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Zeugin sah Personen vor Gemkow-Haus

Sachsens Justizminister sieht in dem Buttersäure-Anschlag auf seine Privatwohnung einen weiteren Beleg für eine unheilvolle Entwicklung.

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© dpa

Dresden. Der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) sieht in dem Buttersäure-Anschlag auf seine Privatwohnung einen weiteren Beleg für die zunehmende Verrohung in der politischen Auseinandersetzung. Schon in den vergangenen Monaten sei deutlich geworden, „wie der Ton rauer wird“, sagte er am Mittwoch in Dresden. „Insofern sehe ich das, was jetzt hier ganz konkret mir passiert ist, als einen kleinen Baustein von vielen, die ein Bild verdichten von einer Gesellschaft, die zunehmend auch auf die gewalttätige Auseinandersetzung setzt.“ Politiker von Linken und SPD forderten Konsequenzen aus der zunehmenden Zahl von Angriffen und Bedrohungen von Amts- und Mandatsträgern.

In seinem persönlichen Verhalten wolle er sich wegen des Anschlags nicht einschränken, sagte Gemkow. „Ich bin nicht gewillt, mein Leben davon beeinflussen zu lassen.“ Erkenntnisse, aus welchem Umfeld die Täter stammten, lägen ihm noch nicht vor.

Auch das für Extremismus zuständige Operative Abwehrzentrum, das die Ermittlungen übernommen hat, machte keine weiteren Angaben zu möglichen Motiven. Laut Gemkow hatte eine Nachbarin etwa fünf bis zehn Täter beobachtet.

Die Angreifer hatten in der Nacht zum Dienstag zunächst mit Pflastersteinen Fensterscheiben der Wohnung in der Leipziger Südvorstadt eingeworfen, in der der 37-Jährige auf rund 80 Quadratmetern mit seiner Frau und den kleinen Kinder des Paares lebt. Anschließend wurde Buttersäure gegen die Fenster und die Fassade des Hauses geworfen. Die Ausbreitung der Dämpfe habe dazu geführt, „dass die Kinder gehustet haben“. Auch seine Frau habe „Beeinträchtigungen im Hals“ gespürt.

Von der Kaltblütigkeit der Täter zeigte sich Gemkow „persönlich betroffen und enttäuscht, weil ich eigentlich immer an das Gute im Menschen glaube“. Die Angreifer hätten billigend in Kauf genommen, „dass das Baby schwer zu Schaden kommt - oder Schlimmeres“. Das jüngste Kind, ein Junge, ist erst wenige Monate alt.

Angesichts der zunehmenden Bedrohung fordern die Linken, Privatadressen von Politikern in Wahlbekanntmachungen nicht mehr zu verzeichnen. In Zeiten, „in der immer häufiger zu Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung gegriffen wird“, entwickelt sich die Veröffentlichung der Adressen „zum Sicherheitsrisiko für die Kandidierenden“, sagte die Landesgeschäftsführerin Antje Feiks.

Auch die sächsische SPD-Generalsekretärin Daniela Kolbe sprach sich dafür aus, eine entsprechende Änderung der Landeswahlordnung zu prüfen. „Vor der Wohnungstür ist Schluss“, sagte sie. „Rathäuser, Parlamente und Büros sind der richtige Ort für Demonstrationen. Bei uns Zuhause hat niemand etwas verloren.“

Am Dienstagabend hatten rechte Gegner der Flüchtlingsunterbringung in Dresden vor der Privatwohnung von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) demonstriert und „Volksverräter“ skandiert. (dpa)