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Abgewrackt am Straßenrand

Immer wieder rufen nicht angemeldete Autos das Dresdner Ordnungsamt auf den Plan. Abgeholt werden nicht nur Schrottkarren.

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© Christian Juppe

Von Henry Berndt

Zugegeben, der rote Ford Mondeo hat schon bessere Tage erlebt. Traurig und verlassen steht er seit Monaten auf der Saalhausener Straße, direkt gegenüber der Grundschule Naußlitz. Nummernschilder hat der Wagen schon lange keine mehr. Langsam versinken die Räder im Herbstlaub. Immerhin, ein Kuscheltier, das anfangs noch auf der Rückbank lag, ist inzwischen verschwunden. Einfach vergessen wurde das Auto also offensichtlich nicht.

Wenn auch die letzte Frist verstrichen ist, landen die in Dresden „vergessenen“ Autos auf dem Gelände der Scholz Recycling GmbH in Klotzsche.
Wenn auch die letzte Frist verstrichen ist, landen die in Dresden „vergessenen“ Autos auf dem Gelände der Scholz Recycling GmbH in Klotzsche. © Hendrik Fritsche

Doch auch wenn sich sein Besitzer nicht darum schert, dass sein Wagen an dieser Stelle die halbe Straße blockiert – ewig wird der Ford dort nicht mehr stehen. Seit 9. Oktober schmückt seine Windschutzscheibe ein roter Aufkleber, mit dem Wappen der Landeshauptstadt. „Wer als Verantwortlicher (...) Autowracks ordnungswidrig abstellt, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße bis zu 500 Euro belegt werden“, ist darauf zu lesen. „Unverzüglich“ oder spätestens bis zum 9. November müsse die „unerlaubte Straßennutzung“ beendet werden – sonst kommt der Abschleppdienst. Rechtsgrundlage dafür ist dem Ordnungsamt zufolge das Sächsische Straßengesetz.

Auch wenn die wenigsten Wracks am Straßenrand so prominent parken wie dieser Ford, so ist diese Ordnungswidrigkeit doch alles andere als ein Einzelfall. Allein in diesem Jahr registrierte das Ordnungsamt im öffentlichen Straßenraum bereits 624 nicht zugelassene Fahrzeuge. Wie viele davon nach der einmonatigen Frist abgeschleppt wurden, ist nicht bekannt.

Es ist müßig, darüber zu spekulieren, was die Halter dazu veranlasste, ihre Autos so abzustellen. Manch einer plante womöglich gerade den Verkauf des Wagens und meldete es deswegen ab. Andere wollten sich vielleicht einfach Aufwand und Kosten für die Verschrottung sparen.

Doch dieser Plan dürfte in der Regel nach hinten losgehen. Auch ohne

Nummernschild können Fahrzeuge dank ihrer weltweit einmaligen Fahrzeug-Identifizierungsnummer fast immer einem Halter zugeordnet werden. „Ist im Nachhinein ein Verantwortlicher auffindbar, werden die Kosten per Kostenbescheid übertragen“, stellt das Ordnungsamt klar. Gemeint sind die Abschleppkosten. Dazu kommt dann noch das Bußgeld. Spätestens dann dürfte sich der Halter ärgern, dass er sein Auto nicht doch auf den Schrottplatz gebracht hat, zum Beispiel zur Autoverwertung Dresden GmbH auf der Magazinstraße. Das hätte ihn nämlich keinen Cent gekostet. „Wir haben uns gegenüber den Herstellern verpflichtet, jedes komplette und müllfreie Fahrzeug kostenlos entgegenzunehmen“, sagt Jens Philipp. Nur, wenn ein Transport nötig ist, müsse der bezahlt werden. Es ist noch nicht lange her, da gab es hier selbst für die älteste Klapperkiste sogar noch ein paar Euro. Seit der Schrottpreis gefallen ist, gibt es aber vorerst nichts mehr. „Durch die Umweltprämie haben wir in letzter Zeit auch besonders viele Autos bekommen“, sagt Philipp.

Wer sein Auto trotzdem lieber wochenlang unangemeldet auf der Straße stehen lässt, der dürfte es bald in einer Lagerhalle in Klotzsche wiederfinden – wenn er denn möchte. Im Auftrag der Stadt ist die Scholz Recycling GmbH für den Abtransport und die zeitweise Lagerung der ausgedienten Autos zuständig. Einmal in der Halle in Klotzsche angekommen, gibt es für die Fahrzeuge drei Möglichkeiten: Entweder sie werden wieder abgeholt, versteigert oder verschrottet. In den allermeisten Fällen gelingt es dem Ordnungsamt, den Halter noch ausfindig zu machen. „Die, die dableiben, sind zu 99 Prozent Schrott“, sagt Standortleiter Hendrik Fritsche. „Wir hatten aber auch schon hochwertige Autos, die bei der Versteigerung fünfstellige Beträge gebracht haben.“ Die Geschichten, die diese Autos erzählen, sind oft rätselhaft.

Was bleibt, sind ein paar Euro für die Stadtkasse. Für die Onlineauktionen nutzt das Ordnungsamt die Plattform www.zoll--auktion.de. Zuletzt bot die Abteilung Gemeindlicher Vollzugsdienst hier allerdings nur einen reparaturbedürftigen Anhänger an. Mindestgebot: 200 Euro.