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Zehn Jahre nach „Kyrill“

Vor zehn Jahren raste Orkan „Kyrill“ durch Deutschland. Auch Sachsen war betroffen - im Erzgebirge knickten Bäume wie Streichhölzer um. Dort sind die Folgen mancherorts noch immer sichtbar.

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© dpa

Christiane Raatz

Pirna. Zehn Jahre nach dem verheerenden Orkan „Kyrill“ ist in Sachsens Wäldern von den Schäden kaum noch etwas zu sehen. „Die meisten zerstörten Flächen sind längst wieder mit jungen Bäumen bepflanzt“, sagte der Sprecher des Staatsbetriebs Sachsenforst, Klaus Kühling, der Deutschen Presse-Agentur. Der Orkan Kyrill war am 18. und 19. Januar 2007 über Deutschland gezogen - und hinterließ auch in Sachsen eine Spur der Verwüstung.

Die Beseitigung der Schäden im Staatswald kostete rund 18 Millionen Euro. In den Waldgebieten hinterließ der Orkan rund 1,8 Millionen Kubikmeter Bruchholz - das entspricht der durchschnittlichen Menge Holz, die normalerweise jährlich in allen Wäldern Sachsens geschlagen wird. Unter anderem wurden die Wälder von rund 23 000 Waldbesitzern in Mitleidenschaft gezogen.

„Der Sturm hinterließ im Landeswald etwa 1 300 Hektar Kahlflächen“, erklärte Kühling. Rund fünf Millionen Bäume wurden umgeworfen, abgebrochen oder so beschädigt, dass sie gefällt werden mussten. Kühling sprach von einem der „größten Schadereignisse der letzten Jahrzehnte.“ „Kyrill“ ließ Nadelbäume wie Streichhölzer umknicken, besonders Fichten.

Die Schäden konzentrierten sich im westlichen Erzgebirge, am Schlimmsten war es im Forstbezirk Eibenstock: „Es sah verheerend aus“, erinnert sich etwa Stephan Schusser, Leiter des Forstbezirks. Mehr als 350 000 Kubikmeter Schadholz hinterließ „Kyrill“, vor allem auf den Kammlagen um die 800 Meter zwischen Morgenröthe-Rautenkranz bis Johanngeorgenstadt.

Forstfirmen auch aus ganz Deutschland waren mit ihren Maschinen im Einsatz, um beim Aufräumen zu helfen. Die Bedingungen seien schwierig gewesen, weil es im Sommer ungewöhnlich viel regnete, so Schusser. Die Wege wurden so stark beschädigt, dass sie für zwei Millionen Euro repariert werden mussten. Auf einer Fläche von rund 1 000 Hektar wurden nach „Kyrill“ junge Bäume gepflanzt - vor allem Bergahorn, Lärchen, Douglasien und Buchen. „Wir haben das gleich für Waldumbau genutzt, insofern war Kyrill auch eine Bereicherung für die Natur.“ Auf der anderen Seite sei das Holz gerade einmal für die Hälfte des Wertes verkauft worden. „Ein gewaltiger finanzieller Verlust.“

Auch Carsten Lohr vom Revier Crottendorf (Erzgebirge) erinnert sich an 20 bis 30 Hektar Kahlflächen, die „Kyrill“ vor zehn Jahren hinterlassen hat. „Heute sieht man davon nichts mehr.“ Die Flächen wurden mit Fichten, Lärchen und Buchen wieder aufgeforstet. „Die Fichten sind mittlerweile schon fünf Meter hoch“, so Lohr. Etwa ein dreiviertel Jahr haben die Sachsenforst-Mitarbeiter damals gebraucht, um allein das zu Bruch gegangenen Holz aus dem Wald der Region zu holen. „Ein enormer Kraftakt“, so Lohr.

Im Forstbezirk Bärenfels wütete „Kyrill“ vor allem im Tharandter Wald, um die Talsperren Klingenberg und Lehnmühle sowie in Glashütte und Bärenstein. Der Orkan hinterließ 160 000 Kubikmeter Schadholz und 200 Hektar kahle Fläche. Bis Ende 2007 wurde das tote Holz aus den Wäldern geschafft, um eine Borkenkäfer-Katastrophe zu verhindern, erklärte eine Sprecherin.

Dennoch hatten die Forstwirte in den Folgejahren mit Schädlingen zu kämpfen: Dort, wo viele Fichten stehen, vermehrte sich 2008 der Buchdrucker massenhaft wie seit 40 Jahren nicht mehr. Auch der Borkenkäfer nutzte das tote Holz zum Brüten und befiel im Jahr nach „Kyrill“ zahlreiche Bäume.

Während die Beseitigung der unmittelbaren Schäden 2008 abgeschlossen war, zog sich die Wiederaufforstung teils über Jahre hin. Die Kosten für den Waldumbau stiegen von knapp 10 Millionen Euro in den Jahren 2006 und 2007 auf mehr als 16 Millionen Euro im Jahr 2008. Heute sind laut Sachsenforst alle Kahlflächen wiederaufgeforstet oder zumindest bewachsen. Die Folgen von „Kyrill“ sind Erzgebirge allerdings immer noch sichtbar: Dort, wo die Fichtenwälder besonders locker sind oder wo sich die aufgerissenen Kanten von älteren Beständen mit wiederbewaldeten Kahlflächen abwechseln. „Dieses Erbe wird die Förster und Waldbesitzer in Sachsen noch Jahrzehnte beschäftigen.“ (dpa)