Merken

Wie kam die Polizei an Zschäpes Nummer?

Das NSU-Trio lebte in Zwickau offenbar unauffällig. Vor dem Landtag sagte nun die Zeugin aus, der die Angeklagte ihre Katzen anvertraute.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Thilo Alexe

Ob Beate Zschäpe wusste, dass ihre beiden Mitbewohner Ausländer erschossen, ist unklar. Sie bestreitet das. Klar ist, dass sie sich um ihre Katzen sorgte. Zwei Katzenkörbe trug sie nach dem offenbar von ihr gelegten Brand im Zwickauer Versteck der untergetauchten Rechtsextremisten aus dem Haus. Einer Nachbarin, die am Montag als Zeugin vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtags aussagte, drückte sie die Körbe vor dem Grundstück in die Hände. Die Szenerie vom 4. November 2011 wirkt im Nachhinein bizarr.

Die Zwickauerin war in Sorge um die eigene Wohnung. „Ich dachte für einen Moment, unser Haus brennt.“ Das Auto, mit dem sie ihre kleine Tochter abgeholt hatte, parkte sie woanders. Da verließ Beate Zschäpe ihre Unterkunft und fragte die ankommende Nachbarin, ob sie auf die beiden Katzenkörbe aufpassen könne. Dann ging sie zurück in Richtung Haus und lief eine Gasse entlang. „Dort habe ich sie zum letzten Mal gesehen“, sagte die Zeugin. Verwirrt habe sie nicht gewirkt. Allerdings sei die Katzenbesitzerin erschrocken bei der Frage, was denn eigentlich geschehen sei.

Die Nachbarin kannte Zschäpe, die in der Zwickauer Frühlingstraße unter anderem Namen lebte, flüchtig vom Sehen. Man habe sich gegenseitig gegrüßt, allerdings die echten beziehungsweise falschen Namen voneinander nicht gewusst. Zschäpe habe gelegentlich Besuch bekommen – offenbar mit Kindern. Die Katzen habe das Ordnungsamt abgeholt.

Bereits in zweiter Auflage versucht der Landtagsausschuss die Frage zu klären, ob es in Sachen NSU Fehler bei sächsischen Sicherheitsbehörden gegeben hat. Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, ab wann die Polizei davon wusste, dass das angezündete Haus Versteck von Neonazis und vermutlich Ausgangspunkt mehrerer rassistisch motivierter Mordtouren war.

Zwar haben alle Zeugen fünf Jahre nach dem Brand Erinnerungslücken. Dennoch kommen zumindest interessante Details ans Licht. Vor mehreren Wochen befragten die Abgeordneten einen Polizeibeamten, der die Mordpistole aus dem tiefen Brandschutt in Zwickau gezogen hatte. Das entzieht zumindest Verschwörungstheoretikern Nahrung, die behaupten, Geheimdienste hätten die Waffe erst im Nachhinein dort deponiert.

Eine Frage bleibt allerdings unbeantwortet. Wie kam die Polizei an die Telefonnummer von Zschäpe? Die Ermittler wollten die Bewohnerin erreichen, um auszuschließen, dass sie verletzt unter Trümmern liegt. Nach Akten der Zwickauer Polizei hat ein Hausmeister den Beamten die Nummer gegeben. Der bestreitet das. Im Ausschuss betonte der Mann, er habe als damaliger Mieter des Mehrparteienhauses Arbeiten wie Streuen und Tonnen herausstellen erledigt. Beate Zschäpe habe ihm nie ihre Nummer gegeben. „Könnte mich nicht erinnern“, antwortete er auf die entsprechende Frage. Er habe sie auch der Polizei nicht genannt. Der Zwickauer wurde nach dem Brand mehrfach befragt.

Auf teils recht deutlich vorgetragene Vorhalten aus den Akten, verwies er am Montag im Ausschuss auf Erinnerungslücken. Möglich sei, dass die Nummer auf einem Zettel mit Telefondaten von Bewohnern gestanden habe. Mit Zschäpe, die sich als Susann und Sekretärin ausgab, habe er sich gegrüßt. Sie habe ihn wegen eines Wasserschadens angesprochen. Das Trio, das sich als Paar mit Bruder tarnte, habe wie „Leute wie du und ich“ gewirkt. Einmal sei er von den Dreien gefragt worden, ob sie eine Wäschespinne aufbauen dürfen.