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Wie brüchig sind die Felsen im Kirnitzschtal?

Auch zwei Wochen nach dem Felssturz rätseln die Experten über die Hangsicherung. Die Anwohner sind beunruhigt und die Zahl der Besucher in dem Tal in der Sächsischen Schweiz geht zurück.

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© Marko Förster

Von Gunnar Klehm

Es sind die Vorbereitungen für den kleinen Knall. Baufahrzeuge haben einen zwei Meter hohen Schutzwall aus Sand auf der Kirnitzschtalstraße errichtet. Die großen Bäume am Straßenrand sind dick eingewickelt. Straße und Baumstämme sollen geschützt sein, wenn noch mal ein Felsbrocken auf die Straße stürzt. Diesmal aber planmäßig. Es wird eine Felssprengung geben, die aber ganz unspektakulär wird, erklären die Verantwortlichen.

Felsbrocken fällt ins Kirnitzschtal

Ein geschätzt 50 Tonnen schwerer Sandstein-Felsen ist am Dienstagmorgen vom Hang oberhalb der Kirnitzschtalstraße abgebrochen und ins Tal gerollt.
Ein geschätzt 50 Tonnen schwerer Sandstein-Felsen ist am Dienstagmorgen vom Hang oberhalb der Kirnitzschtalstraße abgebrochen und ins Tal gerollt.
Der Felsbrocken von rund 11 Metern Umfang ist mitten auf der Straße liegen geblieben
Der Felsbrocken von rund 11 Metern Umfang ist mitten auf der Straße liegen geblieben
Er blockiert die Straße so, dass sie für Fahrzeuge derzeit unpassierbar ist.
Er blockiert die Straße so, dass sie für Fahrzeuge derzeit unpassierbar ist.
Nach Auskunft der Oberelbischen Verkehrsbetriebe fährt die Kirnitzschtalbahn bis zur Freigabe der Straße nur zwischen dem Depot der Kirnitzschtalbahn und der Endhaltestelle Lichtenhainer Wasserfall nach Fahrplan. Fahrgäste aus Bad Schandau müssen bis zum Depot laufen, wollen sie die Bahn nutzen, die Straße ist nur zu Fuß passierbar.
Nach Auskunft der Oberelbischen Verkehrsbetriebe fährt die Kirnitzschtalbahn bis zur Freigabe der Straße nur zwischen dem Depot der Kirnitzschtalbahn und der Endhaltestelle Lichtenhainer Wasserfall nach Fahrplan. Fahrgäste aus Bad Schandau müssen bis zum Depot laufen, wollen sie die Bahn nutzen, die Straße ist nur zu Fuß passierbar.
Busse der Linie 241, Bad Schandau - Hinterhermsdorf, die eigentlich durch das Kirnitzschtal fahren, verkehren vorübergehend von Bad Schandau über Sebnitz, Ottendorf, Buschmühle nach Hinterhermsdorf.
Busse der Linie 241, Bad Schandau - Hinterhermsdorf, die eigentlich durch das Kirnitzschtal fahren, verkehren vorübergehend von Bad Schandau über Sebnitz, Ottendorf, Buschmühle nach Hinterhermsdorf.
Das Unglück geschah zwischen der Kirnitzschtalklinik und dem Depot der Kirnitzschtalbahn.
Das Unglück geschah zwischen der Kirnitzschtalklinik und dem Depot der Kirnitzschtalbahn.
Verletzt wurde bei dem Felssturz niemand. Wann das Gestein beräumt und die Straße wieder passierbar ist, ist derzeit unklar.
Verletzt wurde bei dem Felssturz niemand. Wann das Gestein beräumt und die Straße wieder passierbar ist, ist derzeit unklar.

