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Zu zweit auf 16 Quadratmetern

Die JVA Zeithain öffnet am Sonnabend für Besucher. Wir haben vorab schon einen Blick in einen Haftraum geworfen.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Glaubitz. Das Leben der 400 Männer in der JVA Zeithain ist bis ins kleinste Detail geregelt. Davon zeugen die vielen Zettel, die dicht gedrängt an den Pinnwänden in dem Flur vom alten Hafthaus hängen. Die Schließzeiten sind hier genauso aufgelistet wie die Einkaufstage oder die Menge an Lebensmitteln, die ein Gefangener höchstens ansammeln darf. Schließlich müssen die Hafträume kontrollierbar bleiben und sollen Geschäfte verhindert werden, erklärt JVA-Sprecher Benno Kretzschmar. Ihn darf die SZ an diesem Donnerstagmorgen in einen Haftraum begleiten.

Zwei Männer leben hier auf 16 Quadratmetern. Mit Grünpflanzen, Postern und Tischdecken haben sie sich eingerichtet, fürs Putzen sind sie selbst verantwortlich. Auch ein Fernseher, Kaffeemaschine und Ventilator gehören zum Inventar. „Manche Besucher finden, den Gefangenen geht es hier zu gut – ich sehe das nicht so“, sagt Benno Kretzschmar. Denn die schweren Türen öffnen sich eben nur nach strengem Zeitplan. Für die Männer, die nicht arbeiten gehen, bleiben die Hafträume etwa 17 Stunden am Tag zu, bei Sicherungsmaßnahmen im Einzelfall sogar bis zu 24 Stunden.

Auch an diesem Sonnabend, 10. Juni, erwartet Benno Kretzschmar wieder viele kontroverse Gespräche zum Strafvollzug. Etwa 200 Besucher haben sich für die Führungen zum Tag der offenen Tür angekündigt. Die sind damit restlos ausgebucht. Trotzdem lohne sich ein Besuch. Anlässlich des 40. Geburtstages der JVA Zeithain gibt es zwischen 9 und 15 Uhr so viele Informations- und Verkaufstände wie noch nie.

10 Juni: Tag der offenen Tür

Kaum Einzelzellen

Die JVA Zeithain ist wie die meisten sächsischen Gefängnisse zurzeit überbelegt. Die meisten der 400Häftlinge sind hier zu zweit auf 16Quadratmetern oder zu dritt auf 33Quadratmetern untergebracht. Einzelhaft gibt es nur für „schwierige Fälle“. Auch Vier-Mann-Zellen sind in Zukunft nicht ausgeschlossen. In der neuen JVA Zwickau-Marienthal, die Zeithain 2020 ablösen soll, wird es dagegen fast ausschließlich Einzel-Hafträume geben.

Möbel werden gestellt

Zur Grundausstattung in einem Zwei-Mann-Haftraum gehören in Zeithain Linoleum auf dem Boden, ein Doppelstockbett, ein Tisch mit zwei Stühlen, zwei abschließbare Doppelschränke und diverse Kleinmöbel wie Regale oder ein Tisch für den Fernseher. Die großen Fenster dürfen selbstständig geöffnet und die Wände mit Postern behangen werden. Besonders beliebt: Kalender und halbnackte Frauen.

Abgetrennte Toilette

Neben dem großen Fenster ist ein kleiner Bereich mit Trockenbauwänden abgetrennt worden – dort befindet sich die Toilette. Beim Bau der JVA hingen dort nur Stoffvorhänge als Sichtschutz, das wird von den Gerichten aber mittlerweile in Mehrbettzellen als „menschenunwürdig“ betrachtet. Neben den Schränken befindet sich ein Waschbecken, Gemeinschaftsduschen sind auf dem Gang – und nur zu den Aufschlusszeiten nutzbar.

Technik ohne Internet

Die Häftlinge dürfen eigene Geräte mitbringen, die eine Fachfirma auf illegale Teile und Brandschutz zuvor testet sowie USB-Anschlüsse versiegelt. Fernseher mit einer Bildschirmgröße bis 22Zoll sind erlaubt sowie Radio, Ventilator, Kaffeemaschine und Spielekonsole. Gespielt werden darf aber nur auf der Playstation2. Neuere Versionen oder auch die Wii sind u.a. wegen ihrer Internetfähigkeit tabu. Auch Handys sind im Knast verboten.

Alkohol ist tabu

Tabak, Kaffee, Nudeln und Kosmetikartikel werden typischerweise in den Hafträumen aufbewahrt. Eier, Milch und Co. in verschließbaren Kühlschränken in der Gemeinschaftsküche. Die Waren können dreimal im Monat über eine Bestellung oder in einem kleinen Laden in der JVA gekauft werden. Alkoholhaltige Getränke oder Hygieneartikel wie Mundwasser sind aber verboten.

Extra-Ausgehkleidung

Die Kleidung und Bettwäsche können die Häftlinge selbst mitbringen – oder sie wird komplett von der JVA gestellt, wenn jemand gar keine oder zu wenig Kleidung mitbringt. Alle Häftlinge haben zudem einen extra gelagerten „Ausgehsack“ mit sauberer Kleidung unter anderem für Gerichtsprozesse. Zwar müssen die Männer ihre Hafträume selbst putzen, ihre Wäsche aber wird zentral in der JVA Torgau gewaschen.

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Der Gefangenentransport präsentiert sich genauso wie Drogen- und Handyspürhunde. Informationen gibt es auch zur Sicherheitsgruppe, Suchttherapiestation, Nachwuchskräftegewinnung sowie zur ehrenamtlichen Arbeit im Knast. Gitterladen, Hofladen und Kunstarbeitsbetrieb der JVA bieten ihre Produkte an, während die Freizeitinsel Riesa für die Unterhaltung der Kinder und regionale Unternehmen für die Versorgung sorgen.