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Kirche wird zur Kletterhalle

Die Pirnaer Bergsteiger ziehen vom Sonnenstein ins frühere Gotteshaus. Das kommt nicht bei allen gut an.

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© Dirk Zschiedrich

Von Thomas Möckel

Pirnas Stadtrat musste sich unlängst mit einem ungewöhnlichen Plan befassen. Pirnas Kletterer wollen künftig an einem besonderen Ort nach oben streben. Die Ortsgruppe des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB) plant, von ihrem bisher angestammten Domizil in der alten Gauß-Turnhalle auf dem Sonnenstein in die Hospitalkirche umzuziehen. In dem einstigen Gotteshaus, das längst nicht mehr kirchlichen Zwecken dient, soll das neue Pirnaer Kletterzentrum (PKZ) entstehen. Der Stadtrat befürwortet diesen Plan, für den Verein ist damit der Weg frei, sein Projekt weiter voranzutreiben.

Noch sind die Reste des Kletterturm-Einbaus in der Gauß-Turnhalle zu sehen.
Noch sind die Reste des Kletterturm-Einbaus in der Gauß-Turnhalle zu sehen. © André Zimmermann

Doch das Vorhaben kam nicht bei allen Stadträten gut an. Peter Tränker (Pirnaer Bürgerinitiativen) verwehrte sich dagegen, dass die Bergsteiger demnächst im früheren Sakralbau kraxeln wollen. Und Tilo Kloß monierte, dass mit dem Umzug wieder ein Verein und ein Angebot vom Sonnenstein verschwindet. Doch der Verein hat triftige Gründe, den Ort zu wechseln. Die SZ erläutert das Vorhaben.

Eignet sich die Hospitalkirche für ein Kletterzentrum?

Nach Auskunft der Pirnaer Stadtverwaltung gehört die Hospitalkirche der Hospitalstiftung der Stadt Pirna. Sie wird bereits seit 2002 nicht mehr für kirchliche Zwecke genutzt und ist damit kein Gotteshaus mehr im herkömmlichen Sinne. Seither finden in der Kirche sporadisch Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und private Feiern statt. Laut Bürgermeister Eckhard Lang würde sich das Bauwerk als Domizil für die Kletterer eignen. Mit dem Beschluss des Stadtrates im Rücken kann die SBB-Ortsgruppe das Haus statisch untersuchen lassen und dann einen Bauantrag stellen.

Warum wollen die Kletterer aus der Sonnensteiner Halle ausziehen?

Das PKZ war bislang in der alten Gauß-Turnhalle auf dem Sonnenstein untergebracht. Nach dem Abriss der alten Gauß-Schule sind die Betriebskosten nach Aussage des SBB-Ortsgruppenchefs Gunter Thar viel zu hoch, der Verein kann die auf Dauer nicht stemmen. Laut Rathaus haften der 1980 gebauten Halle inzwischen auch gravierende Mängel an, das Haus müsste mittelfristig für etwa eine Million Euro komplett saniert werden. Daher sahen sich die Bergsteiger nach einem anderen Objekt um und verlängerten den am 29. Februar auslaufenden Pachtvertrag nicht.

Wie lange dauert der Auszug aus der Halle auf dem Sonnenstein?

Das PKZ auf dem Sonnenstein war regulär bis zum 31. Januar geöffnet. Laut Wido Woicik vom SBB begann am Tag darauf der Abbau. Zeitweilig waren zehn ehrenamtliche Helfer im Einsatz, um die Anlage zu demontieren. Eine extra beauftragte Firma baut derzeit das Stahlgerüst, an dem die Kletterwände befestigt sind, ab. Anschließend muss noch der Hallenboden repariert werden. Die Kletterer wollen die Halle spätestens am 29. Februar übergeben.

Wann ist die Neueröffnung in der Hospitalkirche geplant?

Die SBB-Ortsgruppe Pirna würde den Kletterbetrieb im neuen Quartier am liebsten im November dieses Jahres wieder aufnehmen. Gunter Thar geht allerdings davon aus, dass ein Eröffnungstermin im Jahr 2017 realistisch sei.

Wo kommen die Bergsteiger in der Zwischenzeit unter?

Die organisierten Vereine, die bislang in der Sonnensteiner Halle trainierten, kooperieren laut Thar jetzt mit der neuen Kletterhalle „Yoyo“ in Heidenau. Ab dem Frühjahr geht’s dann wie gehabt für die Kletterer in die Freiluft-Klettergärten und ins Gebirge.

Wie viel kostet der Umzug in die Hospitalkirche?

Der Verein rechnet mit Gesamtkosten von rund 150 000 Euro. Einen Fördermittelantrag an die Stadt über 20 000 Euro hat die SBB-Ortsgruppe bereits gestellt. Weitere Fördermittelanträge, die an den Landessportbund Sachsen sowie den Deutschen Alpenverein gehen sollen, werden laut Thar derzeit vorbereitet.

Was verbessert sich im neuen Kletter-Domizil?

Das PKZ in der Hospitalkirche soll modern ausgestattet sein, das betrifft vor allem Beleuchtung und Beschallung. Es wird eine Projektionsfläche für einen Beamer geben, zudem entsteht eine ordentliche Kletterwand. Die Kletterfläche wird etwa 250 Quadratmeter umfassen, die maximale Höhe wird zwölf Meter betragen.

Wird das neue PKZ auch wieder öffentlich zugänglich sein?

Ja, aber eingeschränkt. Das PKZ ist in erster Linie Vereinsmitgliedern und regelmäßigen Übungsgruppen vorbehalten. Es soll darüber hinaus aber auch Öffnungszeiten für Freizeitsportler geben.

Könnte das Projekt Kletterkirche noch scheitern?

Die SBB-Ortsgruppe geht derzeit fest davon aus, dass das Kletterzentrum in die Hospitalkirche integriert werden kann. Allerdings könne das Projekt noch scheitern, falls es keine Fördermittel oder kein Baurecht gäbe.