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Wie Sachsen ihren Dialekt loswerden

Stimmtrainerin Katherin Duschek empfiehlt, die Muskulatur zu trainieren, um besser Hochdeutsch zu sprechen.

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© Karikatur: Bierwolf

Von Nadine Franke

Der Sachse hört, wenn jemand versucht, seinen Dialekt zu imitieren. Sei es zum Spaß, im Radio oder Fernsehen. Aber irgendwie klingt es trotzdem nie ganz richtig.

Ihre Stimme ist ihr Beruf: Kathrin Duschek arbeitet als Sängerin und Stimmtrainerin. Sie coacht nicht nur Chöre, sondern auch Einzelpersonen.
Ihre Stimme ist ihr Beruf: Kathrin Duschek arbeitet als Sängerin und Stimmtrainerin. Sie coacht nicht nur Chöre, sondern auch Einzelpersonen. © René Meinig

Oft ist die Aussprache nicht weich genug. Dabei gibt es eine einfache Regel: Man muss von allem mal etwas weniger machen, weniger Kiefer, weniger Lippen, weniger Zunge – Das hat Kathrin Duschek ihren Musikerfreunden aus dem Ruhrgebiet geraten, als sie versuchte, ihnen Sächsisch beizubringen. „Sie hatten richtige Probleme, das Sächsische zu formen“, erinnert sich Duschek, die als selbstständige Sängerin und Stimmtrainerin arbeitet.

Ansonsten kommt es eigentlich nie vor, dass sie jemanden, den sächsischen Dialekt beibringen soll. Aber andersrum gibt es schon Nachfragen. „Besonders Geschäftsleute kommen zu mir, um sich ihr Sächsisch abzutrainieren.“ Grund dafür sei, dass dieser Dialekt negativ bewertet wird und besonders in starker Ausprägung nicht gut ankomme, sagt Duschek. Damit steht das Sächsisch unter den Dialekten so gut wie allein da. Duschek hat eine Erklärung, woran das liegt: „Sächsisch hat einen anderen Klang als das Hochdeutsche. Das ist das Ohr einfach nicht gewohnt.“ Andere Dialekte seien näher am Hochdeutschen. Doch woran liegt das?

Andere Grammatik oder eigenes Vokabular haben auch andere Dialekte. Für Kathrin Duschek steht die Aussprache im Mittelpunkt. Daran kann sie mit ihrem Stimmtraining auch etwas ändern. Denn der Unterschied in der Aussprache ist für sie deutlich zu erkennen: „Wer sächsisch spricht, bewegt seinen Kiefer kaum.“

Aber nicht nur der Kiefer ist sehr fest, sondern die Lippen werden nur wenig bewegt, und die Zunge ist weit hinten. Somit werden Vokale dunkler und Konsonanten weicher ausgesprochen. Da klingt ein K beispielsweise mehr wie ein G. Die Sprechmuskulatur ist insgesamt sehr fest. Das hat zur Folge, dass die Muskeln im Mundbereich sowie die Zunge erst trainiert werden müssen, wenn jemand etwas an seiner sächsischen Aussprache ändern will. „Wenn es ja nie genutzt wurde, ist die Muskulatur das einfach nicht gewohnt“, sagt Duschek. Die 32-Jährige kam von Halle nach Dresden. Auch ihr wurde von ihrer Gesangslehrerin zu Beginn gesagt, ihr Kiefer sei zu fest. Also trainierte sie.

Es gibt verschiedene Übungen und diverse Kieferöffnungen, um die Muskulatur zu trainieren. Um es einfach mal zu testen, sagt Duschek, könnte man ein A formen. Wer sächsisch spricht, öffnet den Mund nur einen Spalt und hält die Zunge zurück. Bei einer hochdeutschen Aussprache müssten bei der Formung des Vokals aber zwei Finger zwischen die Zähne passen und die Zunge unten gegen die Zähne drücken.

„Beim Stimmtraining ist es wie im Fitnessstudio. Die Zunge kann genau wie der Biceps trainiert werden“ , sagt Duschek. Es erfordere nur sehr viel Konzentration. In ihrem Unterricht kann sie ein Basiswissen vermitteln, das geht sogar innerhalb von drei Stunden. „Doch danach muss es täglich für ein paar Minuten geübt werden.“ Schließlich soll es eine unterbewusste Kompetenz werden.

Die meisten, die zu ihr kommen, um ihren Dialekt abzutrainieren, sind etwa Ende 20 bis Mitte 30. Manche kommen nur einmal zu ihr, um ein Basiswissen zu erlangen. Andere kommen regelmäßig und trainieren gemeinsam mit der 32-Jährigen.

Doch es gibt auch jene, bei denen diese Übungen nichts bringen. Das ist der Fall, wenn sie keinen Spaß daran haben und das auch eigentlich gar nicht wollen. Diese Erfahrung musste Kathrin Duschek auch schon machen. „Ich hatte mal jemanden, der von seinem Chef gezwungen wurde, sich seinen Dialekt abzutrainieren.“ Gebracht hat es letztendlich nichts, außer dass sich der Betroffene unwohl fühlte.

Auch für Kathrin Duschek klingt es falsch, wenn sie gefragt wird, wie man sich seinen Dialekt abtrainieren kann. Schließlich liebe sie Dialekte, wie sie betont. Sie würde auch zu gern mal eine Kaffeekantate von Bach auf Sächsisch hören. „So ein Training sollte eher als eine neue Fähigkeit gesehen werden.“ Es gehe nicht darum, die Sprechart, mit der man aufwuchs, abzulegen, weil sie falsch sein könnte. Stattdessen sollte es als eine neue Form der Verständigung gesehen werden, so Duschek. „Wenn mein Gegenüber mich nicht versteht, ist es dann ein automatisches Umswitchen.“