Der Brocken ist zertrümmert

Der riesige Felsen, der am Dienstag auf die Kirnitzschtalstraße bei Bad Schandau gestürzt ist, ist verschwunden.
Der riesige Felsen, der am Dienstag auf die Kirnitzschtalstraße bei Bad Schandau gestürzt ist, ist verschwunden.
Der etwa 50 Tonnen schwere Sandstein ist am Mittwoch zertrümmert und abtransportiert worden.
Der etwa 50 Tonnen schwere Sandstein ist am Mittwoch zertrümmert und abtransportiert worden.
Dabei hatte der etwa 3,70 Meter hohe Felsen ein Gipfelbuch. Das hatten Kletterer in der Nacht dort angebracht.
Dabei hatte der etwa 3,70 Meter hohe Felsen ein Gipfelbuch. Das hatten Kletterer in der Nacht dort angebracht.
Die Erstbesteiger hatten den kleinen Gipfel „Eintagsfliege“ getauft.
Die Erstbesteiger hatten den kleinen Gipfel „Eintagsfliege“ getauft.
Der Name des Steins hat sich als wahr herausgestellt
Der Name des Steins hat sich als wahr herausgestellt
Am Mittwoch rückte ein Bagger an, um den auf den Gleisen der Kirnitzschtalbahn liegenden Felsen wegzuräumen.
Am Mittwoch rückte ein Bagger an, um den auf den Gleisen der Kirnitzschtalbahn liegenden Felsen wegzuräumen.
Baggerfahrer  entdeckte am Morgen das Gipfelbuch.
Baggerfahrer entdeckte am Morgen das Gipfelbuch.
Darin war neben einer genauen Karte des neuesten Klettergipfels...
Darin war neben einer genauen Karte des neuesten Klettergipfels...
auch ein Zettel. Der Finder desselben könne sich in der nahen „Buschmühle“ einen Kasten Bier abholen. Das will der Baggerfahrer bald tun. Am Mittwochmittag hatte Henke seine Arbeit erledigt und die Straße war wieder frei.
auch ein Zettel. Der Finder desselben könne sich in der nahen „Buschmühle“ einen Kasten Bier abholen. Das will der Baggerfahrer bald tun. Am Mittwochmittag hatte Henke seine Arbeit erledigt und die Straße war wieder frei.

An der Felswand im Kirnitzschtal nahe dem Ortsausgang Bad Schandau waren am 2. September etwa 100 Tonnen Gestein abgebrochen. Dort hängen jetzt Arbeiter in den Seilen und bereiten die Sprengung eines Überhangs vor, der als nicht standsicher eingeschätzt wurde. Im Hang sind umgeknickte Bäume klein gesägt worden. Mit langem Greifarm bugsiert ein Beräumungsgerät das Astwerk beiseite.

Experten des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie haben die brüchige Felswand im gesamten Umfeld untersucht und festgestellt, dass weitere Gesteinsformationen locker sitzen. „Zurzeit wird der Abtrag dieser Steine vorbereitet. Dazu dient auch ein Sandpolster auf der Kirnitzschtalstraße. Es soll helfen, Beschädigungen durch abstürzendes Gestein zu vermeiden“, teilt das Landesamt für Straßenbau und Verkehr mit. Die Kirnitzschtalstraße muss voraussichtlich weitere 14 Tage gesperrt bleiben. Das ist doppelt so lange wie ursprünglich gehofft.

Für die Anlieger im Kirnitzschtal ist das keine gute Nachricht. Es sind zwar alle Einrichtungen über die Umleitung über Sebnitz und Ottendorf erreichbar. Dennoch ist ein Besucherrückgang bemerkbar. Dramatisch ist das, weil gerade Hauptsaison ist.

Erhebliche Einbußen verzeichnet gegenwärtig die Oberelbische Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz (OVPS), die die Kirnitzschtalbahn betreibt. Reiseveranstalter haben Aufträge storniert.

Nicht nur die Menschen im Kirnitzschtal machen sich Sorgen. „Bei uns wachsen jetzt auch Baumwurzeln in die Felsspalten, die früher regelmäßig rausgeschnitten wurden“, erklärte jüngst der Ortsvorsteher von Postelwitz, Sepp Friebel, im Stadtrat von Bad Schandau. Die Baumwurzeln gelten auch als eine der Ursachen des Felssturzes im Kirnitzschtal.