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Der Kampf für die Geburtenklinik

Jetzt wehren sich auch Firmenchefs aus Bischofswerda gegen die Schließung der Station im Krankenhaus. Unternehmer Ulrich Käppler sagt warum.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Ein Neukircher Unternehmen, die Firma Käppler & Pausch, trägt noch heute seinen Namen, auch wenn Ulrich Käppler 2015 aus dem Betrieb ausgeschieden ist. Jetzt ist der Bischofswerdaer 66 Jahre alt. Doch er hat noch immer etwas zu sagen – aktuell zur geplanten Schließung der Geburtenstation im hiesigen Krankenhaus. Ulrich Käppler äußert sich im Gespräch mit der SZ als Mitglied des Wirtschaftsfördervereins Bischofswerda (WFB). Das Gremium kämpft für den Erhalt der Frauenklinik und organisierte dafür in nur drei Wochen über 7 000 Unterschriften.

Seit Eröffnung des Krankenhauses an der Kamenzer Straße im Frühjahr 1998 wurden rund 7500 Kinder in Bischofswerda geboren. Der Wirtschaftsförderverein der Stadt kämpft mit vielen anderen dafür, dass Bischofswerda Geburtsort bleibt.
Seit Eröffnung des Krankenhauses an der Kamenzer Straße im Frühjahr 1998 wurden rund 7500 Kinder in Bischofswerda geboren. Der Wirtschaftsförderverein der Stadt kämpft mit vielen anderen dafür, dass Bischofswerda Geburtsort bleibt. © Thorsten Eckert

Herr Käppler, warum engagiert sich der Wirtschaftsförderverein so exponiert für den Erhalt der Geburtenstation?

Der Wirtschaftsförderverein setzt sich für den Erhalt, die Sicherung und den Ausbau des Wirtschaftsstandortes Bischofswerda ein. Es ist ein ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement; wir nutzen alle unsere Freizeit für diese Aufgabe. Dazu gehört, ein offenes Ohr für Unternehmer zu haben sowie potenzielle Investoren auf ihrem Weg zu begleiten. Wirtschaftsförderung heißt aber auch, den weichen Wirtschaftsfaktoren die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. In den vergangenen Jahren wurden viele Behörden und Einrichtungen von Bischofswerda nach Bautzen verlagert. Damit sind Arbeitsplätze und Kaufkraft verloren gegangen. Die Attraktivität unserer Stadt ist von Jahr zu Jahr gesunken. Die Schließung der Geburtenstation ist für uns wiederum ein Lichtschalter, der ausgeknipst werden soll. Wir sind nicht mehr bereit, solche Entscheidungen einfach so hinzunehmen. Das Maß ist voll. Wir werden uns gegen eine weitere Abkoppelung von Bischofswerda zur Wehr setzen.

Warum ist es aus Ihrer Sicht so wichtig, dass die Geburtenstation in Bischofswerda erhalten bleibt?

Es ist vor allem psychologisch wichtig. In der Geburtenstation beginnt das Leben. Sie ist die schönste und aus unserer Sicht auch die wichtigste Station des Krankenhauses. Der Geburtsort kann zur Identifikation eines Menschen mit seiner Heimatstadt beitragen – so wie das BIW am Auto.

Karl-Heinz John, Inhaber des Berggasthofes auf dem Butterberg und Mitglied des Wirtschaftsfördervereins, schlug vor, die Entscheidung für ein Jahr auszusetzen und die Zeit zu nutzen, um nach Lösungen zu suchen. Landrat Harig lehnt diesen Vorschlag ab. Entmutigt Sie das?

Dieser Vorschlag hat weiterhin bestand. Innerhalb weniger Wochen haben über 7 000 Menschen für den Erhalt der Bischofswerdaer Geburtenstation unterschrieben. Nicht nur aus der Stadt und den umliegenden Gemeinden, auch aus dem Raum Sebnitz und Neustadt. Die 7 000 Unterschriften bestätigen uns in unserem Herangehen. Wir sehen uns dadurch legitimiert, mit den Entscheidungsträgern zu sprechen und für die Entbindungsstation unseres Krankenhauses zu kämpfen.

