Eichelgasse 112 Quadratmeter, so viel brauche ich gar nicht. Die 77 im neuen Lokal langen völlig.“

Michael Mrochem ist ein Quereinsteiger in der Branche. Erst 2014 machte er sich selbstständig. Ursprünglich hat der 58-Jährige den Beruf des Mechanikers gelernt. Doch als die DDR unterging, war für ihn bei der einstigen Schlafdecken-Fabrik Vegro in der Fichtestraße Schicht. Das Arbeitsamt hatte nur noch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Angebot. Der Tod wurde seine neue Existenz. Erst arbeitete er viele Jahre bei einem Löbauer Bestattungsunternehmer. Als dort der Eigentümer wechselte, entschied er sich für die Selbstständigkeit. Erlernt hat er den Beruf des Bestatters nie, auch nicht durch eine Umschulung. Mit den Jahren hat er sich alle nötigen Kenntnisse selbst angeeignet.

„Ich mache meinen Beruf gerne“, sagt er, und es ist eine wichtige Dienstleistung für die Verstorbenen und ihre Angehörigen. Denn neben der eigentlichen Bestattung verursacht ein Sterbefall vor allem bürokratischen und organisatorischen Aufwand. „Ich will, dass meine Kunden in aller Ruhe trauern können und ihnen jeglichen Aufwand abnehmen. Michael Mrochem kümmert sich um sämtliche Behördenbelange, den Pfarrer oder Trauerredner oder auch den Steinmetz. „Vor allem ist es ganz wichtig, jede Trauerfeier individuell zu gestalten.“ Jede Trauerfeier müsse der Persönlichkeit des Verstorbenen gerecht werden.

Rund 90 Bestattungen organisiert Mrochem im Jahr. Die Branche hat sich in den letzten Jahren komplett gewandelt. Nach aufwendigen Särgen fragt heute kaum noch ein Kunde. „Zu 90 Prozent haben wir heute Urnenbeisetzungen“, sagt er. Deshalb betreibt er auch keinen großen Schauraum für Särge, sondern hat ein gutes Dutzend Urnen in seinem Laden ausgestellt, in sämtlichen Farben. „Es gibt sogar welche aus Eichenholz“, sagt Mrochem.

Er findet diesen Trend ein bisschen schade. „Ich finde eine Sargbestattung irgendwie schöner. Das ist feierlicher“, sagt er. Bei dem Trend nach der Urne geht’s nicht etwa ums Geld. Im Gegenteil. „Der Trend geht im Moment zu Urnengemeinschaftsanlagen“, sagt Michael Mrochem. Die Beisetzung in einer solchen Anlage sei wesentlich teurer als eine Grabstelle für einen Sarg. Aber: „Viele Menschen wollen sich heute den Aufwand der Grabpflege ersparen“, nennt er einen Aspekt – mitunter auch durchaus auf Wunsch der Verstorbenen. Auch Friedwälder, wie demnächst einer in Markersdorf bei Görlitz entsteht, würden immer beliebter. „Da kann man sich die Grabstelle aber nicht aussuchen, die bestimmt dann der Förster“, sagt Mrochem.

Auch Seebestattungen würden mittlerweile stark nachgefragt. „Das ist tatsächlich mit die günstigste Art einer Beisetzung“, sagt Michael Mrochem. Er arbeitet dabei mit einer Seebestattungs-Reederei in Rostock zusammen. „Die richten auf ihrem Schiff zwar auch Trauerfeiern aus, aber es kommt durchaus vor, dass eine Urne völlig ohne Angehörige auf die Reise an die Ostsee geht“, erzählt Bestatter Mrochem.