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Zu wenig Hausärzte in Coswig?

Ein Spitzgrund-Anwohner erlebt auf der Suche nach dem dringend benötigten Mediziner ein Fiasko. Die Lage soll sich bessern.

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© Daniel Karmann/dpa

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Herr K. (*) ist aufgeregt. Das Thema Hausarzt beschäftigt ihn mächtig. Jahrelang ist er mit seiner Hausärztin sehr zufrieden. Zwar zieht sie mehrfach um, von seinem Wohngebiet Spitzgrund zur Lungenklinik, dann zurück. Doch im September ist sie plötzlich ganz weg. Ein Nachfolger kommt, verschwindet ebenfalls.

Der Coswiger K. wartet vergeblich, dass das Problem sich klärt. Dann braucht er einen Arzt, der Medikamente wegen. Ein Anruf bei der Krankenkasse hilft nicht, wie er sagt. Auch der Kontakt zur Kassenärztlichen Vereinigung bringt ihn nicht weiter. Dort erhält er zwar eine Leipziger Telefonnummer, landet aber in einer Warteschleife. Kein Fortschritt bei der Hausarztsuche.

Ein halbes Jahr lang bessert sich nichts. Von der Krankenkasse kommt dann der Tipp, sich in Coswig einen neuen Arzt zu suchen. Was Herr K. tun will. Leider ohne Erfolg. Man nehme niemanden an, habe selbst genügend Patienten, hört er überall.

Zwischendurch muss der Mann in die Notaufnahme des Radebeuler Krankenhauses. Wo er nach dem Hausarzt gefragt wird, zwecks Weiterbehandlung. Herr K. muss passen. Zwei weitere Patienten im Wartezimmer machen wenig Hoffnung. Eine ältere Dame, in Begleitung ihres Sohnes, war schon in Weinböhla, hoffte, dort einen Arzt zu finden. Ihr wird empfohlen, sich in Dresden umzuschauen. Da bin ich erschossen, habe sie zu Herrn K. gesagt, sie könne ja kaum laufen. Ein anderer Patient verweist auf die ergebnislose Bilanz des Ferienwoche-Tags: Ein Arzt im Urlaub, einer krank, eine Vertretung nicht da.

Er hat inzwischen Glück gehabt und in Coswig einen neuen Hausarzt entdeckt, sagt Herr K. Das freut ihn, doch er müsse an die Leute ringsum denken, die mangels Arzt vorm selben Problem stehen. Zumal die neue Ärztin im Seniorenwohnpark nur an zwei Tagen pro Woche Sprechstunde habe. Dabei seien seiner Schätzung nach rund 50 Prozent der Spitzgrundbewohner im Rentenalter. Viele hätten wenig Geld, kämen schwer fort. Allein die Busfahrt ins Stadtzentrum koste 2,30 Euro. Wie das weitergehen soll, möchte er wissen.

Die SZ fragte bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen zur hausärztlichen Versorgung in Coswig, speziell im Wohngebiet Spitzgrund, nach. Ob es Engpässe gibt, ob Verbesserungen vorgesehen sind? Der KV liegen in Coswig derzeit keine Informationen zu Engpässen in der hausärztlichen Versorgung vor, informiert Katharina Bachmann-Bux, in der Landesgeschäftsstelle zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. In Coswig seien insgesamt 14 Hausärzte vertragsärztlich tätig – vier mit Vertragsarztsitz im Wohngebiet Spitzgrund. Darüber hinaus gebe es in Weinböhla weitere sieben vertragsärztlich tätige Hausärzte, in Meißen 27, in Radebeul 29. Die Patienten hätten die Möglichkeit, auf der Homepage www.kvsachsen.de, Rubrik „Suche nach Ärzten und Psychotherapeuten“, einen Hausarzt ihrer Wahl zu suchen.

Wie Bachmann-Bux mitteilt, ist nicht die KV Sachsen zuständig fürs Anordnen der Zulassungsbeschränkungen und die Bedarfsplanung, sondern ausschließlich der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Freistaat Sachsen.

Laut einer Veröffentlichung des Landesausschusses sei der Planungsbereich Radebeul – Coswig gehört bedarfsplanungsrechtlich dazu – für die Arztgruppe der Hausärzte zwar nicht von Zulassungsbeschränkungen betroffen, jedoch sei bis zum Eintritt von Zulassungsbeschränkungen lediglich eine 0,75-Stelle für weitere Zulassungen ausgewiesen.

Bachmann-Bux zufolge beträgt der Versorgungsgrad 106,2 Prozent, ab 110 Prozent verhänge der Landesausschuss für die betroffene Facharztgruppe Zulassungsbeschränkungen. Die rechnerische Grenze zur Überversorgung sei bei 57,2 tätigen Hausärzten erreicht. Derzeit sind es im Planungsbereich Radebeul 55,25. Zwischenzeitlich wurden 1,25 Stellen vergeben.

Speziell zum MVZ Coswig, mit Vertragsarztsitz im Wohngebiet Spitzgrund, erklärt Bachmann-Bux, dass ab Mitte März dort zunächst eine Ärztin als Vertretung tätig werde. Informationen der KV zufolge soll sich die Situation in absehbarer Zeit, in etwa zwei Monaten, entschärfen. Weitere Angaben könne man noch nicht machen.

Die SZ-Recherche ergab, dass sich direkt im Spitzgrund zwei Allgemeinarzt-Praxen befinden, eine weitere auf der Moritzburger Straße Richtung Stadtzentrum sowie das MVZ, wo jetzt laut Kassenärztlicher Vereinigung wieder eine Ärztin arbeiten wird. Bleibt zu hoffen, dass sich dadurch die Lage verbessert – wie von der KV angekündigt.

(*) Name der Redaktion bekannt