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„Windenergie steckt in den Kinderschuhen“

Die Strompreise dominieren derzeit die Debatten um die Energiewende. Doch die Befürworter sehen keine Alternative. In Sachsen liefert vor allem der Wind umweltfreundlichen Strom - doch der Ausbau stockt.

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Christiane Raatz

Dresden. Mit der Energiewende soll auch der Ausbau von Windkraft in Sachsen vorangetrieben werden. Während es Befürwortern nicht schnell genug geht, sorgt die «Verspargelung» bei Bewohnern für Proteste, ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Pläne für einen großen Windpark im Landkreis Meißen liegen vorerst auf Eis. Ein findiger Unternehmer aus dem Vogtland hat unterdessen Mini-Windräder für den Hausgebrauch entwickelt.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums drehten sich im Vorjahr in Sachsen 845 Windräder mit einer Leistung von rund 1000 Megawatt. Sie erzeugten rund 1700 Gigawattstunden Strom pro Jahr - genug, um etwa 49 000 Vier-Personen-Haushalte zu versorgen. Künftig sollen es nach dem Willen der Regierung 3500 Gigawattstunden sein. 2012 wurden etwa acht Prozent des sächsischen Stromverbrauchs durch Windenergie gedeckt, vier Prozent durch Solarenergie.

Für den Landesverband Windenergie ist das zu wenig. «Die Windenergie in Sachsen steckt noch in den Kinderschuhen», kritisierte Verbandsvorsitzender Martin Maslaton. Angesichts der Energiewende sei der Ausbau unbedingt notwendig, gehe aber viel zu langsam voran. Maslaton begründete dies unter anderem damit, dass Potenziale nur unzureichend genutzt würden. Studien hätten gezeigt, dass rund 14 Prozent der Landesfläche für die Erzeugung von Windenergie genutzt werden könnten - inklusive Wald und Schutzgebieten. Der Freistaat sieht laut einem Entwurf zum Energie- und Klimaprogramm aber nur etwa 0,5 Prozent der Landesfläche vor. «Wie viel aber nun tatsächlich bebaut werden darf, ist heiß umstritten», sagte Maslaton.

Auch die Grünen sprechen von einem «Abbremsen des Ausbautrends». Sie gehen davon aus, dass mehr als 30 Prozent des sächsischen Stromverbrauchs durch Windkraft gedeckt werden könnten. Unter anderem dadurch, dass alte durch neue Windanlagen ersetzt werden. Vor ein paar Jahren seien in der Region Zittau fünf Windräder ausgetauscht worden. «Seitdem geschieht nichts», sagte der Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi. Laut einer Grünen-Studie könnten bis zu 500 Anlagen ersetzt und die Stromerzeugung so gesteigert werden. Lichdi mahnte allerdings, auch die Bürger in die Planung einzubeziehen.

Immer wieder sorgt die «Verspargelung» der Landschaft mit den teils bis zu 200 Meter hohen Anlagen bei Anwohnern für Proteste. So wehrt sich etwa die Bürgerinitiative «Wir für unsere Dörfer!» seit einem Jahr gegen die Errichtung eines Windparks im Großenhainer Norden. Sie fürchten sich vor Lärm und Schatten. Laut regionalem Planungsverband, der geeignete Gebiete für Windkraft ausweist, könnten zwischen Skäßchen und Strauch (Landkreis Meißen) rund 50 Anlagen gebaut werden - weniger als einen Kilometer von den Ortschaften entfernt.

«Eine Zumutung», schimpft der Sprecher der Bürgerinitiative, Jens Haupt. Er und seine Mitstreiter wollen den Abstand zwischen Windrädern und Wohnhäusern auf 2000 Meter vergrößern. «Und dafür reichen die Flächen einfach nicht aus - ein Riesenproblem in Sachsen.» Die Proteste hatten Erfolg: Die Pläne liegen vorerst auf Eis. Der Planungsverband Oberes Elbtal-Osterzgebirge will zunächst den überarbeiteten Landesentwicklungsplan abwarten.

Weniger aufdringlich ragen die Mini-Windräder des Unternehmens Alphacon aus dem Vogtland in die Landschaft. Seit dem Vorjahr werden dort bis zu zehn Meter hohe Kleinwindanlagen hergestellt, die auch im Garten aufgestellt werden können. «Für den Hausgebrauch», wie Geschäftsführer Stephan Dressel sagte. Je nach Windstärke und Standort können Hausbesitzer einen Teil des Eigenbedarfs an Strom decken. Nicht nur aus dem Inland gibt es Anfragen, auch nach Großbritannien und Holland wurden bereits die ersten Räder geliefert. (dpa)