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„Wir sind eine ganz normale Schule“

Die Schlägerei zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen nahe einer Schule in Bautzen-Gesundbrunnen hat die Lehrer überrascht.

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© Uwe Soeder

Von Sebastian Kositz

Auf den schmalen Fluren der Oberschule in Gesundbrunnen drängen sich die Schüler. Soeben hat die Mittagspause begonnen. Die Kinder und Jugendlichen erzählen, lachen, einige toben ausgelassen umher. Das eigene Wort ist kaum noch zu verstehen. „Wir sind eben eine ganz normale Schule“, sagt der stellvertretende Leiter der Einrichtung, Jochen Wenzel. Und trotzdem zeigen sich die Verantwortlichen in diesen Tagen besorgt. Grund dafür sind die Schlagzeilen von vergangener Woche.

Am Donnerstagnachmittag waren nahe der Schule mehrere deutsche und ausländische Jugendliche aufeinander losgegangen. Ein junger Syrer soll schließlich sein Pfefferspray gezückt haben. Sechs Menschen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren werden verletzt, müssen mit Augenreizungen in die Klinik. Etliche der Beteiligten sind Schüler an der Einrichtung. Zum Streit zwischen beiden Gruppen soll es laut Polizei schon in der Hofpause gekommen sein. Die jungen Leute hätten dann verabredet, ihre Meinungsverschiedenheiten nach dem Unterricht auszutragen. Beide Seiten hätten dazu übers Handy Verstärkung gerufen.

Keine Probleme an der Schule

Der Vorfall machte schnell die Runde. Lokale und regionale Medien berichteten. Längst genügen die Stichwörter Bautzen und Gewalt. Dass die nun in den Zusammenhang mit der Oberschule in Gesundbrunnen gerückt werden, treibt die Verantwortlichen in der Einrichtung um. „Wir haben hier keine Probleme, ganz im Gegenteil“, sagt Renate Walpert. Sie leitet seit sieben Jahren die Schule. Migration und Integration spielen hier schon länger eine Rolle. Erst waren es die Kinder der Spätaussiedler, jetzt vor allem die der Zuwanderer. Richtigen Ärger habe es an der Schule oder unter den Jugendlichen nie gegeben.

Um die jungen Zuwanderer auf den Unterricht vorzubereiten, gibt es auch an der Oberschule in Gesundbrunnen eine sogenannte DaZ-Klasse. Das Kürzel steht für Deutsch als Zweitsprache. Etwa zwei Dutzend Kinder zählen zur Klasse, sie kommen aus Syrien, Irak, Afghanistan – oder EU-Ländern wie Polen, Rumänien und Ungarn. Die, die schon gut Deutsch sprechen, sitzen längst in den anderen Klassen. Wie viele das sind, kann Jochen Wenzel auf Anhieb gar nicht sagen: „Sie fallen uns gar nicht mehr auf“, sagt der stellvertretende Schulleiter und meint damit vor allem, dass bei den Noten und Leistungen zwischen ihnen und deutschen Kindern keinerlei Unterschiede mehr festzustellen seien. Zugleich werden sie auch von ihren deutschen Mitschülern akzeptiert, sagt Jochen Wenzel.

Vom Streit nichts mitbekommen

Umso überraschter waren er und seine Kollegen, als sie von dem Vorfall erfuhren. Von einem Streit hätten die Lehrer während der Hofpause nichts mitbekommen. Beide Gruppen, die aneinandergeraten waren, wären auf dem Hof für sich gewesen. Zwar räumt die Schulleitung ein, dass beide Gruppen Probleme miteinander hätten – aber eben nicht so, dass sich eine derartige Eskalation angedeutet hätte. Und Renate Walpert betont, dass die Beteiligten eher die Ausnahme unter den insgesamt knapp 300 Schülern seien. „Diese Probleme gibt es anderswo aber auch“, so Jochen Wenzel.

Was hinter dem Streit steckt, lässt die Polizei zunächst noch offen. An der Schule versuchen die Verantwortlichen das ebenfalls herauszufinden, wollen sich dazu aber gleichfalls nicht äußern. Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund gibt es laut Polizei bisher nicht. Der kann aber angesichts des frühen Ermittlungsstands auch noch nicht ausgeschlossen werden, so Polizeisprecher Tobias Sprunk.

Es gibt Vorurteile

Ein generelles Problem mit Rechtsextremismus an der Oberschule gibt es aus Sicht der Leitung ohnehin nicht. Schulsozialarbeiterin Manja Gruhn räumt allerdings ein, dass bei einigen Schülern aber durchaus eine gewisse Affinität bestehe. Es kursieren Vorurteile, wie sie in der Stadt öfter zu hören seien. Hier werde mit Gesprächen und Projekten gegengesteuert – die bei den Schülern auch auf Interesse stoßen.

Bereits kurz nach dem Vorfall, so erklärt Renate Walpert, hätten sich die Beteiligten untereinander sogar entschuldigt. So habe es zumindest einer der Schüler berichtet. Da sich die Auseinandersetzung außerhalb der Schule abspielte, gebe es durch die Schulleitung auch keine Konsequenzen. „Wir können eben nicht kontrollieren, was die Schüler außerhalb der Schule machen“, erklärt Renate Walpert.

Wer den Streit beobachtet hat, wird gebeten, sich bei der Polizei als Zeuge zu melden: Telefon: 03581 468100