Was außer dem Zeitgewinn würde es noch bringen, die Entscheidung für ein Jahr auszusetzen?

Wir sagen es offen: Wir wollen die Entscheidungsträger – die Geschäftsführung der Oberlausitz Kliniken und die Führung des Landkreises als Gesellschafter – unter öffentlichen Druck setzen, damit sie mit uns gemeinsam die Möglichkeiten ausloten, die Geburtenstation zu erhalten. Wir sind gern bereit, uns als Wirtschaftsförderverein konstruktiv einzubringen. Unsere Mitglieder sind alle Unternehmer. Man sollte die Netzwerke von Unternehmern nicht unterschätzen.

Klinikleitung und Landrat begründen die Zusammenlegung der Geburtskliniken von Bautzen und Bischofswerda mit dem Fehlen von Ärzten und Hebammen ab dem neuen Jahr. Was kann der WFB dem entgegensetzen?

Ich war 22 Jahre lang Unternehmer. Ich habe in dieser Zeit auch Situationen erlebt, wo Fachkräfte fehlten. Trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen, eine Abteilung meiner Firma zu schließen. Da ist einfach Flexibilität gefordert. So eine Situation kommt nicht über Nacht, oder man hat, wie auch immer, darauf hingearbeitet.

Ein harter Vorwurf.

Aber nicht unbegründet, wenn man die fehlende Kommunikation im Vorfeld sieht. Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Selbst der Oberbürgermeister wurde erst informiert, als die Entscheidung längst getroffen war. Auf eine solche Weise kommuniziert man ein so wichtiges Thema nicht.

Welche Erwartungen an Landrat Michael Harig und Klinik-Geschäftsführer Reiner E. Rogowski haben Sie?

Eigentlich nur eine: Gebt uns das eine Jahr. Wir haben um Antwort bis zum 30. November gebeten. Bei einem positiven Feedback würden wir sofort daran gehen, unsere Vorschläge zu erarbeiten. Einer liegt schon auf dem Tisch: Der Wirtschaftsförderverein ist bereit, deutschlandweit eine Anzeigenkampagne in der Fachpresse zu organisieren, um Fachkräfte fürs Bischofswerdaer Krankenhaus zu gewinnen.

Wo sehen Sie Möglichkeiten für einen Kompromiss?

Ein Kompromiss könnte darin bestehen, dass in Bischofswerda weiterhin Kinder geboren werden. Es gibt unterschiedliche Ansätze, die es wert sind, öffentlich diskutiert zu werden, was ja bereits getan wird. Ein Hebammenkreißsaal, wie ihn die SPD vorschlägt, könnte eine Möglichkeit sein.

Vor zweieinhalb Jahren sind Sie aus dem Unternehmen Käppler & Pausch in Neukirch ausgeschieden und in den Ruhestand gegangen. Was motiviert Sie, sich noch heute für die Wirtschaft der Region einzusetzen?

Wenn man einmal Unternehmer gewesen ist, hat man gelernt, sich einzubringen, wo Handlungsbedarf besteht. Mir macht es Freude, mit Gleichgesinnten an Lösungen für unsere Stadt und unsere Region zu arbeiten. Dazu gehört auch, Angebote zu entwickeln für Dinge, die uns weggenommen wurden. Andere machen es uns doch vor. Schauen Sie nur auf die Ankündigung, aus der Braunkohle auszusteigen. Ministerpräsident Tillich hat gegenüber der Bundesregierung sofort die Forderungen des Freistaates aufgemacht, um Ersatz für die wegfallenden Arbeitsplätze zu schaffen. Aus meiner Sicht völlig berechtigt.