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Abgefahren am Hafen

Mehr als 40 000 Container gehen pro Jahr durch den Riesaer Hafen. Dort sind auch mal Pferde drin.

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© Brühl

Von Kevin Schwarzbach

Riesa. Den Riesaer Hafen gibt es seit 130 Jahren. Deshalb bot die Betreibergesellschaft Sächsische Binnenhäfen Oberelbe (SBO) den Besuchern am Wochenende etwas Besonderes: Im Führerstand einer hauseigenen Diesellok tuckern Gruppen von je einem Dutzend Menschen über die Schienen, wo sonst nur Container transportiert werden. Daneben hält ein Bus und sammelt Besucher auf, die bei einer Rundfahrt das Gelände kennenlernen wollen.

Auf dem Wasser gab es allerdings nur Rundfahrten mit kleinen Booten: Der angekündigte Besuch des Dampfers „Meißen“ hatte wegen des Wasserstandes abgesagt werden mussten. Dafür gab es am Rand viele Attraktionen – etwa Pferdestall-Container.
Auf dem Wasser gab es allerdings nur Rundfahrten mit kleinen Booten: Der angekündigte Besuch des Dampfers „Meißen“ hatte wegen des Wasserstandes abgesagt werden mussten. Dafür gab es am Rand viele Attraktionen – etwa Pferdestall-Container. © Brühl

„Ein Hafen ist deutlich vielseitiger, als die Meisten denken“, sagt Heiko Loroff, Geschäftsführer der SBO. „Die Leute kennen nur den Kran, den man schon aus der Ferne sieht. Aber bei uns arbeiten Menschen aus zahlreichen Berufsfeldern. Das reicht vom Rechtsanwalt über den Bauingenieur bis zum Schlosser.“ Und auch sonst hat der Hafen einige Kuriositäten zu bieten, die für die Mitarbeiter Alltag sind, Außenstehende aber überraschen. So wird am Riesaer Hafen beispielsweise regelmäßig Wein umgeschlagen. Der kommt aber nicht etwa in Flaschen und Kisten an, sondern schwimmt sozusagen in den Containern. „Dazu wird eine sogenannte Tankblase in den Container gesetzt, in der die Flüssigkeit dann transportiert wird“, erklärt Heiko Loroff. „Neben Wein können das Flüssigkeiten aller Art sein, manchmal auch gelartige Substanzen.“

Und warum beschäftigt man Bauingenieure und Schlosser am Hafen? „Die Arbeit ist heutzutage eine andere als früher“, sagt Loroff. „Unsere Mitarbeiter warten und reparieren alle Container, die über unser Gelände gehen. Dazu werden Umbauten für Sondertransporte angefertigt. All das muss mit entsprechendem Fachwissen geplant und umgesetzt werden.“

Eines dieser Beispiele für die Arbeit am Riesaer Hafen können die aufmerksamen Besucher auf dem Festgelände entdecken. Ein Container, der auf einer der langen Seiten keine blickdichte Metallwand mehr hat, sondern jetzt mit Türen und Fenstern versehen ist. Dazu gibt es Strom- und Wasseranschlüsse. Spätestens nach dem dritten Blick erkennt der Betrachter die typische Optik einer Pferdebox. Mit der bringt die SBO für ihre Kunden deren Pferde zu Turnieren und holt sie dort auch wieder ab.

Doch die Box steht am vergangenen Wochenende etwas abseits. Schließlich braucht ein Fest mit Tausenden Gästen seinen Platz. Und so waren die rund 65 Mitarbeiter des Hafens schon Tage im Voraus mit dem Umräumen beschäftigt. „Wir haben derzeit 889 Container auf dem Gelände und die stehen normalerweise genau vor der Servicehalle“, sagt Heiko Loroff. „Unsere Jungs waren seit Dienstag damit beschäftigt, die Container überall zu verteilen und dabei trotzdem nicht unsere aktuellen Aufträge aus dem Blick zu verlieren.“

Die sind laut Loroff derzeit zahlreich. Fast die gesamte regionale Wirtschaft arbeitet auf irgendeine Weise mit dem Hafen zusammen. Deshalb landen vor allem Holz, Stahl und Chemie in den Containern. Aber auch mal sensiblere Produkte wie Medizintechnik. „Manchmal kennen wir den Inhalt aber gar nicht, weil der Kunde Wert darauf legt“, sagt Loroff. Bei fast 45 000 Containern, die pro Jahr umgeschlagen werden, ist das auch nicht bis ins Detail möglich. Sieben Züge pro Woche fahren im Auftrag der SBO ab Riesa, zweimal die Woche Schiffe – wenn die Elbe mitspielt. Derzeit ist allerdings der Wasserstand so niedrig, dass die angekündigte Dampferfahrt ausfallen musste.

Das Hafenfest sieht die SBO gleichermaßen als Informationsveranstaltung und Danksagung. Dementsprechend groß ist die Freude über den Andrang vor allem am Sonnabend. „Viele Menschen vor Ort wissen, was ihnen der Hafen bringt und warum er schon seit 130 Jahren existiert“, glaubt Loroff. Und hofft auf eine Einsicht der Kritiker beim geplanten, aber bisher verzögerten Terminalneubau. „Die Maßnahme würde Gröba vor allem entlasten, da wir nicht mehr unzählige Container von der einen auf die andere Seite der Elbe fahren und damit den Verkehr auf der Brücke belasten müssten.“ Den Hafen an sich hält Loroff ohnehin für alternativlos. „Die Verbindung von Wasser, Straße und Schiene wird immer ein großes Plus in der Infrastruktur bleiben“, so der Geschäftsführer. „Manche Dinge wie Airbus-Teile können Sie einfach nur auf dem Wasser transportieren, weil sie jedes Ausmaß eines Schwerlasttransportes sprengen würden.“