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50 Katzen gehortet

Das Veterinäramt musste eingreifen. Das Tierheim Bischdorf hat die Tiere aus Meuselwitz aufgenommen.

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© REUTERS/Thomas Peter

Von Constanze Junghanß

Meuselwitz. Mit einem Schlag ist das Tierheim Bischdorf um etwa 50 Katzen „reicher“. In Meuselwitz wurden die Tiere in einem einzigen Haushalt gesammelt.

Es begann mit einer Katze. Vor einigen Jahren, so erinnern sich Anwohner, wurde das Tier noch mit der Leine spazieren geführt. Doch dann lief irgendwann alles aus dem Ruder. Wurde diese eine Katze trächtig oder kam eine weitere dazu? Niemand weiß das so genau. Aus einer Katze wurden in rasantem Tempo immer mehr. Erst zehn, dann 20. Später 50 – wie viele insgesamt können Einheimische nicht sagen. „Die Katzen liefen ja nicht draußen herum, sie waren alle im Haus eingesperrt“, erzählt eine Frau und ergänzt, dass die Tiere sich untereinander vermehrten. Inzucht also. Oft, so sagt sie, sah man hinter den geschlossenen Fenstern Katzen starren. „Gehört hat man aber kein lautes Miauen“, sagt ein Mann, der findet, dass das alles nicht nur eine traurige Sache für die Tiere, sondern auch für den Menschen gewesen ist. Überforderung vielleicht? Warum nicht eher jemand Hilfe holte, bleibt offen.

Das Meuselwitzer Haus wirkt von der Straße aus gesehen unscheinbar. Die Gardinen sind zugezogen. Aktuell erinnert nichts an die Dutzenden Katzen, die hier vor sich hin vegetierten.

Tiere in erbärmlichem Zustand

Irgendjemand hat vor einer Weile das Veterinäramt informiert. Über Einzelheiten gibt die Behörde keine Auskunft. Fest steht allerdings: Die Tiere befanden sich in einem erbärmlichen Zustand. Krank, verfloht und voller Würmer: Etwa 50 Katzen holte die Behörde zusammen mit Tierheimmitarbeitern aus dem Haus im Reichenbacher Ortsteil Meuselwitz. Das war schnell Gesprächsstoff im Dorf. Wie lange die Tiere dort gehortet wurden, ist nicht bekannt. Eine Einwohnerin erzählt hinter vorgehaltener Hand, dass zwischendurch immer wieder Katzen gestorben seien. Wo die entsorgt wurden, weiß niemand. Die Anzahl der aus dem Haus geholten lebenden Tiere bestätigt das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (Lüva) der SZ Görlitz. „Sie wurden medizinisch versorgt“, teilt Julia Bjar, Öffentlichkeitsmitarbeiterin vom Landkreis, mit. Untergekommen sind die Katzen im Tierheim Bischdorf. Dort befinden sie sich in Quarantäne, können noch nicht vermittelt werden. Parvovirose, Katzenschnupfen, das Darmbakterium E.coli wurden festgestellt, wie eine Tierheimmitarbeiterin sagt. Kein Wunder: Die Tiere waren nicht geimpft und nicht kastriert. Das wird jetzt alles nachgeholt, sobald es der Gesundheitszustand der Katzen zulässt. Nicht alle Katzen haben es geschafft: Ein Viertel sei mittlerweile an den Vorerkrankungen und dem schlechten Allgemeinzustand verstorben.

Die Meuselwitzer-Katzensammlung ist kein Einzelfall. Mit solchen Vorkommnissen muss sich die Behörde jährlich im Schnitt ein- bis zweimal beschäftigen. Ist „Animal Hoarding“ ein Problem im Landkreis? „Durch die steigenden Fallzahlen gelangt der Landkreis an die Grenzen der Aufnahmekapazität“, sagt Julia Bjar. Nicht nur Katzen stehen dabei im Fokus. Auch Hunde und selbst Schafe wurden schon zu Dutzenden aus solchen Hortungen geholt. Für die Tierheime ist das ein enormer Kraftakt. Eine Lösung zu finden, sei nicht einfach, so Julia Bjar. Denn in der Regel werden keine Plätze für diese Notfälle vorgehalten. „Das ist nicht bezahlbar“, erklärt Uwe Bär, Leiter des Bautzener Tierheims. Sind die Tierheime, die zum Kreis Görlitz gehören – also Bischdorf, Görlitz und Horka – voll, werde im Rahmen der Amtshilfe nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Das heißt, andere Tierheime im Freistaat werden um Aufnahme gebeten. So war das jüngst auch in den Tierschutzeinrichtungen Bischdorf und Bautzen geschehen, die aus einem Dresdner Tierheim einige von insgesamt 130 geretteten Zwergkaninchen in Obhut nahmen.

Allerdings sei das Krankheitsbild „Animal Hoarding“ selten die Ursache, dass sich ein Mensch solche Massen von Haustieren anschafft. Vielmehr werde eher von Überforderung oder auch Gleichgültigkeit gegenüber den Tieren ausgegangen, heißt es vonseiten des Landkreises.

„Animal Hoarder“ sind „Tiersammler“. Laut Deutschem Tierschutzbund handelt es sich um ein psychisches Erkrankungsbild, bei dem der Mensch in großer Anzahl Tiere hält, diese aber nicht angemessen unterbringt und versorgt. Den Tieren fehle es an Wasser und Futter ebenso wie an Hygiene und tierärztlicher Behandlung.

Wer solche Fälle in seinem Umfeld beobachtet, ruft meistens die Tierheime an. Die sind aber nicht der erste Ansprechpartner. „Wenn begründete Probleme in Tierhaltungen beobachtet werden, können sich die Bürger an die entsprechende Gemeinde und an das Lüva wenden“, sagt Julia Bjar. Die anfallenden Kosten für die Unterbringung und tierärztliche Behandlung finanziert der Landkreis vor. Sie werden dem Tierhalter anschließend in Rechnung gestellt.