Merken

„Wir sind keine plumpen Steineklopfer“

Der Chemnitzer Experimentalarchäologe Dominique Görlitz steht in Ägypten vor Gericht. Die Vorwürfe hält er für irrwitzig.

Teilen
Folgen
© dpa

In Kairo wird zwei deutschen Experimentalarchäologen vorgeworfen, das Erbe der Pharaonen beschädigt zu haben. Aus der Cheops-Pyramide sollen sie illegal Farbreste der Deckenbemalung und Gesteinsproben entnommen haben. Der Prozess wurde gerade auf September vertagt. Einer der Angeklagten ist Dominique Görlitz.

Ist das der Unschuldsbeweis? Dieses Foto der Cheops-Kartusche soll der US-amerikanische Wissenschaftler Robert Schoch 2006 gemacht haben. Es zeigt bereits die Beschädigungen, die nun Görlitz unterstellt werden.
Ist das der Unschuldsbeweis? Dieses Foto der Cheops-Kartusche soll der US-amerikanische Wissenschaftler Robert Schoch 2006 gemacht haben. Es zeigt bereits die Beschädigungen, die nun Görlitz unterstellt werden. © Robert Schoch

Herr Görlitz, sind Sie ein Räuber?

Raub klingt nach Kriminalroman. Ich halte den ganzen Vorwurf für absurd, weil wir niemandem etwas weggenommen haben, um daraus einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Wir haben wissenschaftliche Grundlagenforschung betrieben und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

Dennoch: Sind Sie in der Cheops-Pyramide unerlaubt zu Werke gegangen?

Wir hatten eine Genehmigung. Auf dem Formular der ägyptischen Verwaltung war nicht eingeschränkt, wohin wir gehen dürfen und was wir da machen dürfen. Ägyptische Inspektoren haben uns vollen Zugang gewährt und uns sogar beim Aufstellen der beantragten Leitern geholfen. Wir hätten da niemals ohne Erlaubnis eindringen können – man kommt nicht ohne Weiteres an die Decke der Königskammer.

Es war also keine geheime Aktion?

Nein, ganz im Gegenteil. Wir haben unser Projekt in aller Öffentlichkeit kommuniziert. Wir sind nun aber hochgradig diskreditierenden Vorwürfen des ägyptischen Ex-Ministers für Altertümer ausgesetzt und sehen uns als Opfer einer Hetzkampagne.

Welche Vorwürfe sind das genau?

Er behauptet zum Beispiel, dass „reiche Juden“ uns bestochen hätten, um die Pyramide zu schänden oder um zu beweisen, dass die Juden die Pyramide gebaut hätten. Das ist völlig irrwitzig! Konkret wirft man uns zudem vor, dass wir im April 2013 die Cheops-Kartusche beschädigt und Teile davon gestohlen hätten. Das stimmt nicht, das können wir beweisen.

Und wie?

Zum Beispiel zeigen Fotos von 2006 genau die Schäden an der Kartusche, die wir im April 2013 angerichtet haben sollen. Diese Spuren von Meißelschlägen sind damit auf keinen Fall von uns. Wir sind doch keine plumpen Steineklopfer. Würden die Ägypter diese Beweise ernsthaft prüfen, wären wir längst entlastet.

Der Richter hat den Prozess auf den 14. September vertagt. Sie nennen das Vorgehen „fragwürdig“. Weshalb?

Da sitzen sechs Männer – ein Reiseunternehmer, Kontrolleure der Altertümerverwaltung und Pyramidenwächter – seit fünfeinhalb Monaten in Untersuchungshaft. Ich frage: Warum wurde nicht längst geprüft, wann die Schäden entstanden sind?

Ägyptische Zeitungen berichten über „Schmuggel“ von Teilen der Cheops-Pyramide. Tatsächlich haben Sie Proben ausgeführt. War das falsch?

Wir sind uns dieser Schuld nicht bewusst. Wir wollten den Ägyptern mit unserer Arbeit helfen und die Proben in Deutschland mittels modernster Technik untersuchen lassen, um herauszufinden, wie innovativ die alten Ägypter tatsächlich bei dem Bau der Pyramiden waren.

Aber verstehen Sie auch die Empörung der Ägypter, die sagen: „Wenn da jeder was abkratzt, ist bald nichts mehr da?“

Wir haben uns sowohl bei der Antikenbehörde als auch bei den Ägyptern umgehend entschuldigt und volle Kooperationsbereitschaft garantiert. Es gab dort in der Tat viele Skandale in den vergangenen 20 Jahren, wobei riesige Schäden entstanden. Wir dagegen haben weder an Steinen gebohrt noch irgendwelche Malereien beschädigt. Wir sprechen von wenigen Milligramm von Patina. Einmal Pusten in die Petrischale, und es ist nichts mehr da.

Werden Sie sich in Kairo vor Gericht verantworten?

Das ist eine ironische Frage, oder?

Das Interview führte Marcel Burkhardt.