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Ziemlich beste Simson-Freunde

Einen Großschweidnitzer und einen Israeli eint die Liebe zu Mopeds. Einmal im Jahr treffen sie sich. Diesmal in Bischdorf.

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© Matthias Weber

Von Marcus Scholz

Norbert Eisert und sein Kumpel Ori sind an diesem Wochenende wieder vereint. Sich mal kurz zu einem gemütlichen Bierchen zu treffen, wie es unter Freunden eigentlich üblich ist, ist für die beiden Männer nämlich nicht so einfach möglich. Sie sehen sich meist nur einmal im Jahr. Das liegt vor allem daran, dass Eisert in Großschweidnitz zu Hause ist und Ori im Süden Israels wohnt. Beide verbindet aber eine besondere Beziehung, die sie ihrer Liebe zu alten Mopeds und einer Internetseite zu verdanken haben.

Um Fans von DDR-Mopeds eine Plattform zum gemeinsamen Fachsimpeln zu bieten, hat ein Großschweidnitzer Informatikstudent vor etwa 14 Jahren die Seite „ddrmoped.de“ erstellt. Eisert, der von Anfang an Nutzer der Seite ist, erinnert sich zurück. „Innerhalb kürzester Zeit hatte die Internetseite regen Zulauf. Heute sind sogar über 8 000 Mitglieder aktiv“, sagt er. Die Moped-Fans tauschen sich untereinander aus, geben sich Reparaturtipps oder teilen Erfahrungsberichte. Norbert Eisert ist das nach einer Weile aber zu wenig gewesen. „Ich wollte die Leute aus dem Internet einfach mal kennenlernen und habe ein Treffen organisiert“, sagt er. Die Geschichte nimmt schließlich ihren Lauf: Im Jahr 2006 kommen 30 „Verrückte“, wie Eisert seine Moped-Kumpels nennt, nach Großschweidnitz. Danach folgen weitere Zweirad-Meetings in der ganzen Republik. Jedes Jahr an einem anderen Ort.

An diesem Wochenende wird die zehnte Auflage in Bischdorf an der Mittel-Mühle gefeiert. Eisert erwartet rund 60 Gleichgesinnte. Egal, ob aus Nordrhein-Westfalen, der Sächsischen Schweiz oder Polen – Simson, Schwalbe und Star kommen aus allen Himmelsrichtungen angerattert. Die weiteste Anreise nimmt dabei Israeli Ori auf sich. Zum einen, weil er wie alle anderen mopedverrückt ist und zum anderen, um seinen Kumpel Norbert wiederzusehen.

Zuhause in Israel sammelt Ori alte Motorräder. Besonders die der Marke SR1 von Simson hätten es ihm angetan. Schon sein Vater habe eine SR1 nach dem Zweiten Weltkrieg besessen und auch sein Schwiegervater ein Modell in der Garage gehabt, so Ori. Letzteres habe er dann übernommen und Mitte der 2000er Jahre restauriert. „Ich steckte in einer Lebenskrise, weil ich viel Geld verloren hatte. Das Moped zu restaurieren war wie eine Therapie für mich“, sagt der Israeli. Auf der Suche nach Ersatzteilen sei er damals auf die deutsche Internetseite der Mopedfreunde gestoßen. „Er hatte Probleme mit dem Vergaser. Da habe ich ihm geholfen und einen Ersatz zugeschickt“, sagt Norbert Eisert. Das sei der Beginn einer innigen Freundschaft gewesen, die bis heute anhält. Seit 2008 ist Ori fünfmal in Deutschland und Eisert mit seiner Familie zweimal in Israel gewesen. „Natürlich sind wir dort auch gemeinsam Moped gefahren“, sagt der Großschweidnitzer, der es zudem liebt, mit seinem israelischen Kumpel lautstark zu diskutieren. Dreht es sich dann gerade mal nicht um alte Simsons, dann meistens um Religion. Und zwar immer darum, welche nun die richtige Weltanschauung ist: die der Christen oder die der Juden? Ihr Zigarettenpäckchen immer griffbereit, debattieren sich die beiden Männer dann schon einmal in Rage. So lange, bis einer anfängt zu lachen. Recht bekommt am Ende niemand.

Fröhlich geht es unter den Moped-Freunden aber sowieso immer zu. Schließlich haben sie nur einmal im Jahr die Möglichkeit, sich zu sehen. Mancherorts könnte es deswegen am Wochenende laut werden. Denn die Gruppe will unter anderem auf den Rotstein, ins Zittauer Gebirge und auf den Löbauer Berg knattern.