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Zwei Drittel der Flüchtlinge fühlen sich willkommen

Wer flüchtet eigentlich? Ws geschieht mit den Einstellungen der Menschen, wenn sie hier in Deutschland ankommen? Eine Studie will das herausfinden. Erste Ergebnisse für den Freistaat Sachsen liegen jetzt vor.

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Dresden. Die meisten Flüchtlinge fühlen sich in Sachsen sicher. Das ist ein Ergebnis einer nicht repräsentativen Untersuchung des Forschungsnetzwerks Integrations-, Fremdenfeindlichkeits- und Rechtsextremismusforschung in Sachsen (IFRiS). Es hatte in einem sogenannten Pre-Test 61 Flüchtlinge vor allem aus Afghanistan, Iran und Syrien in Gemeinschaftsunterkünften in Leipzig, Dresden und Chemnitz befragt.

Die große Mehrheit schätze es, in einem demokratischen System zu leben, und strebe die deutsche Staatsbürgerschaft an, teilten die IFRiS-Forscher am Montag in Dresden mit. Zwei Drittel fühlten sich willkommen und wollten in Deutschland bleiben. Die vom Freistaat mitfinanzierte Voruntersuchung hat sich mit den Einstellungen der Flüchtlinge und den Wechselwirkungen ihrer Erfahrungen bei der Aufnahme bis zur Integration befasst.

Der Pre-Test solle Grundlage für eine bundesweite Studie bilden, die „perspektivisch Basis für fundierte Entscheidungen in Politik und Verwaltung bilden könnte“, sagte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD). Bisher seien hier „viele Vermutungen unterwegs“. „Was uns wichtig ist, ist eine Versachlichung der Diskussion in einer hoch emotional geführten Debatte.“ Dazu brauche es Fakten.

Das IFRiS-Netzwerk war im Juni vergangenen Jahres gebildet worden, um die bis dato getrennt geführten Forschungsaktivitäten der Universitäten Dresden, Chemnitz und Leipzig sowie des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung zusammenzuführen.

Die übergroße Mehrheit der Befragten waren Männer (83 Prozent), gut die Hälfte war unter 25 Jahre alt. Häufigste Herkunftsländer waren Afghanistan, Iran und Syrien. Drei Viertel der Befragten waren muslimischen Glaubens - gut 65 Prozent Sunniten. Mehr als ein Drittel gab an, nicht oder eher nicht religiös zu sein. 65 Prozent bezeichneten sich als eher religiös.

Bemerkenswert sei, dass Christen mehr Vertrauen als Muslimen entgegengebracht werde, sagte Antje Röder von der TU Chemnitz. Zwei Drittel der Flüchtlinge gab demnach an, persönlichen Kontakt zu Deutschen zu pflegen. Die Hälfte hielt die Werte der Menschen in Deutschland und in ihren Heimatländern für sehr verschieden. Frauen würden als weitgehend gleichberechtigt angesehen und Scheidungen überwiegend als legitim, sagte Röder. Anders verhalte es sich bei Homosexualität, die überwiegend als illegitim empfunden werde. „Das war das, wo der größte Unterschied bestand.“

Die Angaben zur Verbundenheit mit den Deutschen gingen auseinander: Während sich knapp 9 Prozent der Flüchtlinge den Menschen hierzulande sehr nah sahen, gaben fast 18 Prozent an, ihnen sehr fern zu sein. Je verbundener sich ein Flüchtling gefühlt habe, desto stärker habe er sich auch willkommen gesehen, erläuterte Röder. Auch die Wechselwirkungen von Diskriminierungen und Verbundenheitsgefühl seien deutlich geworden: Flüchtlinge, die noch keine Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht hätten, fühlten sich den Deutschen deutlich stärker verbunden. Vier von zehn Befragten hätten indes von Diskriminierungen berichtet. (dpa)