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Wer ist die Schönste auf dem Land?

Birkwitz-Pratzschwitz macht beim Dorf-Wettbewerb mit. Die Jury bekommt nicht nur die Schokoladenseiten zu sehen.

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© Marko Förster

Von Mareike Huisinga

Pirna. Birkwitz-Pratzschwitz will es ganz genau wissen und hat sich in diesem Jahr bei dem Kreis-Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ angemeldet. Am Donnerstag war der große Tag. Um sich ein Bild vor Ort zu machen, besuchte die Jury das Doppeldorf bei Pirna. Vorweg: Die Kommission, die aus Vertretern des Landratsamtes und Mitarbeitern der beiden Leader-Regionen Sächsische Schweiz und Silbernes Erzgebirge besteht, war durchaus angetan.

Die Begrüßung der Gäste erfolgt im Gesellschaftszentrum in Birkwitz, wo Pirnas OB Klaus-Peter Hanke gemeinsam mit Ortsvorsteher Dieter Fuchs die Jury willkommen hieß. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es auf Rundfahrt durchs Dorf.

Zunächst rollte der Jury-Bus auf die Graupaer Straße, einem Abschnitt der Sächsischen Weinstraße, mit Blick in Richtung Borsberghänge. Hier ergreift Ortschaftsrat Hans Prugger das Mikrofon und erklärt, dass auf der offenen Fläche ein weiterer Kiesabbau geplant sei, was den Anwohnern große Bauchschmerzen bereite. „Wir können den Abbau nicht stoppen, wollen aber Mitspracherecht bei der Gestaltung. Zum Beispiel muss unbedingt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden“, lautet seine Forderung.

Der Bus wendet und fährt wieder nach Birkwitz in das Wohngebiet Lindenring. Ortschaftsrätin Andrea Kahl spricht als Anwohnerin und schwärmt von der schönen grünen Lage und dem guten Zusammenhalt in dem Gebiet. „Es ist ein lebenswertes Wohnen“, betont sie. Just in diesem Moment winkt eine Nachbarin dem Bus freundlich zu. Weiter geht es durch den Ortskern von Birkwitz. Dieter Fuchs erwähnt den neuen Kindergarten, den geplanten Bau einer Buswartehalle und freut sich darüber, dass in diesen Tagen eine Physiotherapiepraxis in Birkwitz eröffnet. Dann rollen die Gäste vorbei am Badesee, der Perle des Doppeldorfes, nach Pratzschwitz hinein.

Allerdings zeigen die Ortsvertreter und Vereinsmitglieder nicht nur die Schokoladenseiten des Dorfes, sondern benennen ebenso deutlich die Probleme. Stichwort: das rostige stillgelegte Kieswerk an der Waldstraße. „Was für ein Schandfleck“, sagt ein Mitglied der Jury mit leiser Stimme beim Vorbeifahren. Da wirkt die lauschige Partie an der Wesenitzbrücke wie ein idyllisches Kontrastprogramm. Kein Wunder, denn hier tummeln sich Biber und auch der Eisvogel ist am Fluss zu Hause. Schließlich stoppt der Bus auf dem schön gestalteten Dorfplatz von Pratzschwitz.

Anwohnerin Annett Fiedler gießt gerade die Blumen in ihrem Garten und schaut die Gruppe lächelnd an. Auch Hund Gabor bellt ein Hallo. Annett Fiedler wusste nichts von der Ortsbesichtigung, für sie steht der Gewinner aber jetzt schon fest. „Ich finde unser Dorf extrem schön. Wenn Freunde für einen Tag hier sind, sagen sie immer, es sei wie Urlaub“, erklärt die Pratzschwitzerin und schnappt sich wieder die Gießkanne.

Für die Jurymitglieder ist der Stopp eine gute Gelegenheit, um mit einzelnen Dorfvertretern ins Gespräch zu kommen. So möchte einer wissen, wie hoch das Wasser bei der vergangenen Flut stand. Eine andere interessiert sich für die Einbindung der Jugend in die Vereine. Keine Frage bleibt unbeantwortet.

Hilfe gibt den Juroren auch eine Informationsmappe, erstellt von der Stadtverwaltung Pirna mit Unterstützung des Ortschaftsrates und des Fördervereins Birkwitz-Pratzschwitz. „Die Handreichung ist sehr professionell und gut strukturiert“, lobt Jurymitglied Ulrike Funke.

Nach dem Besuch des Pratzschwitzer Dorfkerns steigen alle in einen Kremser, um wieder zum Gesellschaftszentrum zurückzukehren, wo es noch einmal eine kurze Auswertung der Rundtour gibt. Danach brausen die Kommissionsmitglieder weiter in Richtung Oelsa bei Rabenau, das sich neben Oberbärenburg und Schellerhau ebenfalls an dem Wettbewerb beteiligt.

Unschöne Seiten sind kein Manko

Eins steht fest: Birkwitz-Pratzschwitz hat bei den Mitgliedern einen guten Eindruck hinterlassen. „Ich hätte nicht gedacht, dass Pirna so ländlich geprägte und individuell gestaltete Ortsteile hat“, staunt Jury-Leiterin Katrin Hentschel. Besonders positiv hebt sie das Vereinsleben hervor und begrüßt, dass während des Rundganges auch kritische Aspekte angesprochen wurden. „Nur so kann man Lösungswege finden“, betont Katrin Hentschel. Schließlich gehe es bei dem Wettbewerb nicht nur um ein schönes Ortsbild, sondern auch um ein aktives Dorfleben und ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Ort.

Zufrieden zeigt sich auch Ortschaftsrätin Andrea Kahl, die nicht verschweigt, dass die Teilnahme an dem Wettbewerb eine Menge Arbeit bedeutete. „Aber wir wollten uns gerne präsentieren, um zu zeigen, dass sich Engagement lohnt und viel in den vergangenen Jahren geschaffen wurde“, erklärt sie.

Wer von den vier teilnehmenden Dörfern im Landkreis das Rennen macht, gibt Landrat Michael Geisler am 21. September bekannt. Vielleicht heißt es dann ja: „Und der Gewinner ist: Birkwitz-Pratzschwitz.“ In diesem Fall kann das Doppeldorf im kommenden Jahr am Landes-Dorfwettbewerb teilnehmen.