Merken

Zum 15. Geburtstag gibt’s den Mopedführerschein

Was hierzulande schon vor über 50 Jahren gang und gäbe war, wird nun bis 2018 in einem Modellversuch getestet.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Carola Lauterbach

Theresa und Paul sind fast 15. Erwachsen, sagt Paul und grinst. Er hatte gerade Jugendweihe, Theresa wurde konfirmiert. Beide haben aus diesen Anlässen Geldgeschenke von Verwandten erhalten. Dafür aber etwa den Mopedführerschein zu machen, kommt für die Dresdner nicht infrage. Die Eltern ließen das eh nicht zu, sagt Theresa. Er fahre lieber mit dem Rad, sagt Paul. Sein gleichaltriger Cousin Max im Spreewald aber würde sofort den Mopedschein machen. „Der letzte Bus nach Hause fährt dort 18 Uhr, aber Handball geht bis halb neun“, erzählt Paul. Max müsse sich immer von seinen Eltern abholen lassen. Welcher 15-Jährige lässt sich schon gern von den Eltern abholen?

Weil Max in Brandenburg wohnt, muss er noch ein Jahr auf den Mopedführerschein warten. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen könnte er den neuerdings – wie es in der DDR üblich war – ab 15 bekommen. Soeben ist eine Verordnung in Kraft getreten, die in diesen drei Ländern einen bis 2018 laufenden Modellversuch gestattet. Von einem „Mobilitätsgewinn“ spricht Sachsens Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) in diesem Zusammenhang.

Die Voraussetzungen für den Erwerb des Mopedführerscheins – Klasse AM – geht deutlich über die Prüfbescheinigung für das Mofa hinaus. Mindestens 14 Doppelstunden à 90 Minuten gilt es Theorie zu pauken. Ferner sind „eine an den Fähigkeiten des Fahrschülers orientierte praktische Anleitung“ sowie eine je 45-minütige theoretische und praktische Prüfung erforderlich, um ab dem 15. Geburtstag mit einem Moped bis 45 km/h unterwegs sein zu dürfen. In Sachsen gibt es zur bestandenen Prüfung einen Gutschein für ein freiwilliges Sicherheitstraining. „Uns liegt die Sicherheit der jungen Verkehrsteilnehmer am Herzen“, sagt Minister Morlok.

Jan Mücke, FDP-Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, gehört zu den Befürwortern des Projekts. Er selbst habe den Schein mit 15 gemacht, sagte er in einem Interview, und „mir hat es überhaupt nicht geschadet“.

Als „unser Baby“ bezeichnet Andreas Grünewald, Vorsitzender des sächsischen Fahrlehrerverbandes, den Modellversuch. Schon seit Jahren habe sich der Verband bundesweit dafür stark gemacht. Aus Gründen der Mobilität insbesondere auf dem Lande und weil junge Leute so ein Jahr früher auf ihre Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Pkw vorbereitet werden könnten. „Sie erhalten in unseren Fahrschulen eine professionelle Ausbildung.“ Es gebe eine rege Nachfrage.

Noch nicht reif genug

Sachsen hat bereits vor zwei Jahren auf der Verkehrsministerkonferenz die Initiative zu diesem Modellversuch ergriffen. Seitdem regt sich auch Kritik. So warnte der Präsident des deutschen Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, 15-Jährige könnten die Gefahren im Straßenverkehr nicht angemessen einschätzen und darauf reagieren. Auch der ADAC sieht das Herabsetzen der Altersgrenze eher kritisch. „Entscheidend für eine unversehrte Teilnahme am Straßenverkehr ist ein rücksichtsvolles Verhalten aller gegenüber allen“, sagt Norbert Brückner, Vorstandsmitglied für Verkehr und Technik des ADAC Sachsen. „Das hierfür erforderliche Verantwortungsbewusstsein ist unter den 15-Jährigen oftmals noch nicht ausreichend ausgebildet, während jugendliches Imponiergehabe und Selbstüberschätzung alterstypisch sind.“ Die Erfolge des Modellversuchs zum „Begleiteten Fahren mit 17“ könnten nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, da die Begleitung durch den erfahrenen Verkehrsteilnehmer fehlt.

Selbstüberschätzung, fehlende Erfahrung und die Neigung, in komplexen Situationen nicht angemessen reagieren zu können, veranlasst auch die Grünen zur Skepsis. „Selbst eine solide Fahrausbildung kann die fehlende Reife nicht wettmachen. Diese Altersgruppe wird in der Unfallstatistik als eine Hochrisikogruppe geführt“, sagt Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion. Auch sieht sie durchaus Alternativen zum Moped: „Ein vom Zweckverband bestellter und von Sachsen ordentlich finanzierter Schulbusverkehr, öffentlicher Nahverkehr, ein überregionales Radwegenetz und das Mofa.“