Merken

„Wir müssen dieses Monster finden“

In Scharfenberg ist eine Stute auf perverse Art gequält worden. Wer so etwas tut, ist eine der offenen Fragen.

Teilen
Folgen
© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Dagmar Großer, die Chefin des Western Inn, eines Pferdehofes mit Restaurant und Pension in Scharfenberg, drückt ihre Erschütterung und Wut auf Facebook in drastischen Worten aus: „In der Nacht vom 18. zum 19. 11. hat irgendein perverses Schwein sich mit diesem Eigenbau (Vibrator am Eisenstab) an einer unserer Stuten vergangen. Das Pferd musste aufgrund schwerster Verletzungen eingeschläfert werden“ (die SZ berichtete).

Offenkundig ist die Stute mit dem Metalldildo gequält worden, allerdings waren es nicht „Verletzungen im Scheidenbereich, sondern an einem Huf“, die zu der Entscheidung des behandelnden Tierarztes führten, das 7 000 Euro teure Tier einzuschläfern. Dagmar Großer vermutet, dass es mit Draht gefesselt worden ist. Davon sei aber im Gegensatz zu dem Dildo bislang nichts auf der Koppel gefunden worden. „Die Stute hatte am ganzen Körper Schürfwunden. Die resultierten vermutlich aus ihrem Befreiungskampf“, erklärte Janell Baader. Sie ist die beim Western Inn angestellte Pferdewirtin.

Die Vermutung, dass sich jemand an der Stute vergangen hat, der sich mit Pferden auskennt, liegt nahe. „Zumindest muss es jemand gewesen sein, der keine Angst vor solch großen Tieren hat“, so Janell Baader. Die Verletzungen an einem der Hinterhufe der Stute waren gravierend: „Es gab Fleischwunden bis auf den Knochen, sämtliche Sehnen und Bänder waren zerrissen und zwei Gelenke lagen offen.“

Auf Facebook fragt Dagmar Großer, wer in der fraglichen Nacht „in der Zeit zwischen 1 und 4 Uhr etwas Verdächtiges bemerkt hat“? Wie sie die mögliche Tatzeit so genau bestimmen könne, lautet die Frage. Erstens würden die Koppeln noch spät kontrolliert, und außerdem sei bis spät in der Nacht noch Betrieb auf dem Elberadweg. „Und ab sechs Uhr ist der schon wieder voll, auch im Winter.“ Wer dem Western Inn einen Hinweis gibt, der zum Täter führt, erhalte 2 000 Euro Belohnung, sagt sie. Und: „Pferdeleute, passt verstärkt im Großraum Dresden/Meißen auf Eure Tiere auf, wir müssen dieses Monster finden. Alle Hinweise bitte direkt an die Polizei, sie ermittelt.“

Die Polizeidirektion Dresden hatte am Sonntag unter der Überschrift „Verstoß Tierschutzgesetz“ über den Fall in Scharfenberg berichtet. So auch, dass das vermutliche Tatwerkzeug, „eine modifizierte Eisenstange“ erst am Sonnabend gefunden worden war. Auf Nachfrage erklärte eine Sprecherin der Polizeidirektion, dass die Ermittlungen erst am Anfang stehen und es demzufolge noch nichts Neues gibt. „Wenn wir einen Täter ermitteln, werden wir das veröffentlichen.“

Warum immer wieder Pferde das Ziel von Angriffen werden, ist eine der schwierig zu beantwortenden Fragen. Psychiater und Psychologen gehen davon aus, das die Täter Machtfantasien ausleben, indem sie ein großes, schönes Tier wie ein Pferd erniedrigen, häufig in Form einer sadistisch-sexuellen Perversion, wie nun offenbar auch in Scharfenberg. Die Täter, die den Tieren Gewalt antun, verhielten sich im Alltag oft ganz normal und kämen aus allen Gesellschaftsschichten. „Meistens sind es Männer im jüngeren bis mittleren Erwachsenenalter. In der Regel sind sie traumatisiert, sie haben körperliche Gewalt erlebt oder wurden missbraucht“, erklärt Christa Roth-Sackenheim, die Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Psychiater.

Dagmar Großer zieht nun Konsequenzen aus dem Vorfall. Seit gestern kümmert sich nachts auch ein Sicherheitsdienst um die Pferde auf den Koppeln des Western Inn in Scharfenberg. „Die Chancen sind sehr gering, dass der Mensch, der das getan hat, gefunden wird“, sagt Pferdewirtin Janell Baader. „Aber zumindest können wir andere Pferdehalter nun für diese Gefahr sensibilisieren.“