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Zweifel am Fuchsriss

Das tote Schaf von Großenhain ist Gespräch bei Jägern und Bürgern. Viele Landwirte sind in Sorge.

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© Jörg Carstensen/dpa

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Zugegeben, diese Nachricht sorgte für einige Spott-Kommentare im Netz, aber auch ernsthafte Überlegungen. Denn diesmal soll der Fuchs der Übeltäter sein, der letzte Woche ein junges Schaf von Stadtbauer Eberhard Schietzel gerissen hat. Mitten in Großenhain, in Nähe des Friedhofs.

So sah der Riss in Großenhain aus.
So sah der Riss in Großenhain aus. © privat

Dort waren vier Mutterschafe auf der Wiese angekettet. Zwei Jungtiere, im März geboren, rannten frei herum. Eines dieser Jungtiere, gut 35 Kilo schwer so Schietzel, wurde in der Nacht gerissen. Übrig blieb fast nur ein sauber abgenagtes Gerippe mit Wolle. Noch am Abend zuvor hatte der Stadtbauer nach seinen Schafen gesehen. Dass der Fuchs sich Hühner holt, ist verbürgt und vertont. Aber hat er die Kraft, ein bald einjähriges Schaf zu reißen? Ein ausgewachsener Fuchs wiegt immerhin nur zwischen fünf und acht Kilo.

Jörg Köhler, Vorsitzender des Jagdverbandes Großenhain, war am Morgen nach dem Riss selbst vor Ort. Fährten waren im Gras nicht zu erkennen, erzählt er. Der gesamte Hals des Tieres war fein säuberlich abgefressen. Ob der wolfstypische Kehlbiss also hier vorlag, ließ sich nicht mehr sagen. Eine Schleifspur war dagegen schon zu erkennen und mehrere Stellen, wo der Kampf offenbar stattgefunden hatte.

Lämmer ducken sich weg

Lämmer oder Jährlinge „verdrücken“ sich bei Gefahr, das heißt aus der Jägersprache übersetzt, sie ducken sich weg, erklärt Köhler. Vermutlich ist genau das an der Friedhofsmauer passiert. Genützt hat es dem armen Tier nichts.

Dass ein einzelner Fuchs oder eine Gruppe von Füchsen ein Schaf holt, hat Jörg Köhler allerdings in seiner ganzen Zeit als Jäger noch nicht erlebt. „Aber vielleicht muss man dafür hundert Jahre alt werden, so selten ist das“, meint er nur. Dass der Fuchs sich am Kadaver gütlich getan hat, kann er sich gut vorstellen. Auch Raben oder Krähen würden eine solche Beute nicht verschmähen.

Ein Gentest wurde aber nicht genommen, schlicht deshalb, weil der Tierhalter ohnehin keine Entschädigung vom Freistaat Sachsen bekommt. Er hatte seine Schafe nicht entsprechend hinter dem vorgeschriebenen Elektrolitzen-Zaun gehalten. Wer nicht exakt auf Zaunhöhe und gegebenenfalls sogar Untergrabschutz achtet, kann nicht mit Hilfen rechnen. Stadtbauer Eberhard Schietzel hat seine Tiere sofort ins Winterquartier geholt. Was er nächstes Jahr macht, weiß er noch nicht. Auch das ist ein Effekt der politisch gewollten, ungesteuerten Ausbreitung des Wolfes: Der gewohnte Anblick des Dorfes mit Schaf und Ziege verschwindet. Die Landschaft wird einmal mehr uniformer. Darüber gibt es bislang kaum Untersuchungen. In der Lausitz ist das Phänomen bereits deutlich zu registrieren und Thema.

Wenn es im Großenhainer Vorfall zumindest gleich ist, wer das Schaf gerissen hat, weil es keine Entschädigung gibt – warum tut sich die Behörde dann so schwer? Die Pressestelle des Landratsamtes Meißen lehnte einen Interview-Wunsch mit dem Wolfsbeauftragten des Landkreises ab.

Dabei machen sich die Bürger durchaus ihre Gedanken und möchten sachliche Erklärungen. Leserin Manuela Schleußner schreibt, dass Füchse zu den großen Aasfressern gehören und meistens als Mäusejäger unterwegs sind. „Wurde denn geschaut, ob das Schaf schon tot war?“, fragt sie. Füchse riechen kranke und schwache Tiere und beseitigen diese. Es wäre schön, wenn das aufgeklärt werden würde, findet sie, denn „da Füchse alleine jagen, ist ihre Lebendbeute dem entsprechend klein und darum ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass sie Schafe reißen“.