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250 neue Jobs in Dresden für das selbstfahrende Auto

Infineon startet ein Entwicklungszentrum für Autoelektronik und Künstliche Intelligenz.

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© Infineon

Von Michael Rothe

Eigentlich war die gute Nachricht viel zu schade, um sie an einem Brückentag mit geringer medialer Aufmerksamkeit unters Volk zu bringen: „Infineon richtet am Standort Dresden ein neues Entwicklungszentrum ein“, verkündete der Technologieriese am Freitag. Demnach plant das Unternehmen, zunächst etwa 100 zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Mittelfristig soll das neue Entwicklungszentrum rund 250 Mitarbeiter beschäftigen, heißt es.

Ein Schwerpunkt soll die Entwicklung neuer Produkte und Lösungen für Automobil- und Leistungselektronik sowie Künstliche Intelligenz sein. Der Start sei noch in diesem Jahr geplant, sagt Infineon-Sprecher Gregor Rodehueser zur SZ. Es gehe nicht um einen Neubau, sondern „um eine Investition in das Personal“. Dabei werde nicht das Know-how anderer Standorte nach Sachsen verlagert. „Keinem wird etwas weggenommen“, so der Sprecher.

In Dresden unterhält der Konzern mit weltweit 37 500 Beschäftigten und 7,1 Milliarden Euro Jahresumsatz bereits einen seiner größten und modernsten Standorte zur Entwicklung von Wafer-Technologien und Fertigungsprozessen sowie eine hochautomatisierte Produktion. Wafer sind tellergroße Siliziumscheiben, aus denen jeweils Hunderte Mikrochips geschnitten werden. Die Elemente darauf sind mit Strukturen verbunden, die nur einen Nanometer dick sind, ein Millionstel Millimeter. 2 200 Infineon-Mitarbeiter erforschen und entwickeln im Norden der Landeshauptstadt Technologien für Mikrocontroller, Sensoren und Leistungshalbleiter und fertigen Chips – auch für die Autoindustrie.

Die Modellierung komplexer Systeme und die Entwicklung hochintegrierter Produkte soll neben Chip-Design zu den Kernaufgaben des Entwicklungszentrums gehören. Ziel sei es, die Zeit bis zur Marktreife zu verkürzen, so Sprecher Rodehueser,

„Mikroelektronik sorgt für rund 90 Prozent aller Innovationen im Auto. Halbleiter machen Elektromobilität und autonomes Fahren überhaupt erst möglich. Diese Trends sind wichtige Wachstumstreiber für Infineon“, sagt Reinhard Ploss, Vorstandschef der Infineon Technologies AG, und: „Bei der zunehmenden Vernetzung von Verkehrssystemen spielen Algorithmen, Künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge eine zentrale Rolle. Auch mit diesen Themen wird sich das neue Entwicklungszentrum intensiv beschäftigen.

Alles klingt noch recht abstrakt. „Und das wird auch noch eine Weile so bleiben“, sagt Sprecher Rodehueser. Produkte und Abläufe würden in den nächsten Monaten konkretisiert. Und warum Dresden? „Die Stadt ist einer der weltweit wichtigsten Fertigungsstandorte, da ist ein Entwicklungszentrum vor Ort sinnvoll“, so Rodehueser.

„In den vergangenen Jahren haben wir unseren Anteil im wachsenden Markt für Automobilelektronik kontinuierlich vergrößert“, sagt Peter Schiefer, Präsident der Automotive-Sparte von Infineon. „Bei Elektromobilität und automatisiertem Fahren gehören wir zu den Technologieführern.“ Sachsens Staatsregierung biete in Dresden ideale Rahmenbedingungen, lobt Mathias Kamolz, Geschäftsführer der Infineon Technologies Dresden GmbH. Dort stehe auch ein breites Netzwerk aus Zulieferern, Hochschulen, Forschungsinstituten und öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung.

Martin Dulig (SPD), Wirtschaftsminister des Freistaats, spricht dann auch von „tollen Nachrichten“. Er sehe in der Konzernentscheidung „eine neue strategische Qualität für die Mikroelektronikindustrie in Sachsen“ und freue sich, „dass künftig Entwicklungen von Halbleiterprodukten und -systemen mit so spannenden Anwendungsbereichen wie dem automatisierten Fahren aus Sachsen kommen“.

Automotive ist der größte Geschäftsbereich von Infineon: Halbleiter für die Automobilindustrie erzielen 42 Prozent des Konzernumsatzes. Durch die Entwicklung zu elektrisch angetriebenen, vernetzten und zunehmend eigenständig fahrenden Autos erwartet Infineon in den kommenden Jahren deutliche Wachstumsimpulse.

Für Peter Nothnagel, Chef der Wirtschaftsförderung Sachsen, ist es wichtig, Investoren wie die Robert Bosch GmbH zu gewinnen, die in Dresden gerade für eine Milliarde Euro ein Chipwerk für Hightech-Sensoren mit 700 Arbeitsplätzen baut. „Andererseits sind auch ansässige Firmen wie Globalfoundries und Infineon für einen Wachstumsschritt gut“, sagt er. Dafür sei das Hochfahren von Forschung und Entwicklung wichtig, gerade bei Autoelektronik und Künstlicher Intelligenz. Diese Trendthemen würden in Sachsen zusammenwachsen. Das Entwicklungszentrum von Infineon sei „das Sahnehäubchen“ auf die bestehende Forschungslandschaft im Freistaat. Avisierte 250 Jobs würden in der Produktion „langfristig noch mal das Drei- bis Vierfache an Arbeitsplätzen bringen“.