Merken

Zoff ums DDR-Museum

Zum Ende des Jahres zieht die Sammlung von Radebeul in die Dresdner Neustadt. Der bisherige Museumsleiter fühlt sich ausgebootet und um sein Lebenswerk betrogen.

Teilen
Folgen
© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Radebeul. So beginnt eine Pressemitteilung, die Hans Joachim Stephan, der Geschäftsführer des DDR-Museums in Radebeul am Montagnachmittag verschickte: „Das DDR-Museum Zeitreise in Radebeul ist nicht gerettet! Die bisher in mühseliger jahrelanger Arbeit geschaffene Position mit diesem Thema DDR, in der öffentlichen Meinung fest verankert, wird so nicht wieder in Dresden erstehen.“

In einer diesem Einstieg angehängten Schilderung erklärt Stephan, dass in den letzten Wochen und Monaten eine Reihe von Dingen passiert seien, die gezielt auf eine Abwicklung des Museums hinausgelaufen seien. So wirft er dem Mitbesitzer der DDR-Museum Zeitreise Wasaparkausstellungsgesellschaft mbH vor, hinterrücks bereits mit dem neuen Käufer über einen Edeka-Markt in der Museumsimmobilie in Radebeul verhandelt zu haben.

Der neue Besitzer des DDR-Museums und dessen Inhalt heißt Peter Simmel. Er hat das Museum für 50 000 Euro aus der Insolvenz gekauft, nachdem das Haus seit Frühjahr 2016 in Zahlungsschwierigkeiten wegen Besucherschwund gekommen war. Peter Simmel ist in Sachsen und den Nachbarländern bekannt als expandierender Einzelhandelsunternehmer. Er führt eine regionale Edeka-Ladenkette mit 20 Filialen in Sachsen, Thüringen und Bayern, die rund 1 000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Immobilie am Albertplatz, das ehemalige DVB-Hochhaus, gehört ihm. Im Anbau hat er bereits seinen Edeka-Markt und weitere Geschäfte als Neustadt-Einkaufszentrum platziert. Im Hochhaus soll, so hatte Simmel Mitte September verkündet, das DDR-Museum mit einem großen Teil der Exponate auf einer Fläche bis zu 3 000 Quadratmetern einziehen.

Stephan habe inzwischen allerdings ganz anderes erfahren. Nachdem er bei der Dresdner Vorstellung Simmels am neuen Museumsstandort per E-Mail ausgeladen worden sei, habe er sich jetzt am 13. Oktober mit dem neuen Besitzer getroffen. Stephan: „Nur maximal 25 Prozent des alten Ausstellungsumfanges auf einer Ausstellungsfläche von 950 Quadratmetern Bruttofläche, nach Plan 1 450 Quadratmeter, bleiben erhalten. Eine Museumsleitung ist hierfür weder erforderlich noch eingeplant.“ Außerdem habe ihn völlig verstört, dass Simmel angeordnet habe, alle bisher laufenden Verträge – Werbung, Domains, Versicherungen – zu kündigen. Stephan sieht sein in elf Jahren aufgebautes Lebenswerk schwinden.

Simmel selbst habe den Mitarbeitern angeboten, sich neu zu bewerben, auch Stephan selbst. Zu Edeka-Bedingungen. „Das würde für mich ein Stundenlohn von 1,50 Euro über Mindestlohn bedeuten“, sagt Stephan enttäuscht. Er lasse sich die erarbeitete Leistung um das Museum in Radebeul nicht zu den Konditionen von Herrn Simmel abringen, schreibt Stephan in einer Mischung aus Wut und Ratlosigkeit.

Insolvenzverwalter verwundert

Mit abringen meint er sein Wissen, Urheberrechte, Homepages, Logo und Fotos. Fakt ist allerdings. Das Museum und Ausstellungsstücke sind verkauft. Der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter Rüdiger Weiß ist verwundert über die Reaktion von Hans Joachim Stephan. Weiß: „Er selbst hat Herrn Simmel ins Spiel gebracht und sich über die gefundene Lösung sehr gefreut.“ Weiß widerspricht energisch dem Eindruck, hier sei hinterrücks ein abgekartetes Spiel gelaufen.

Von den rund 60 000 Exponaten im Hochhaus an der Meißner Straße, Ecke Wasastraße sind etwa die Hälfte Leihgaben von Sammlern. Diese würden sich inzwischen auch ans Pirnaer DDR-Museum wenden und nachfragen, ob sie dort ihre Stücke ausstellen könnten, war einer Äußerung auf der Plattform Facebook zu entnehmen. Stephan selbst sagt, dass es zu den Ausstellungsstücken in Radebeul kein Inventarverzeichnis geben würde.

Zwischen all dem Streit scheint allerdings klar, dass nur noch nächste Woche die bisherige Museumsführung in Radebeul agiert. Stephan: „Nächste Woche ist noch von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Danach ist bis 31. Oktober geschlossen.“ Ab 1. November übernehme Simmel das Haus bis 23. Dezember. Anschließend sei der Umzug geplant.